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VSA trennt sich von GfS

14.06.1999  00:00 Uhr

- Wirtschaft & Handel Govi-Verlag PZ-INTERVIEW

VSA trennt sich von GfS

von Hartmut Morck, Darmstadt

Als Konsequenz des bekannten Urteils des Oberlandesgerichts in Düsseldorf vom 03. November 98 gegen die BARMER Ersatzkrankenkasse bezüglich der Rezeptprüfung durch die GfS Gesellschaft für Statistik mbH hat sich die VSA, Verrechnungsstelle der Süddeutschen Apotheken GmbH, von der GfS getrennt. Über die Hintergründe und die Konsequenzen für die Apothekerschaft sprach die Pharmazeutische Zeitung mit Dr. Andreas Lacher, Geschäftsführer der VSA.

PZ: Herr Dr. Lacher, war es wirklich notwendig, daß sich die VSA von der GfS getrennt hat? Können Sie unseren Lesern nähere Hintergrundinformationen geben?

Lacher: Zunächst möchte ich festhalten, daß Beklagte des Verfahrens nicht die GfS oder die VSA waren, sondern die BARMER Ersatzkrankenkasse. Diese hatte die GfS mit der Übernahme von Dienstleistungen beauftragt. Dazu gehörte neben der Datenannahme und Archivierung auch die Rezeptprüfung nach dem Arzneiliefervertrag. Im Vorfeld des OLG-Urteils erfolgte zwischen GfS und VSA bereits eine räumliche, funktionale und organisatorische Trennung. Trotzdem entschied das Oberlandesgericht, daß es hinsichtlich des BARMER-Auftrages keine gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen mit einer Rezeptabrechnungsstelle geben dürfe. Aus Sicht des OLG bestünde in einer solchen Beziehung die abstrakte Gefahr eines Datenmißbrauchs, obwohl es keinerlei konkreten Anlaß zu dieser Befürchtung gegeben hat.

PZ: Wie kam es eigentlich zu dem Vertragsverhältnis zwischen der GfS und der BARMER Ersatzkrankenkasse?

Lacher: Die BEK hatte seinerzeit überlegt, ob sie EDV-technische Tätigkeiten wie Datenannahme, Archivierung und Prüfung im eigenen Haus vornimmt oder diese an einen Dienstleister vergibt. Es sind mehrere Angebote eingeholt worden. Den Zuschlag hat dann die GfS bekommen.

PZ: Wer ist jetzt Besitzer der GfS und haben die Apotheker noch einen Einfluß auf die GfS?

Lacher: Nachdem uns keine andere Wahl blieb, als unsere Gesellschaftsanteile zu verkaufen, haben wir nach einem Dienstleister gesucht, auf den sich zum einen die BEK verlassen kann. Zum anderen wollten wir unsere Anteile nur jemandem anbieten, der Erfahrungen auf dem Apothekensektor mitbringt, also die Belange der Apotheker auch kennt und nicht nur auf den finanziellen Nutzen schielt. Wir haben deshalb die GfS an die Oberbayerische Treuhand- und Revisionsgesellschaft mbH verkauft, weil sie als ein sehr solides Unternehmen bekannt ist und über weitreichende Erfahrungen im Apothekensektor verfügt. Wir haben das Gefühl, daß der apothekerliche Aspekt bei dieser Gesellschaft nicht zu kurz kommen wird.

PZ: Die direkte Einflußnahme der Apothekerschaft auf die GfS ist aber, wenn ich das richtig verstanden habe, jetzt gleich Null oder?

Lacher: Mit dem Verkauf der GfS-Anteile - wie unseren Mitgliedsapotheken bereits mitgeteilt - gibt es keinerlei Beziehungen mehr zwischen VSA und GfS. Eine Einflußnahme auf das Rezeptprüfgeschäft ist selbstverständlich ausgeschlossen. Wir hoffen aber, daß der neue Gesellschafter seine Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit Apotheken einbringt.

PZ: Welche Signalwirkung hat Ihrer Meinung nach dieses Urteil für die Aktivitäten anderer Rechenzentren, die in das Dienstleistungsgeschäft für Krankenkassen einsteigen wollen? Eventuell das Aus?

