Wirtschaft & Handel
"Ich frage unsere Auszubildenden im Betrieb immer gerne: Was ist
eigentlich Asche? Ist das ein Verbrennungsrückstand oder steckt da ein
Mensch dahinter?", erzählt Professor Dr. Hans-Joachim Herms, Vorstand
der Asche AG. Diese Frage zu klären und mehr über das traditionsreiche
Unternehmen mit dem Mörser im Logo zu erfahren, war Anlaß eines
Besuchs der Pharmazeutischen Zeitung in Hamburg.
Gründer des Unternehmens war der Ingenieur und Kaufmann Carl Friedrich Asche,
der 1877 die von einem Hamburger Apotheker entwickelten Bronchialpastillen im
großen Stil produzieren und vertreiben wollte. Zum Glück vieler Opernfans. Denn,
wie einem Dankschreiben Enrico Carusos zu entnehmen ist, konnte ein Konzert, das
wegen der Heiserkeit des großen italienischen Startenors bereits abgesagt war,
aufgrund der Wirksamkeit der Lutschkompretten doch noch gegeben werden.
Da sich Asche auch sonst um die Kunst verdient machte, zum Beispiel durch die
Förderung des Hamburger Staatstheaters und des Stadttheaters in Coburg, wurde
er zum Geheimen Kommerzienrat ernannt und später sogar in den Freiherrenstand
erhoben. 1904 schied der Gründer aus dem Unternehmen aus, und die Leitung
wurde John E. Steffens übertragen.
Schon früh spezialisierte sich die Firma, die seit 1889 Aktiengesellschaft ist, auf die
Lösung galenischer Probleme und wurde für die Herstellung einer Tablette mit der
Dosiergenauigkeit von 0,002 Gramm bereits im vorherigen Jahrhundert mit dem
Grand Prix von Antwerpen ausgezeichnet. Mit dem "Dragee im Dragee" gelang es
1975 den Galenikern von Asche erstmals, Arzneiformen mit verzögerter
Wirkstofffreigabe zu entwickeln. Auch heute noch steht die galenische Forschung
und Entwicklung fester, halbfester und flüssiger Arzneiformen bei der Asche AG im
Vordergrund - Grund genug, den Mörser im Firmenlogo zu führen.
Nach dem Grundsatz, sich auf das zu konzentrieren, was man kann, hat Asche die
Erforschung und Dokumentation neuer Wirkstoffe immer schon Spezialisten
überlassen und in diesem Bereich auf Partnerschaften gesetzt. So kam es zu einer
Zusammenarbeit mit dem Schering Konzern als Lizenzgeber in den Segmenten
Gynäkologie und Dermatologie. Schering hingegen wußte das pharmazeutische
Know-how und die gute Vertriebsorganisation des Mittelständischen Unternehmens
zu schätzen, als es Ende der sechziger Jahre Asche als l00prozentige
Tochergesellschaft übernahm. An seinem 100. Geburtstag im Jahre 1977
verzeichnete Asche etwa 56 Millionen DM Umsatz.
Vor der Übernahme durch Schering war Asche, die Anfang der fünfziger Jahre
Menadier-Heilmittel (Flugan, Malinert) gekauft hatte, in 22 Indikationsbereichen von
der Blutarinut bis zur Wurmbehandlung aktiv. Inzwischen konzentriert sich das
Unternehmen auf die drei Segmente Gastroenterologie, Gynäkologie und
Dermatologie. Im letzten Jahr erzielte Asche einen Umsatz von 130,6 Millionen DM,
etwa die Hälfte entfiel auf das Magen-Darm-Segment. Die Verkaufserlöse der
Produktgruppe Lefax, die in den letzten Jahren deutlich gesteigert werden konnten,
fallen mit 51 Millionen DM am meisten ins Gewicht.
Die wachsende Nachfrage nach Lefax-Produkten konnte nur durch konsequente
Prozeßorientierung und Teamarbeit befriedigt werden. Mit dem hohen Maß an
Flexibilität und Einsatzbereitschaft, besonders der in der Herstellung tätigen
Mitarbeiter, gelang es Asche, seine Produktivität in den vergangenen Jahren
erheblich zu steigern. Mit Hilfe eines Psychologen und kreativen Beraters war es in
den letzten zwei Jahren erfolgreich gelungen, Hierarchien abzubauen und
teamorientierte Arbeitsprozesse mit flexibler Zeit- und Arbeitseinteilung zu fördern.
Dadurch stieg die Motivation und Produktionsleistung der Mitarbeiter, die Fehlzeiten
gingen deutlich zurück.
Das Engagement der Mitarbeiter wird vom Unternehmen von jeher durch
außergewöhnliche Aktionen gefördert, zu denen unter anderem der
Asche-Kulturkreis gehört. Mit dem Ziel, die Mitarbeiter zusammenzuführen, werden
gemeinsame Theater- und Ausstellungsbesuche sowie Exkursionen organisiert. Die
Asche-Volkshochschule bietet die Möglichkeit, sich in Bereichen wie
Betriebswirtschaft und Fremdsprachen weiterzubilden.
