Wirtschaft & Handel
Eine Emnid-Umfrage zur Reaktion des Verbrauchers auf den Verkauf
von Arzneimitteln bei Aldi hatte der Heinrich Bauer Verlag, Hamburg, in
Auftrag gegeben. Die Ergebnisse schilderte auf dem Kongreß
"Selbstmedikation: Brennpunkt Marke" am 15. Mai 1998 in der
Hansestadt Hermann Eckert, Projektleiter Pharma in der Heinrich Bauer
Verlag Anzeigen und Marketing KG.
Seit Ende Oktober des vergangenen Jahres bietet Aldi-Süd unter dem Label St.
Benedikt freiverkäufliche Arzneimittel an. Dazu gehören Kräutertonikum,
Melissengeist und ein Erkältungskoffer. Aldi-Nord kündigte ein Nachziehen zum
Jahreswechsel an, startete aber erst im März unter der Hausmarke St. Christoph mit
Produkten wie Franzbranntwein, Melissengeist, Johanniskraut- und
Knoblauch-Dragees.
Vom 27. März bis 3. April 1998 wurden 1304 Personen in einer
computergestützten telefonisch geführten Mehrthemenumfrage des Emnid-Institutes,
Bielefeld, zu ihrer Meinung befragt. Die Personenzahl, so Eckert, repräsentiert eine
Population von 26,5 Millonen. Bei der Befragung habe man sich auf das Gebiet
Aldi-Süd beschränkt, das die Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg,
RheinlandPfalz, das Saarland sowie Teile von Hessen und Nordrhein-Westfalen
umfaßt.
Auf die Frage "Haben Sie im letzten halben Jahr bei Aldi gekauft?", antworteten drei
Viertel der Befragten mit Ja. 45,1 Prozent der Aldi-Kunden hatten die
Benedikt-Range schon einmal gesehen. Das sei verglichen mit Produkteinführungen
im sonstigen Lebensmittelhandel eine gewaltige Zahl und sei auf den Aldi-Grundsatz
zurückzuführen, das Sortiment bewußt klein und überschaubar zu halten, sagte
Eckert.
Knapp 30 Prozent der Personen, denen St.-Benedikt-Produkte bei Aldi aufgefallen
sind, haben diese auch gekauft. Dies entspreche einem Potential von rund 2,6
Millionen Personen. 400.000 Käufer hätten die Produkte bislang noch nicht
verwendet. Man könne von einer beachtlichen Vorratshaltung ausgehen.
Rund die Hälfte kauften Erkältungsbalsam, rund ein Drittel griff zum Melissengeist.
Der Erkältungskoffer wurde von jedem Fünften gekauft. Das Mittelfeld bildeten
Vitamin-E-Kapseln, Rheuma-Schmerz-Balsam und Kräutertonikum. Sie wurden
jeweils von rund einem Viertel gekauft oder verwendet. Vital-Knoblauch-Kapseln
und Ginseng-Tonikum bildeten das Ende dieser Rangfolge. Rechne man die Zahl auf
die gesamte Bundesrepublik hoch, so hätten 6,5 Millionen Personen diese Produkte
gekauft.
Dem Statement "Ich kaufe freiverkäufliche Medikamente nur in der Apotheke"
stimmten 39 Prozent der Aldi-Kunden zu. Auf der anderen Seite fanden es 28,9
Prozent gut, daß man diese Medikamente nun auch bei Aldi kaufen kann. Eckert
interpretierte diese Zahlen wie folgt: Freiverkäufliche Medikamente werden heute
noch direkt in Zusammenhang mit der Apotheke gebracht. Die Bereitschaft, diese
Produkte jedoch auch außerhalb der Apotheke zu kaufen, sei schon relativ hoch.
Hohe Sensibilität für Preise
Die Notwendigkeit der Beratung durch den Apotheker bei St.-Benedikt-Produkten
wird deutlich geringer angesehen als bei anderen Präparaten. So stimmten 50,2
Prozent der Aldi-Kunden zwar zu, daß im allgemeinen die Beratung durch den
Apotheker wichtig ist. Bei den Produkten von Aldi waren es jedoch nur 26 Prozent.
Fast ein Drittel der Aldi-Kunden stimmte dem Statement "Freiverkäufliche
Arzneimittel kaufe ich dort, wo sie am günstigsten sind" zu. Bei den Käufern von
St.-Benedikt-Produkten waren dies knapp 42 Prozent. Diese Sensibilität für Preise
auch bei Arzneimitteln brächten folgende Statements auf den Punkt: "Ich kaufe
Arzneimittel bei Aldi, weil ich viele Personen zu versorgen habe und jede Mark
zweimal umdrehen muß," Und: "Was man nicht in der Apotheke kauft, ist im Schnitt
gleich ein paar Mark billiger."
Knapp 20 Prozent der Aldi-Kunden und 35,2 Prozent der Käufer von St. Benedikt
sind der Meinung, daß Arzneimittel bei Aldi die gleiche Qualität haben wie in der
Apotheke. Eckert bezeichnete dieses als "Ausstrahlung einer der Kernkompetenzen
von Aldi, gute Qualität zum billigen Preis anzubieten". Das sogenannte Nielsen Single
Source Panel, eine Methode, bei der eingekaufte Produkte im Haushalt per Scanner
erfaßt werden, ermöglicht es, Aussagen über Abverkaufszahlen zu machen. Mit den
Produkten der St.-Benedikt-Range habe Aldi-Süd "vom Fleck weg" schon rund 22
Millionen DM umgesetzt, so Eckert. Rechne man dieses auf Aldi-Gesamt und ein
ganzes Jahr hoch, so könne man von 8,4 Millionen verkauften Packungen und 109
Millionen DM Umsatz mit diesen Artikeln ausgehen.
PZ-Artikel von Christiane Berg, Hamburg
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