Lacher: Die AvP Abrechnungstreuhand von Platen hat die einstweilige Verfügung gegen die BARMER angestrengt, weil sie als Konkurrent der VSA ihre Kundendaten nicht der GfS übermitteln wollte. Wir sind der Meinung, daß die AvP der Apothekerschaft keinen guten Dienst erwiesen hat. Das Urteil könnte unter Umständen sogar dahingehend verstanden werden, daß Apothekenrechenzentren zukünftig keinerlei Aufträge von Krankenkassen mehr annehmen dürfen, wenn Kundendaten von anderen Abrechnungsstellen einfließen, das heißt keine zentrale Archivierung, keine Datenannahme und kein Prüfgeschäft im allgemeinen. Dies gilt nicht nur für § 300 SGB V, sondern auch für § 302 SGB V.

Das Urteil hat also in der Tat eine negative Signalwirkung, weil die Krankenkassen in Zukunft sehr genau prüfen dürften, ob es irgendwelche Verflechtungen mit einem Apothekenrechenzentrum gibt. Dadurch besteht die Gefahr, daß solche Dienstleistungen, für die die Apothekenrechenzentren aufgrund ihrer Kompetenz prädestiniert sind, in erster Linie an andere, vornehmlich finanziell orientierte Dienstleister vergeben werden. Damit werden die Mitwirkungsmöglichkeiten der Apothekerschaft und ihrer Verbände geringer.

PZ: Hat das Urteil auch Einfluß auf statistische Erhebungen, die die Apothekenrechenzentren für den Berufsstand, aber auch für Krankenkassen als Grundlage für Budgetberechnungen oder Richtgrößen erarbeiten?

Lacher: Wir hoffen, daß dies natürlich nicht geschehen wird, da zum Beispiel für die Ermittlung von Richtgrößen, Budgetauswertungen, aber auch für Wirtschaftlichkeitsprüfungen keine apothekenbezogenen und damit Kundendaten herangezogen werden müssen.

PZ: Wie sieht es mit dem Datenfluß bei der Einführung des Elektronischen Rezeptes aus? Es ist doch durchaus denkbar, daß die Abrechnung in die Verantwortung von berufsständischen Rechenzentren übernommen wird? Gibt es hier nach dem Urteil neue Hindernisse?

Lacher: Der Rezeptprüfauftrag mit der BARMER sollte nicht zuletzt die fachliche Kompetenz der Apothekerschaft untermauern und damit die Einführung des für den Berufsstand wesentlich akzeptableren Smartcard-Modells erleichtern. Das Urteil hat unserer Meinung nach die Position bei dieser Frage sicherlich nicht gestärkt. Nachdem die Einführung des Elektronischen Rezeptes ohnehin einer gesetzlichen Neuregelung bedarf, kann die Frage nach neuen rechtlichen Hindernissen derzeit nicht beantwortet werden.

PZ: Welche Konsequenzen ziehen Sie als VSA aus diesem Urteil? Es hat ja auch wirtschaftliche Folgen für Ihr Unternehmen.

Lacher: Die erste Konsequenz haben wir ja bereits gezogen: Wir haben uns von den Anteilen an der GfS getrennt. Trotzdem werden wir natürlich weiterhin versuchen, unsere fachliche Kompetenz gegenüber den Krankenkassen, aber auch anderen Institutionen des Gesundheitswesens unter Beweis zu stellen. Unser oberstes Ziel ist es, den Fortbestand des Traditionsunternehmens VSA zu gewährleisten.

Vor diesem Hintergrund werden wir insbesondere nach technisch-innovativen Geschäftsfeldern Ausschau halten. Mit unserer CD-ROM und VSA-Online haben wir bereits lange vor Bekanntwerden des Urteils Produkte geschaffen, die auf große Akzeptanz bei unseren Mitgliedsapotheken gestoßen sind. Das rechenzentrumsübergreifende Prüfgeschäft ist für uns nach dem Urteil nicht mehr möglich. Auch wenn diese Thematik über Monate hinweg äußerst kontrovers diskutiert wurde, stand die große Mehrheit unserer Mitgliedsapotheken - und dies möchte ich ausdrücklich betonen - hinter dem Dienstleistungsauftrag zwischen GfS und BARMER. Top

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