Auch um den Kontakt zu den Mitbürgern der Hamburger Stadtteile Ottensen und
Altona ist das Unternehmen bemüht. Eine Nacharschaftszeitung informiert alle zwei
Monate über Aktivitäten von Asche und den Ortsansässigen. Dabei sind
Gesundheitsthemen und Firmeninformationen genauso wichtig wie das Engagement
für Obdachlose, Naturschutz und die Förderung der Künste, wie an wechselnden
Ausstellungen im Foyer der Firma zu sehen ist.
Natürlich interessieren sich die Anwohner im besonderen für eventuelle
Schadstoffbelastungen durch das Unternehmen. Auch hier zeigt sich Asche
engagiert. Da fast alle Produkte auf wässrige Dragierung umgestellt werden konnten,
wurde der Lösungsmittelverbrauch in den letzten Jahren drastisch gesenkt.
Filteranlagen schützen die Nachbarn vor Belästigungen aus den Produktionsanlagen."Wir sagen heute ja zur Selbstmedikation"
PZ-Interview
Professor Dr. med. Hans-Joachim Herms leitet zunächst als Mitglied und
seit 1977 als Alleinvorstand das Unternehmen. Der Facharzt für
Röntgenologie lehrt nebenbei seit vielen Jahren Kommunikation im
Studiengang Kulturmanagement an der Hochschule für Musik und Theater
in Hamburg. Mit der Pharmazeutischen Zeitung sprach er über die
Zusammenarbeit mit den Apothekern und die Zukunft des Unternehmens.
PZ: Die Asche AG trägt als Untertitel den Slogan "Arzneimittel mit Service".
Was bedeutet das für Sie?
Herms: Dieses Schlagwort ist für uns keine Floskel, sondern verkörpert die
Philosophie unseres Unternehmens. Wir nennen es auch Tripel-A-Strategie und
meinen damit, daß wir Arzt, Apothekern und Anwendern besondere
Informations- und Serviceprogramme anbieten, die im Zusammenhang mit
unseren Produkten respektive den Indikationsgruppen stehen.
PZ: Welche sind das?
Herms: Das sind eine Reihe von Leistungen wie Videofortbildungsprogramme und
Seminare für Apotheker und Ärzte. Beide Berufsgruppen werden regelmäßig von
unserem engagierten Außendienst besucht. Für den Apotheker bieten wir günstige
Abnahmemodalitäten und attraktive Apothekendekorationen.
PZ: Und für die Verbraucher?
Herms: Für den Verbraucher bieten wir unter anderem ausführliche
Informationsbroschüren und Ratgeber an. Ein Novum ist die
Lefax-Gesundheitszeitung, die unseren Lefax-Produkten beiliegt: Das ist eine
redaktionell gestaltete Zeitung, die alle möglichen Fragen rund um die Indikationen
Meteorismus und Völlegefühl aufgreift. Sie wird in Abständen aktualisiert, so daß
der Wiederverwender von Lefax immer neue Informationen beispiels erhält. Darüber
hinaus haben wir ein Servicetelefon für individuelle Fragen installiert.
PZ: Wie haben sich die Gesundheitsreformen auf den Umsatz des
Unternehmens ausgewirkt?
Herms: Wie zu erwarten war, führte der Druck auf die Verordnungen 1993 zu
einem spürbaren Umsatzrückgang, der sich auch durch das
Selbstmedikationsgeschäft nicht völlig auffangen ließ. Doch bereits im Folgejahr
konnte der Einbruch wieder aufgeholt werden. Trotz der weiterhin schwierigen
Marktsituation gelang es 1996 den Umsatz um sechs Prozent zu steigern und damit
das Unternehmen wieder auf Erfolgskurs zu bringen.
PZ: Wie haben Sie auf die Veränderungen reagiert? Worauf führen Sie die
aktuelle Umsatzsteigerung zurück?
Herms: Wir sagen heute ja zur Selbstmedikation, wenn sie mit Aufklärung der
Verbraucher verbunden ist und in der Dauer der Anwendung beschränkt bleibt.
Dabei setzen wir auf Information, Kommunikation mit den Kunden und
Markenbildung. Der Kunde informiert sich rational und entscheidet sich emotional.
Nur wer beide Sprachen spricht, hat Erfolg.
In der Unternehmenspraxis bedeutete das, verschiedene, auch für uns neue Wege
auszuprobieren, etwa die Fernsehwerbung, die seit letztem Jahr sehr erfolgreich
läuft. Die Aufklärung über die entschäumende Wirkungsweise von Lefax hat der
Verbraucher honoriert. Der Verkaufserlös dieser Produktgruppe konnte um 25
Prozent gesteigert werden.
PZ: Welche Ziele hat sich das Unternehmen gesetzt?
Herms: Wir werden das Segment Magen/Darm mit der Lefax-Gruppe weiterhin
speziell in der Selbstmedikation intensiv fördern. Daneben planen wir, eine zweite
große Selbstmedikationsmarke aufzubauen. Unser drittes Ziel betrifft Umsatz und
Image des Verordungsprogramms und heißt "Aufstieg in die Bundesliga" im Segment
Gynäkologie.
PZ-Artikel von Susanne Poth, Hamburg
© 1997 GOVI-Verlag
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