Wirtschaft & Handel
Das seit über 100 Jahren unabhängige und selbständige
Familienunternehmen Boehringer Ingelheim konnte der Presse am 6. Mai
1998 für das Geschäftsjahr 1997 erneut einen erfolgreichen Abschluß
vorlegen und gibt sich sicher, wenn auch noch nicht in diesem Jahr, sondern
2001 die 10-Milliarden-Umsatzgrenze zu erreichen. Die Gesamterlöse des
Unternehmensverbandes stiegen 1997 um 16 Prozent auf 8,2 Milliarden
DM, das Ergebnis nach Steuern um 27 Prozent auf 414 Millionen DM.
Damit sind die Erwartungen des Unternehmensverbundes weitgehend erfüllt worden,
wie Dr. Heribert Johann, Sprecher der Unternehmensleitung , ausführte. Für die
Reorganisation des Unternehmens und die Konzentration auf Kerngeschäftsfelder
seien wichtige Weichen gestellt worden, die allerdings auch weiterhin mit hohen
Investitionen verbunden sind. Dies schlage sich 1997 im Betriebsergebnis nieder,
das nur um 5 Prozent auf 684 Millionen DM anstieg.
Bereits seit mehreren Jahren befindet sich der Unternehmensverbund in der
Restrukturierungsphase mit Neuordnung von Produktion, Forschung und
Entwicklung sowie Corporate Identity. Die Veränderungen werden seit kurzem,
nach der Verschmelzung der Standortgesellschaften Ingelheim und Biberach zur
Boehringer Ingelheim Pharma KG, durch ein neues Corporate Design nach außen
transparent gemacht. Unternehmensvision ist die Wertsteigerung durch Innovation
und das diesjährige Motto der Gesamtbelegschaft: "Im Wandel liegt unsere Chance".
Firmenleitung und Gesellschafterausschuß, so betonte Johann zugleich, sehen in
Großfusionen nicht die einzig richtige strategische Antwort auf die
Herausforderungen des Marktes. Geschäftsstrategie sei vielmehr eine Fokussierung
auf die Bereiche Humanpharma, Tiergesundheit und Chemikalien. Dabei sind
Kooperationen jedoch erwünscht.
Humanpharma Hauptumsatzträger
Profitiert hat auch Boehringer Ingelheim 1997 von der für den weltweiten Verbund
positiven Währungskursentwicklung. Der Bereich Humanpharma konnte seinen
Umsatzanteil auf 85 Prozent oder knapp 7 Milliarden DM steigern, das waren 17
Prozent mehr als im Vorjahr. Auf die verschreibungspflichtigen Arzneimittel entfielen
5,8 Milliarden DM und auf den Bereich Selbstmedikation 1,033 Milliarden DM.
Hier nahm der Umsatz um 31 Prozent zu. Damit, so Johann, sei Boehringer
Ingelheim dem Ziel, weltweit zu den führenden Anbietern von OTC-Produkten zu
gehören, ein gutes Stück näher gekommen und nehme hier die 11. Position ein.
Die Chemikalien erlösten 420 nach 413 Millionen DM, Tiergesundheit 455 nach
361 Millionen DM (durch Akquisition des amerikanischen
Schweineimpfstoffspezialisten Nobl) sowie Back- und Nahrungsmittel 346 nach 336
Millionen DM. Den Umsatz nach Wirtschaftregionen betrachtet, ergaben sich
deutliche Verschiebungen zuungunsten Deutschlands, verursacht auch durch den
Basotherm-Verkauf, während der Anteil in Amerika kräftig um 29 Prozent auf gut
3,2 Milliarden DM anwuchs. Dieser Markt liegt anteilsmäßig gleich hinter Europa.
Innovationen bringen Gewinn
Acht Zulassungen hat Boehringer Ingelheim 1997 erhalten, so unter anderem für
Sifrol, Viramune, Assasantin, Combivent, Meloxicam, Repaglinide. Weitere neun
Registriungsanträge sollen 1998 eingereicht werden, berichtete der stellvertretende
Sprecher Professor Dr. Dr. h.c. Rolf Krebs, der für den Unternehmensbereich
Pharma zuständig ist. Er erwartet daher für die nächsten Jahre Umsatzzuwächse
zwischen 10 und 14 Prozent. Darüber hinaus befinden sich gegenwärtig 36
chemische Substanzen in der Entwicklung in den Hauptforschungsgebieten
respiratorisches System, Onkologie, Immunologie, Herz-Kreislaufsystem, ZNS und
Virologie. Zusätzlich sind über 32 Substanzen in der klinischen Forschung für 49
verschiedene Indikationen. Boehringer Ingelheim stelle in allen Stadien die
Produktqualität in den Mittelpunkt. Dies setze allerdings eine höhere Flexibilität der
gesamten Organisation voraus. Die Chance einer wertsteigernden Innovation werde
um so größer, je öfter der Durchbruch in bisher nicht behandelbare Erkrankungen
erfolgen könne. Dafür müsse ein Preis gezahlt werden.
Aufbau eines Respimat-Betriebes
Viel verspricht sich Boehringer Ingelheim von einer neuen Darreichungsform zur
Behandlung von Atemwegserkrankungen. Am 30. April 1998 wurde die
Grundsteinlegung für den Respimat-Betrieb gefeiert, in dem der neue,
umweltfreundliche Aerosol-Zerstäuber, der ganz ohne Treibmittel arbeiten soll,
hergestellt werden soll. Die Entwicklung basiert auf einer hochpräzisen
Düsenstruktur von MicroParts, Dortmund. Gewährleistet sei eine gleichmäßige
Vernebelung von Atemwegspräparaten, bei der die Anzahl lungengängiger
Tröpfchen weit größer sein soll als bei konventionellen Systemen. Dadurch werde
der Medikamentenbedarf reduziert.
PZ-Artikel von Erdmuthe Arnold, Frankfurt am Main
© 1997 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de