Wirtschaft & Handel
Die Treuhand Hannover Steuerberatungsgesellschaft hat Überlegungen
angestellt, welche Faktoren die Wirtschaftlichkeit von Retouren an die
pharmazeutischen Großhandlungen beeinflussen können. Denn abgesehen
von Falschlieferungen durch den Großhandel und Rückrufaktionen der
Pharmaindustrie schicken die Apotheken Waren an die Lieferanten zurück,
die sie vor längerer Zeit oder nur zur Kundenansicht bestellt haben, jedoch
nicht abverkaufen konnten.
Lagerbereinigungen stehen immer wieder auf der Tagesordnung, insbesondere um
Ladenhüter rechtzeitig vor ihrem Verfall auszusortieren. Die Lagerbereinigungen
verursachen jedoch betriebsintern einen Mindestarbeitsaufwand. Zusätzlich sind die
mit den Lieferanten getroffenen Retourenregelungen zu beachten.
Das Für und Wider von Retouren
Der Großhandel stellt nach der seit 1996 wirksamen Änderung der
Betriebsverordnung für Arzneimittelgroßhandelsbetriebe bestimmte Anforderungen
an die Retouren- und Rückkaufabwicklung. Daher sollte vorneweg überlegt werden,
was aus ökonomischer Sicht für und was gegen Retouren spricht.
Pro Retouren spricht einmal das beschränkte Platzangebot in den Schubladen und
die begrenzte Lagerkapazität für Übervorräte. Um den Lagerumschlag zu erhöhen,
sollten Ladenhüter zugunsten von neuen Artikeln eliminiert werden. Vermieden
werden können so unnötige Lagerverluste (Zinsverluste, Verfall). Die zum Teil
unkomplizierte Handhabung durch die Warenwirtschaftssysteme und die
Verschiebung des Entsorgungsproblems sprechen gleichfalls für Rückverkäufe.
Kontra Retouren sprechen der Arbeitsaufwand für die Apotheke, Zustand und
Verkehrsfähigkeit der Ware, die steigenden Abschläge bei längerer Lagerdauer, die
kontinuierlich verkürzten Rückgabefristen, die eventuell schlechteren Rabatt-
zugunsten guter Retourenkonditionen und die eventuell doch verkäufliche Ware
(durch Substitution im Notdienst). Die Abschläge beim Rückkauf sind ein besonders
wichtiges Gegenargument. Sie fallen regelmäßig nach höchst unterschiedlichen,
abschlagsfreien Fristen an und führen zu einem finanziellen Verlust. Mit dem
Abschlag finanziert der Großhandel die aufwendige Bearbeitung und Prüfung der
Arzneimittel vor Wiedereinlagerung.
Rentabilitätsbetrachtungen
Im Durchschnitt hat eine Apotheke rund 6500 Positionen im Wert von je 33 DM auf
Lager. In unserem Berechnungsbeispiel werden jährlich 600 Positionen im Wert von
20.000 DM aus dem Lager genommen und an den Großhandel retourniert. Pro
Position setzen wir zwei Minuten als Arbeitsaufwand für eine
Pharmazeutisch-Kaufmännische Angestellte (PKA) an. Ihr Gehalt beträgt
durchschnittlich 0,50 DM pro Minute. Je Retoure fällt also 1 DM Personalkosten
an. Hochgerechnet auf 600 Positionen wären dies 600 DM im Jahr. Hinzu kommen
die Zinskosten für die Lagerdauer. Der Großhandel nimmt jedoch die Hälfte der
Waren (300 Positionen) nur unter Abzug eines 30prozentigen Abschlags zurück.
