Der Erfolgskurs wird 1999 kurzfristig verlassen |
22.03.1999 00:00 Uhr |
Trotz stagnierender Umsätze konnte die Bayer AG, Leverkusen ihren Gewinn 1998 um 7 Prozent steigern. Wie der Vorstandsvorsitzende Dr. Manfred Schneider auf der Bilanzpressekonferenz am 16. März in Leverkusen mitteilte, setzte das Leverkusener Unternehmen im vergangenen Jahr 54,9 Milliarden DM um und erzielte dabei 3,159 Milliarden DM Gewinn nach Steuern. Das operative Ergebnis lag mit 6,151 Milliarden DM um 2 Prozent über dem von 1997.
Die Bremsspuren beim Umsatz sind vor allem auf die Asienkrise zurückzuführen, so der Konzern-Chef. Dort sank der Umsatz um 12 Prozent, das operative Ergebnis sogar um 29 Prozent. Überdurchschnittlich erfolgreich waren die Leverkusener dagegen in Europa mit einem Ergebnisplus von 9 Prozent und in Lateinamerika (plus 19 Prozent).
Mehr als ein Drittel (36 Prozent) des Umsatzes macht der Konzern im Bereich Life Sciences, also in Landwirtschaft und Gesundheit, der um 3 Prozent wuchs. Von den rund 19,5 Milliarden DM entfallen fast 8,5 Milliarden (plus 1 Prozent) auf den Geschäftsbereich Pharma. Daß es hier überhaupt einen Zuwachs gab, sei vor allem auf den Erfolg des rekombinanten Gerinnungsfaktors Kongenate zurückzuführen. Ebenfalls zufrieden zeigte sich der Bayer-Chef mit den Umsätzen von Cipro und Adalat, die sich in einem "zunehmenden Wettbewerb gut behauptet" hätten.
Für das laufende Geschäftsjahr erwartet Bayer keine weitere Ergebnissteigerung. In den zwei ersten Monaten habe das operative Ergebnis deutlich unter dem Vorjahreszeitraum gelegen. Bis zum Jahresende werde wieder das Niveau von 1998 erreich1, wenn sich die US-amerikanische Wirtschaft als stabil erweist und die Rohstoffpreise niedrig bleiben.
Die Zahl der Beschäftigten stieg 1998 weltweit um 500 auf 145 100, bereinigt um die Zu- und Abgänge ergab sich allerdings ein Minus von 1800. In Deutschland sank die Beschäftigtenzahl um 1900 auf nunmehr 64 200. Ursache des Rückgangs waren jedoch weniger Entlassungen als die Ausgliederung von Geschäftsbereichen.
In diesem Jahr ist ein weiterer Abbau der Beschäftigtenzahl weltweit geplant. Wie Schneider ankündigte, will Bayer im Bereich Pharma weltweit Standorte schließen und einzelne Produkte abgeben. Genaue Angaben, welche Standorte geschlossen und wo Mitarbeiter abgebaut werden, wollte der Bayer-Chef jedoch nicht machen.
Zuversichtlich ist der Konzern dagegen für das Jahr 2000, in dem nach Schneiders Überzeugung die Weltwirtschaft wieder an Fahrt gewinnen wird. Dabei setzt Bayer auf Avolex, ein neues Antiinfektivum, das zur Jahresmitte in Europa auf den Markt kommen soll. Auf die Einführung des Alzheimerpräparates Metrifonat setzt Bayer gleichfalls große Hoffnung. Zwar habe die amerikanische Zulassungsbehörde FDA im Februar noch Angaben zu durch die Substanz ausgelöste Atembeschwerden eingefordert, diese Nebenwirkung sei jedoch bei allen Acetylcholinesterase-Hemmern bekannt. Schneider erwartet, daß die Schwierigkeiten bis zum April geklärt sind.
Gelassen verfolgen die Leverkusener die Einführung selektiver Cox-II-Hemmer, mit denen andere Unternehmen Aspirin Marktanteile abjagen wollen. Die in den Medien als Super-Aspirin gefeierten Präparate, sollen weniger Nebenwirkungen haben als der Bayer-Klassiker. Schneider sieht jedoch keine direkte Konkurrenzsituation. "Die neuen Substanzen sind für die Behandlung von Rheuma zugelassen. Aspirin wird dagegen vor allem zur Blutverdünnung und bei Kopfschmerz eingesetzt."
Nicht sonderlich erfolgreich war 1998 Agfa. In dem letzte Jahr ihrer Konzernzugehörigkeit konnte die Bayer-Tochter den Umsatz zwar um 5 Prozent auf 8,5 Milliarden DM steigern, gleichzeitig sank das operative Ergebnis jedoch um fast 15 Prozent auf 499 Millionen DM. Schuld am mäßigen Ergebnis ist in erster Linie der Bereich Foto mit einem Minus von 8 Prozent. Mit einer Umsatzrendite von rund 6 Prozent liege die Tochter aber immer noch im angestrebten Zielkorridor und ist auf den Börsengang gut vorbereitet. Schneider: "Agfa als Technologiewert mit einer vielversprechenden Perspektive vom Markt sehr gut aufgenommen werden wird."
Bei Akquisitionen planen die Leverkusener keinen ganz großen Wurf. Rund 10 Milliarden DM will das Unternehmen in diesem Jahr in Zukäufe investieren. Gedacht sei dabei eher an "zehn Übernahmen zu 1 Milliarde DM als eine zu 10 Milliarden", so Schneider.
Ausweichend antwortete der Bayer-Chef auf ein mögliches Engagement bei Hoechst, falls
die Kuwaitis ihren 24,5prozentigen Anteil am Frankfurter Pharmaunternehmen verkaufen
würden. Sollte die deutsch-französische Hochzeit platzen, "dann fangen wir wieder
neu an zu denken". wenn sich die Gelegenheit für eine größere Übernahmen ergibt,
dann stehen auch mehr als 10 Milliarden DM zur Verfügung."
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