Wirtschaft & Handel
Für zehn junge Naturwissenschaftler wurde jetzt der Traum von der
Selbständigkeit wahr. Zum dritten Mal seit 1995 half der Deutsche
Gründerfonds, eine Initiative des Wirtschaftsmagazins Impulse und des
Chemiekonzerns Rhône-Poulenc, mit insgesamt 1 Million DM Kapital
Hochschulabsolventen zum Start ins eigene Unternehmen.
Während einer Festveranstaltung des Deutschen Gründerfonds am 28. August in
Bad Godesberg gratulierte Bildungsminister Dr. Jürgen Rüttgers, Schirmherr der
Stiftung, den jungen Preisträgern. Der Fonds, getragen von der
Rhône-Poulenc-Stiftung, hatte in den vergangenen zwei Jahren bereits 20
Unternehmensgründungen junger Universitätsabgänger mit insgesamt 1,6 Millionen
Mark gefördert. Die Marktchancen der Geschäftsidee stellte auch dieses Jahr bei
der Auswahl der Gewinner aus hundert Bewerbern das entscheidende Kriterium
dar. Vorrang hatten vor allem Wissenschaftler, die nach dem Studium ohne Job
waren und mit ihrer Idee neue Arbeitsplätze schaffen konnten.
Die Jury bewertete Innovation des Produkts, Verfahrens oder
Dienstleistungskonzepts. Dabei sollte die Idee durch eine eigene Firma erfolgreich
vertrieben werden können und in relativ kurzer Zeit marktreif sein. Die Träger des
Deutschen Gründerfonds arbeiteten bei der Auswahl der zu fördernden
Unternehmenskonzepte mit einer Reihe renommierter, markterfahrener Institutionen
wie dem Bundesverband Junger Unternehmer und der Bundesarbeitsgemeinschaft
der Senior-Experten "Alt hilft Jung" zusammen. "Für uns ist besonders wichtig, daß
wir jungen Wissenschaftlern die Chance geben, ihre Ideen in der eigenen Firma
umzusetzen und damit zukunftsorientierte Arbeitsplätze schaffen", so der
Generalbevollmächtigte der Rhône-Poulenc-Gruppe Deutschland, Jens Waldhof, in
Bad Godesberg.
In Deutschland stehen zehn Beamte acht Unternehmern gegenüber. Die
Selbstständigenquote liegt mit 6,2 Prozent unter dem europäischen Durchschnitt. In
seiner Festrede betonte Rüttgers, daß 500.000 Existenzgründungen nötig wären, um
den internationalen Anschluß nicht zu verpassen. Angesetzt werden müsse bei der
Ausstattung mit Innovationskapital, einer soliden Gründerausbildung und einem
gesundem Klima gegenüber der Selbstständigkeit.
Besonders jungen und kleinen Unternehmen fehlt in den ersten Jahren bis zur
Markterschließung häufig Eigenkapital zur Finanzierung der hohen
Entwicklungsaufwendungen. Mit dem sogenannten BMBF-Programm, das alleine
1996 mehr als 300 Millionen DM an Kapital vermittelte, sei ein Durchbruch
gelungen. Rüttgers berichtete, daß die Bundesregierung mit dem dritten
Finanzmarktförderungsgesetz derzeit ein Paket von Maßnahmen auf den Weg
brächte, um die Rahmenbedingungen für Beteiligungsfinanzierungen weiter zu
verbessern. So solle das Engagement in Wachstumsunternehmen für Investoren
steuerlich attraktiver gemacht werden.
Jeder zehnte deutsche Hochschullehrer an technischen Fachbereichen war oder ist
Unternehmer, weitere 30 Prozent erwägen eine Neugründung. Nach Meinung
Rüttgers müsse dieses Potential stärker genutzt werden. Doch eine geeignete
Gründerausbildung gehöre an deutschen Hochschulen immer noch nicht zum
Regelangebot. Gründerseminare müßten stärker ins Studium integriert und ins
Weiterbildungsangebot aufgenommen werden.
"Junge Leute sind bereit Risiken einzugehen, sie haben Ideen und wollen etwas
leisten." Dies seien eigentlich ideale Voraussetzungen, so der Bildungsminister. Doch
das gesellschaftliche Klima in der Republik sei alles andere als günstig. Das alte
sozialistische Feindbild vom egoistischen Unternehmer präge immer noch die
Einstellung vieler Menschen.
PZ-Artikel von Ulrich Brunner, Bonn
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