Hinzu kommt ein jährlicher Sollzinssatz von 8 Prozent und ein halbes Jahr
durchschnittliche Lagerdauer. Daraus ergibt sich die folgende Modellrechnung:
Warenwert der Retouren 10.000 DM
30 Prozent Abschlag 3.000 DM
Erstattung 7.000 DM
minus Arbeitskosten 300 DM
minus Zinsen 400 DM
Rücknahmeergebnis 6.300 DM
Verlust 3.700 DM
Die Apotheke macht bei der Hälfte der Retouren also einen Verlust von 3.700 DM
pro Jahr. Eine längere Lagerdauer als das angenommene halbe Jahr erhöht den
Verlust aufgrund der zusätzlichen Zinskosten. Der Verlust könnte jedoch größer
werden, wenn die Ware bis zu ihrer Vernichtung im Lager bliebe.
Ideal, aber nicht erreichbar ist natürlich ein zu 100 Prozent abverkaufsorientierter
Einkauf, der Retouren gar nicht entstehen läßt. Ziel muß also sein, Verluste durch
rechtzeitiges Handeln zu minimieren. Denn trotz eventueller Abschläge ist eine
Lagerbereinigung in der Regel vorteilhafter. Bevor im Einzelfall entschieden wird,
einen Artikel zurückzuschicken, empfiehlt sich jedoch eine genaue Abwägung auch
anderer Faktoren. Wie sieht es mit der Verkaufschance und dem prozentualen
Taxaufschlag des Arzneimittels aus? Welcher Rohgewinn ist zu erzielen?
Dazu eine Berechnung, wie lange ein Artikel theoretisch auf Lager liegengelassen
werden kann, ohne eine wirtschaftliche Einbuße zu erleiden, ehe der Artikel verkauft
wird. Mit der nachstehenden Formel wird die maximale (kritische) Lagerdauer eines
Präparats unter Berücksichtigung der Sollzinsen (8 Prozent) und der Abschläge für
Retouren ermittelt.
(Rohgewinn in DM - Abschlag in DM) : (Einkaufsspreis in DM x Sollzinssatz) = Lagerdauer
Bei der Lagerdauer handelt es sich um einen theoretischen Endpunkt. Danach wird
ein möglicher Rohgewinn vom Abschlag sowie den Zins- und gegebenenfalls den
Arbeitskosten gänzlich aufgezehrt. In der Praxis wird diese maximale Lagerdauer
durch die Restlaufzeit (bis zum Verfall) eingegrenzt. Dazu ein Beispiel. Eine
Arzneimittelpackung mit einem Nettoverkaufspreis von 30 DM hat eine maximale
Lagerdauer ohne Abschlag von
(9,72 DM - 0,00 DM) : (20,27 DM x 8 Prozent ) = 6 Jahre
und bei einem 10prozentigen Abschlag von
(9,72 DM - 2,03 DM) : (20,27 DM x 8 Prozent) = 4 ¾ Jahre
Für jeden zusätzlichen Abschlag von 10 Prozent verringert sich die maximale
Lagerdauer um jeweils eineinviertel Jahr bei einem Sollzinssatz von 8 Prozent.
Generell gilt: Je geringer der Sollzins und der Abschlagssatz sind, desto länger ist die
maximale Lagerdauer. Sie reduziert sich, je geringer der prozentuale Taxaufschlag
auf hochpreisige Arzneimittel ist. Einzubeziehen ist gleichfalls der
Bearbeitungsaufwand in der Apotheke, da dieser gleichfalls die Lagerdauer verkürzt.
Er wirkt sich zwar bei höheren Preisen nur geringfügig aus, doch gehen die absoluten
Rohgewinne bei niedrigeren Preisen ab 10 DM zurück, so daß die Personalkosten
immer mehr ins Gewicht fallen.
Konsequent sollten insbesondere Arzneimittelpackungen mit einem hohen
Verkaufspreis möglichst noch vor dem Abzug von Abschlägen retourniert werden.
Niedrigpreisige Packungen können dagegen (Haltbarkeit vorausgesetzt) länger
gelagert werden. Bei sehr preiswerten Präparaten lohnt eine Retoure aufgrund der
Bearbeitungskosten nicht mehr.
PZ-Artikel von Ursula Hasan-Boehme, Christian Meyer, Hannover
© 1997 GOVI-Verlag
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