Wirtschaft & Handel
Innerhalb
der letzten fünf Jahre hat die Gödecke AG fast 200
Millionen DM in Freiburg investiert. Das zahlt sich seit
1996 aus, wie der Vorstand am 14. Juli 1997 in der
Bilanzpressekonferenz darlegen konnte.
Gödecke und die ihr angeschlossene Parke Davis GmbH
repräsentierten bislang das deutsche Pharmageschäft des
amerikanischen Warner-Lambert Konzerns. Seit 1996 sind
sie zuständig für die weltweite Produktion von festen
Arzneiformen. Im vergangenen Geschäftsjahr steigerte
Gödecke den Umsatz um 5,2 Prozent auf 591,5 Millionen
DM. Obwohl das Ergebnis der gewöhnlichen
Geschäftstätigkeit wegen des anhaltenden Drucks auf die
Arzneimittelpreise mit 67 Millionen DM um 20 Prozent
unter dem Vorjahresergebnis lag, hat sich die
Ergebnisabführung von 148,5 Millionen DM an die
Muttergesellschaft nahezu verdoppelt. Außerordentliche
Erträge sind dafür ursächlich.
Ein starkes Wachstum erwartet Gödecke nach der Anfang
der 90er Jahre getroffenen Entscheidung Warner-Lamberts,
in Europa die globale Arzneimittelproduktion nur noch an
zwei statt bisher sechs Standorten zu zentrieren. Für
feste Arzneiformen ist Freiburg zuständig, flüssige und
topische Arzneiformen werden in Orléans hergestellt. Wie
der Ressortleiter für Produktion und Technik, Dr.
Jürgen Werani, ausführte, haben die positiven
Wettbewerbsvorteile Freiburgs die negativen überwogen.
Zum einen sei der Standort die zweitgrößte
Niederlassung außerhalb USA, zum anderen verfüge
Gödecke hier über qualifizierte und motivierte
Mitarbeiter und investiere traditionell in die Ausbildung
und Fortbildung seiner Mitarbeiter. Das 1994 in Betrieb
genommene, vollautomatisierte Freiburger Werk ermögliche
eine vielfach gesteigerte Produktion. Internationale
Qualitätsanforderungen, innovative Technologien und eine
prozeßorientierte Fertigung mit Gruppenarbeit
garantierten qualitativ hochwertige innovative
Präparate.
Für 1997 rechne das Unternehmen aufgrund der
Neueinführung des umsatzstarken Lipidsenkers Sortis
(Atorvastatin) und der Herstellung rezeptfreier
Arzneimittel für Warner-Lambert Consumer Healthcare mit
der Produktion von 65 Millionen Arzneimittelpackungen. Im
Ressort Produktion und Technik habe sich parallel dazu
die Zahl der Mitarbeiter von 426 auf 624 erhöht, eine
weitere Zunahme ergebe sich 1997. Gleichzeitig sei eine
erfreuliche Produktivitätsverbesserung festzustellen.
Wie Werani auch hervorhob, hat der inländische Markt
nach der Konsolidierung zugunsten der globalen
Belieferung abgenommen. Betrug der Anteil des Inlandes
1995 noch 52 Prozent des produzierten Volumens, soll er
1997 auf 20 Prozent zurückgehen, während Märkte wie
die USA mit einem Anteil von 22 Prozent vertreten sind.
Für das laufende Jahr erwartet Gödecke/Parke Davis ein
Umsatzplus von 8,8 Prozent auf 425 Millionen DM - trotz
starker Nachahmerkonkurrenz und Verlusten wegen der
kontinuierlichen Festbetragssenkungen bei den
Herz-/Kreislaufpräparaten. Dr. Wilhelm Brandner,
zuständiges Vorstandsmitglied für Marketing und
Vertrieb, führte als Grund die Stärkung des
Präparateangebots durch innovative Arzneimittel an. So
wurden seit 1981 neun neue Substanzen beziehungsweise
verschreibungspflichtige Arzneimittel für die
Dauertherapie von Herz-/Kreislauf-Erkrankungen, Rheuma,
Fettstoffwechselstörungen, Infektionen, Alzheimer und
Epilepsieerkrankungen eingeführt. Gleichzeitig wurden
die rezeptfreien Arzneimittel in das 1994 neu gegründete
Unternehmen Warner-Lambert Healthcare eingebracht, da
diese anderer Marketingstrategien bedürfen.
Brandner zählt Gödecke zu den innovativsten
Arzneimittelherstellern in Deutschland. Allerdings mußte
das Unternehmen die Forschung und Entwicklung zum
größten Teil an den US-Forschungsstandort in Ann Abor
abgeben. Die Forschungsabteilung in Freiburg beschäftigt
von den ehemals 330 Mitarbeitern nur noch 135. Sie sind
mit der Entwicklung ab der Klinischen Forschung sowie mit
der chemischen und pharmazeutischen Entwicklung befaßt.
Insgesamt beschäftigt Gödecke 1680 Personen.
Die Muttergesellschaft Warner-Lambert mit Sitz in Morris
Plains/New Jersey und Forschungslabors in Ann Abor hat
mit 38.000 Mitarbeitern 1996 einen Umsatz von 7,2
Milliarden Dollar erzielt. Auf den Bereich Pharmaceutical
entfielen 2,5 Milliarden Dollar.
Planung wird schwierig
Dr. Horst Freisler, der Vorstandsvorsitzende der Gödecke
AG und zugleich Vorsitzende des Verbandes forschender
Arzneimittelhersteller (VfA), beklagte in seinem
Statement das kaum noch durch freie Marktkräfte geformte
gesundheitspolitische Umfeld, in dem die
Arzneimittelhersteller agieren müssen. Die ständigen
administrativen Eingriffe machten das Geschäft kaum noch
planbar. Dies sei für die forschende Industrie, die ihre
Investitionen sehr langfristig planen müsse, auf Dauer
gefährlich. 40 Prozent aller von Ärzten verschriebenen
Arzneimittel seien Generika. Große Sorge bereiten
Freisler die sogenannten Strukturverträge in den
Bestimmungen des Neuordnungsgesetzes 2. Bekämen die
Mediziner ein bestimmtes Durchschnittsbudget für die
Behandlung eines Patienten, könne der Arzt sein eigenes
Honorar aufbessern, wenn er weniger Arzneimittel
verschreibe. Diese Koppelung von Arzthonorar und
verordneten Leistungen sei äußerst bedenklich.
PZ-Artikel von Erdmuthe Arnold, Freiburg
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