Wirtschaft & Handel
Erst kürzlich beschäftigte sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit der Frage,
unter welchen Voraussetzungen Genossenschaftsanteile, die ein Apotheker
erworben hat, als notwendiges Betriebsvermögen in der Bilanz auszuweisen
sind. Mit diesem Urteil und einem weiteren - Geldverlust durch Diebstahl -
beschäftigt sich dieser Steuertip.
Der Apotheker hielt Anteile im Nennwert von 90.000DM an einer Genossenschaft,
deren Zweck und Gegenstand die wirtschaftliche Förderung und Betreuung der
Mitglieder war. Mitglieder konnten nur Eigentümer, Pächter oder Verwalter einer
Apotheke werden. Jeder Genosse hatte mindestens vier Pflicht-Geschäftsanteile zu
jeweils 2500DM zu zeichnen, darüber hinaus konnten weitere Geschäftsanteile
erworben werden. Der Kläger bilanzierte sowohl die Pflichtanteile als auch weitere
freiwillige Anteile - insgesamt 20.000 DM. Die darauf entfallende Dividende von 11
Prozent verbuchte er als Betriebseinnahme.
Das Finanzamt erließ seinerseits geänderte Steuerbescheide, da es der Auffassung
war, alle Genossenschaftsanteile von insgesamt 90.000DM gehörten zum
Betriebsvermögen. Diese Auffassung teilte der Bundesfinanzhof jedoch nicht.
Grundsätzlich, so das Gericht in seinem Urteil vom 4. Februar 1998, könne eine
(Genossenschafts-)Beteiligung zum notwendigen Betriebsvermögen gehören. Die
Beteiligung müsse jedoch unmittelbar eigenbetrieblichen Zwecken dienen. Dies sei
der Fall, wenn die gewerbliche Betätigung des Anteilseigners entscheidend gefördert
oder der Produktabsatz gewährleistet werden soll.
Der BFH zog hierzu einen Vergleich heran: Ein Landwirt, der sich - um die
Abnahme seiner Produkte sicherzustellen - an einer landwirtschaftlichen
Absatzgenossenschaft beteiligt und die Anteile aus betrieblichem Anlaß erwirbt, tut
dies nicht, um daraus Kapitalerträge zu erzielen. Die Beteiligung würde in diesem
Fall unmittelbar betrieblichen Zwecken dienen und sei somit dem notwendigen
Betriebsvermögen zuzurechnen. Genossenschaftsanteile seien jedoch kein
notwendiges Betriebsvermögen, wenn die Genossenschaft Nichtmitglieder und
Mitglieder gleich behandeln würde und aus der Mitgliedschaft kein Vorteil für den
landwirtschaftlichen Betrieb entstehe.
Dies treffe im Urteilsfall auch zu. Die freiwillig gezeichneten Anteile brächten der
Apotheke des Klägers keine besonderen Vorteile, da die Genossenschaft
Nichtmitglieder zu denselben Konditionen beliefere wie ihre Genossen. Alle Vorteile,
unter anderem auch die Möglichkeit, auf die Geschäfte der Genossenschaft Einfluß
zu nehmen, würden bereits durch die Pflichtanteile vermittelt. Obwohl der Kläger die
freien Anteile nur als Apotheker erwerben konnte und nur soweit er bereits
Pflichtanteile besaß, hatte der Zusammenhang von Beruf und Beteiligung keinen
Einfluß auf den Apothekenbetrieb, so der BFH. Die freien Anteile hätten keine
konkrete und unmittelbare Funktion für die Apotheke des Klägers und dienten allein
der reinen Kapitalanlage. Infolgedessen gehörten sie nicht zum notwendigen
Betriebsvermögen.
Hinweis: Beteiligungen sind dann als notwendiges Betriebsvermögen zu bilanzieren,
wenn sie wesentlich für die Betriebsführung sind, dem Geschäftsbetrieb auf Dauer
dienen und nicht zur Kapitalanlage erworben wurden.
Geldverlust durch Diebstahl und dennoch keine Betriebsausgabe
Der Betreiber einer Fleischerei und Gaststätte klagte gegen sein Finanzamt. Es hatte
einen durch Diebstahl entstandenen Geldverlust nicht als Betriebsausgaben
anerkannt. Der Kläger führte in beiden Betrieben eine Wechselgeldkasse. Schon seit
Jahren hatte er abends die Bestände aus den Kassen entnommen und das Geld in
einer verschlossenen Kassette in seinem Schlafzimmer im Obergeschoß des
Betriebsgebäudes aufbewahrt. Der Schlüssel für die Geldkassette hatte seinen Platz
in einer unverschlossenen Nachttischschublade. Aus der Kassette entnahm der
Kläger das täglich benötigte Geld für die beiden Wechselgeldkassen. Das restliche,
privat nicht benötigte Geld zahlte er in unregelmäßigen Abständen auf Girokonten
ein.
Am 23. Mai 1992 erstattete der Kläger bei der Kriminalpolizei Strafanzeige wegen
des Diebstahls von 82.000DM. Ein Täter wurde nie ermittelt. Erfolglos machte der
Kläger den Verlust beim Finanzamt als Betriebsausgaben geltend. Mit
rechtskräftigem Urteil vom 27. März 1997 wies das Niedersächsische Finanzgericht
die Klage ab. Durch Straftaten verursachte Geldverluste am Betriebsvermögen, so
die Feststellung des Gerichts, sind zwar grundsätzlich als Betriebsausgaben
abzugfähig. Einwandfrei müsse aber feststehen, daß das "auslösende Moment" für
den entstandenen Verlust im betrieblichen und nicht im privaten Bereich liege.
Der Diebstahl sei jedoch durch die Aufbewahrung des Geldes in den Privaträumen
des Klägers ermöglicht und damit im steuerlichen Sinne "mit veranlaßt worden".
Genauso wie das Wohnen zum Kernbereich der privaten Lebensführung gehöre,
gelte dies gleichermaßen für den Verlust der in den Privaträumen aufbewahrten
Gegenstände. Darüber hinaus sei die Aufbewahrung derart hoher Geldbeträge in den
Privaträumen ohne die gebotenen Sicherungsmaßnahmen besonders riskant. Der
Kläger habe zudem die Geldmittel nur sporadisch dem betrieblichen Girokonten
zugeführt, im übrigen aber die Geldbeträge für private Zwecke verwendet oder zum
Teil auf private Sparkonten eingezahlt. Die Gelder seien also nicht mehr
ausschließlich dem betrieblichen, sondern dem privaten Bereich zuzuordnen. Ein
Betriebsausgabenabzug sei somit nicht zulässig.
Hinweis: Geldbestände des Betriebsvermögens sollten, soweit sie den üblichen
Wechselgeldbestand übersteigen, täglich bei der Bank abgeliefert werden. Im
Hinderungsfall müssen alle zumutbaren Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden.
Ist kein Tresor oder eine ähnliche Sicherheitsvorrichtung in den Privaträumen
vorhanden, ist von einer Geldaufbewahrung dringend abzuraten.
PZ-Artikel von Reinhard Garbe, Hannover
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