Wirtschaft & Handel
"Das,
was da von der Politik angezettelt wird, ist kein
Glasperlenspiel, das geht ans Eingemachte."
Gewichtige Worte von Dr. Johannes Pieck, Sprecher der
ABDA-Geschäftsführung, während des Eröffnungsreferats
auf einer Veranstaltung von Lauer und Fischer am 21. und
22. Juni. Der Anbieter von Computerlösungen für
Apotheken hatte Kunden und Interessenten übers
Wochenende nach Bad Kissingen eingeladen, um den
Startschuß für sein von Windows 95 gestütztes
Softwarepaket Winapo zu geben.
Pieck informierte über aktuelle Geschehnisse in
der Gesundheitspolitik. War nach seinen Aussagen der
Gesetzgeber lange Zeit ein Partner der Apotheker, auf den
man in grundlegenden ordnungspolitischen Dingen bauen
konnte, so sei inzwischen Vorsicht geboten. "Das
Bundesverfassungsgericht ist für uns ein glattes
Parkett", so Pieck. Die Arzneimittelpreisverordnung
(AMPreisV), aber auch die Apothekenpflicht seien heute
keine unantastbare Feste mehr. Heute würde nur noch nach
möglicher Kosteneinsparung gefragt. Gerade der Vorstoß
des Landes Berlin, das sich mit seinem Antrag zur
Änderung des Apothekengesetzes Einsparungen in
ambulanten Stationen und Pflegeeinrichtungen verspricht,
sei ein gutes Beispiel. Das Preisgefälle zwischen Waren
aus Krankenhaus- und Offizinapotheke würde zur
Provokation. Da jedoch die Arzneimittelkosten in der
Krankenhausversorgung nur so gering gehalten werden
könnten, wenn sie durch vergleichsweise hochpreisige
Ware in den Offizinen ausgeglichen würde, sei noch nicht
nachvollzogen worden.
Kompromiß ist Schadensbegrenzung
Pieck sieht mit dem Berliner Antrag eine neue
Diskussion über die AMPreisV aufflammen. Der
Marktanteil, der künftig in den Ambulanzen für die
Offizinapotheke verlorenging, sei nicht mehr
zurückzuholen. Deshalb sei der geschlossene Kompromiß
zwischen ABDA und ADKA eine Schadensbegrenzung. Eine
Abgabe an Dritte müsse vermieden werden. Käme jetzt die
Arzneimittelversorgung der Altenheime auch noch ins
Gespräch, so wären empfindliche wirtschaftliche
Einbußen der öffentlichen Apotheke programmiert.
Die Krankenkassen ließen jede Kompromißbereitschaft in
der Diskussion um die AMPreisV vermissen. Man wolle das
ganze System ändern. Jeder Apotheker solle seine Preise
mit den Kassen einzeln aushandeln. Laut Pieck bleibt so
der von den Krankenkassen proklamierte freie Wettbewerb
auf der Strecke, denn der Versicherer werde die
dominierende Rolle einnehmen.
OTC-Markt wird zur tragenden Säule
Unter dem Titel "Überlebenskonzepte für
die Apotheke" machte Ernst Georg Majer von der
Unternehmensberatungsgesellschaft Ugema, Bonn, einen
Ausblick in die Zukunft. Er prognostizierte der deutschen
Apotheke eine glänzende Perspektive, wenn nur die
richtigen Potentiale ausgeschöpft würden. "Sie
haben gemeinsam eine gewaltige Marktmacht, aber es fehlt
die Geschlossenheit." In einer einheitlichen
Erscheinungsform müsse viel stärker auf die
Kundenbedürfnisse eingegangen werden. Dabei sollte die
Dienstleistung eine neue Position auf dem Markt schaffen.
Noch würden 70 bis 80 Prozent der Leistungen von der GKV
bezahlt. Doch die Zukunft liege in der Selbstmedikation.
Der OTC-Markt werde immer mehr zum Standbein der
öffentlichen Apotheke. Ziel sei die Umkehr der
Umsatzstrukturen vom Verschreibungs- zum OTC-Bereich.
Die deutsche Apotheke ist die größte Klagemauer.
Man schlachtet eine Kuh und wundert sich, daß es keine
Milch mehr gibt. Sie opfern gute Umsätze zu Lasten
schlechter." Der Apotheker müsse sich künftig viel
stärker um den Kunden bemühen.
Auch in Bezug auf Beratungsgespräche sei noch einiges
aufzuholen. 94 Prozent aller Fragen in deutschen
Apotheken werden geschlossen gestellt. Das sei für jede
andere Branche das Todesurteil, aber noch hätte der
Apotheker ja den Bremsfallschirm GKV dabei. Das gebe es
bald nicht mehr.
Winapo soll beim Rationalisieren helfen
Um den Strukturwandel individuell erkennen und
umsetzen zu können, sei ein Ressourcen-Management,
bezogen auf Personal-, Flächen- und Kapitaleinsatz sowie
Liquiditätsplanung dringend nötig. Majer verwies
deshalb auf den Winapo-Manager von Lauer-Fischer der
einen gezielten Zugriff auf wichtige
betriebswirtschaftliche Daten ermögliche.
Das Windows 95-Produkt für EDV-Systeme wurde vom
Apothekenrechenzentrum Haan (ARZ) und Lauer-Fischer
gemeinsam entwickelt. Nach Aussagen des Veranstalters
verknüpft der Manager die in der Kasse und den
Warenwirtschaften beider Anbieter anfallenden Abverkaufs-
beziehungsweise Bestelldaten zu betriebswirtschaftlichen
Kennzahlen. In Tabellen und Grafiken werden Kriterien wie
Umsatz, Rohgewinn, Kundenstruktur und Spannen ohne
zusätzlich notwendige Eingaben dargestellt. Eine weitere
Besonderheit des Managers ist laut Lauer-Fischer die
Unterscheidung aller Kennzahlen für die Bereiche Offizin
und Nicht-Offizin. Vorgestellt wurde in Bad Kissingen
erstmalig die komplett neue, für Windows 95 entwickelte
Apothekenbewirtschaftungssoftware. Sie soll Apotheker fit
für eine erfolgreiche Zukunft machen.
PZ-Artikel von Ulrich Brunner, Bad Kissingen
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