Pharmazeutische Zeitung online

Wie es im Paradies aussieht, weiß keiner

20.07.1998  00:00 Uhr

- Wirtschaft & Handel

Govi-Verlag

Wie es im Paradies aussieht, weiß keiner

Der Selbstmedikationsmarkt boomt. Die Apotheker merken nur wenig davon, da die Umsatzzuwächse außerhalb der Apotheke stärker als in den Offizinen sind. Die Befürchtung, daß sich der Selbstmedikationsmarkt an der Apotheke vorbeientwickeln könnte, bewegt nicht nur die Apotheker, sondern auch die Pharmaindustrie, die auf Apothekenexklusivität setzt.

Ratiopharm möchte in diese Entwicklung eingreifen und mit dem Konzept "Pharmadies" "paradiesische Zustände" in den Apotheken schaffen. In einem Gespräch mit der Pharmazeutischen Zeitung stellte Andreas Kierndorfer, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb bei Ratiopharm, das Konzept vor.

Vor gut einem Jahr machte Ratiopharm auf sich aufmerksam, weil Warenzeichen wie ratio-shop oder ratiopharm-Apotheke eingetragen werden sollten. Die Apotheker befürchteten den Einstieg des Generikaherstellers in das System der Kettenapotheken. Inzwischen ist aus den damaligen beantragten Warenzeichen das Pharmadies-Konzept geworden, mit dem Ratiopharm sich laut Aussage ihres Geschäftsführers offensiv für den Erhalt der individuellen Apotheken einsetzen will.

Motivation für dieses Konzept ist die Sorge, daß andere Vertriebskanäle mit eigenen Strategien den Verbraucher vom Einkauf in den Apotheken fernhalten möchte. Neueste Spekulationen gehen dahin, daß Kaufhausketten Pharmazeuten einstellen, um ihre Gesundheitsabteilungen mit pharmazeutischer Kompetenz auszustatten. Solche Entwicklungen, so Kierndorfer, treffen nicht nur die Apotheken, sondern auch die apothekenexklusiven Arzneimittelhersteller wie Ratiopharm. "Wir wollen apothekenexklusiv bleiben, deshalb müssen wir überlegen, wie wir den Kunden dorthin bekommen, wo es unsere Waren gibt, also in die Apotheken, und wie wir ihn überzeugen können, daß er in der Apotheke am richtigen Platz ist."

Die Antwort von Ratiopharm auf diese Frage ist Pharmadies, ein Aktionskonzept, das im Oktober 1998 starten wird. Der Name wurde abgeleitet vom Wort Paradies. Dieser Begriff soll nach Wunsch der Initiatoren dem Kunden das Gefühl suggerieren, daß er in der Apotheke die paradiesischen Zustände des Gesundheitswesens erleben kann, in Form guter Arzneimittel und guter Artikel aus dem Ergänzungssortiment sowie gute und fachkompetente Beratung.

Das Konzept wird getragen von der Grundidee, die Apotheke nicht zum Ort des Preisdumpings verkommen zu lassen. Pharmadies soll dem Kunden zeigen, daß die Apotheke neben den Waren noch mehr anbietet: pharmazeutische Kompetenz, Sachverstand und Beratung.

Mittel zum Zweck sollen apothekenübliche Waren nach § 25 der Apothekenbetriebsordnung werden. Kierndorfer: "Aus diesem Bereich wollen wir interessante Artikel auswählen und diese mit Aktionen dem Endverbraucher näherbringen. Mit entsprechender Werbung soll der Kunde in die Apotheke geholt werden und dort erfahren, daß er hier mehr bekommt als in Selbstbedienungs- oder Drogeriemärkten. Die Artikel sollen mit Informationsqualität kombiniert werden."

In diesem Dachmarkenkonzept werden Monat für Monat sechs bis acht verschiedene Artikel in einer Aktion zusammengefaßt und groß beworben. Ratiopharm hat allein für die Bewerbung des Pharmadies-Konzeptes pro Jahr 40 Millionen Mark bereit gestellt. In der zweiten Septemberhälfte wird die Aktion mit TV-Spots vorangekündigt. Gleichzeitig startet eine bundesweite Plakataktion. Zu Beginn jedes Monats wird im Fernsehen für die Monatsaktion geworben.

In Anlehnung an ähnliche Aktionen in anderen Bereichen sollen die Apotheken nicht mit Ware zugeschüttet werden. Es wird vielmehr das Prinzip der künstlichen Verknappung verfolgt. Die Apotheken sollen gerade mit soviel Ware bestückt sein, daß die Artikel nach zwei Wochen abverkauft sind. Kierndorfer: "Der Verbraucher soll sich schnell entscheiden müssen, den interessanten Artikel aus der Apotheke zu kaufen. Ansonsten läuft er Gefahr, daß der Artikel ausverkauft ist."

Die Einschränkung durch den § 25 empfindet Kierndorfer als positiv: "Wir können es uns nicht leisten, mit fragwürdigen Artikeln die Kompetenz der Apotheken im Gesundheitswesen zu verlassen. Wir wollen nicht zu Eduscho oder Tschibo verkommen. Wir haben den großen Vorteil, daß wir mit jedem Artikel des § 25 einen direkten Bezug zum Stammsortiment der Apotheke schaffen können." Über die Artikel selbst wollte Kierndorfer noch keine Angaben machen, da die Gefahr bestünde, daß die gleichen Artikel zum gleichem Zeitpunkt in anderen Vertriebskanälen auftauchen könnten. In den Aktionen werden allerdings keine Arzneimittel und nur selten Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen. Soviel verriet Kierndorfer schon der Pharmazeutischen Zeitung.

Die Apotheken werden inzwischen vom Außendienst über die Aktion informiert. Der Gesamteinkaufswert eines Monatspakets wird zwischen 500 und 700 DM liegen. Dieses Paket umfaßt fünf bis acht Artikel aus den Bereichen Schnellmitnahmeartikel, Artikel mittlerer Preisklasse zwischen 10 und 50 DM und dem Preisbereich zwischen 50 und 250 DM. Zu den Monatsaktionen werden die Apotheken mit zusätzlichen Informationsmaterialien zu den einzelnen Artikeln ausgestattet, um kompetent beraten zu können. Darin unterscheidet sich Pharmadies von Konzept anderer Vertriebskanäle.

Kiemdorfer betonte, daß alle Apotheken mitmachen können und daß es sich nicht um ein Franchiseprogramm handelt. Jeder kann jederzeit anfangen und auch wieder aufhören. Da es sich um Aktionsware handelt, wird ein Rückgaberecht nicht eingeräumt. Damit hoffe man, daß sich die Apotheken nicht mit zuviel Ware eindecken. Das Prinzip der Aktion sei eben nicht, Umsatz um jeden Preis, sondern die Apotheke für den Endverbraucher interessanter zu machen.

PZ-Artikel von Hartmut Morck, Eschborn
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