Wirtschaft & Handel
Vorbehaltlich der
Genehmigung durch die Hauptversammlung am 6. Mai 1997
erhält der Hoechst Konzern eine neue Struktur. Die
Ausgliederungen der verschiedenen Geschäftsbereiche
erfolgen im Juni. Wie Vorstandschef Jürgen Dormann in
der Bilanzpressekonferenz am 12. März 1997 darlegte,
wird die Hoechst AG dann selbst keine Geschäfte mehr
führen, sondern als Holdinggesellschaft fungieren.
Damit findet ein Wandel seinen Abschluß, der
vor drei Jahren in Angriff genommen wurde, um das
Unternehmen beweglicher zu machen und stärker auf die
internationalen Wachstumsmärkte auszurichten. Besonders
im Visier hatte der Vorstand dabei, mit den verschiedenen
Geschäften hohe Wertsteigerungen zu erzielen. Die
Schwerpunkte liegen auf den innovativen Zukunftsmärkten
Gesundheit, Landwirtschaft/Ernährung, den Ausbau der
Biotechnologie, einheitliche Führung der Geschäfte und
einer Organisation mit dezentraler, marktnaher
Geschäftsverantwortung, wie Dormann ausführte.
Wachstumsmotor HMR
Das besondere Engagement gelte dem Pharmamarkt und der
weltweit einheitlichen Gesellschaft Hoechst Marion
Roussel (HMR), die ein Betriebsergebnis von 2.249
Millionen DM (nach 709 Millionen DM in 1995) ausweist.
Darin ist der Gewinn aus dem Arbeitsgebiet Impfstoffe mit
169 Millionen DM enthalten. Der Zuwachs stammt zu rund
500 Millionen DM aus dem operativen HMR-Geschäft und im
übrigen aus dem Verkauf von Beteiligungen und
Produktrechten sowie geringeren Strukturmaßnahmen als im
Vorjahr. HMR werde sich auf innovative Wirkstoffe und
Verfahren konzentrieren, mit denen häufig auftretende
und schwerwiegende Erkrankungen geheilt werden könnten.
Pro Jahr sollen ab 1999 mindestens zwei neue Wirkstoffe
pro Jahr auf den Markt gebracht werden.
Der Intergrationsprozeß von HMR verläuft laut Dormann
planmäßig und habe gerade jetzt wieder neue Impulse
erhalten durch den vollständigen Erwerb der Aktien an
Roussel Uclaf. Seit dem 11. März sei die Notierung an
der Pariser Börse erloschen. Die Übernahme kostete
Hoechst 5,4 Milliarden DM. Gemeinsam mit Ariad
Pharmaceuticals werde HMR neben dem Entwicklungszentrum
in Bridgewater/USA in Cambridge ein Biotechnologiezentrum
aufbauen, um Erbinformationen zu entschlüsseln, die für
Krankheiten ursächlich sind und um gezielt Wirkstoffe
dagegen zu entwickeln.
Behring Diagnostics gestärkt: Joint venture Dade Behring
Von minus 8 auf plus 88 Millionen DM hat sich
das Geschäft von Behring Diagnostics verbessert, das
1996 durch Erwerb und Eingliederung des amerikanischen
Herstellers Syva belastet war. Mit Syva konnte Hoechst
die Position auf dem amerikanischen Markt ausbauen.
Weitere Konsolidierungen sind laut Dormann aber nötig,
um dem Kostendruck in den Gesundheitsmärkten und den
technischen Innovationen Paroli zu bieten. Deshalb wurde
mit dem amerikanischen Diagnostikaunternehmen Dade
International die Gründung der Joint-
venture-Gesellschaft Dade Behring vereinbart, an der
Hoechst zunächst rund 32 Prozent der Anteile erhält mit
der Option, später die Mehrheit erwerben zu können.
Vorgesehen ist ein Börsengang. Mit einem jährlichen
Umsatzvolumen von 2,3 Milliarden DM würde Dade Behring
in die Gruppe der größten Diagnostikaunternehmen
vorrücken.
Kurz zu den weiteren Unternehmensbereichen: AgrEvo
erzielte ein Betriebsergebnis von 232 Millionen DM (74
Milllionen mehr als 1995). Im Bereich Chemikalen, der
künftig unter dem Namen Celanese geführt werden soll,
ging das Betriebsergebnis um über die Hälfte auf 728
Millionen DM zurück. Der Geschäftsbereich
Spezialchemikalen lag bei 691 (nach 456) Millionen DM.
Trevira mußte einen starken Rückgang des
Betriebsergebnisses von 530 auf 84 Millionen DM
hinnehmen, 212 Millionen DM (87 Millionen DM weniger als
im Vorjahr) waren es im Bereich Standardkunststoffe.
Aus diesen Zahlen wird ersichtlich, weshalb der im
November 1996 angekündigte Börsengang von HMR an die
New Yorker und Frankfurter Börse nun doch nicht erfolgen
soll. Den Gewinn seines Wachstumsmotors möchte Hoechst
nicht derart stark mit den Aktionären teilen, während
in anderen Bereichen das Ergebnis noch keinen Gewinn
bringt. Auch steht die Entscheidung über die Gestaltung
der Geschäftsbereiche Celanese und Ticona (Technische
Kunststoffe) noch aus.
PZ-Artikel von Erdmuthe Arnold, Frankfurt
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