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Einsparungen durch alternative Vertriebsformen?

10.03.1997  00:00 Uhr

- Wirtschaft & Handel

  Govi-Verlag

Einsparungen durch alternative Vertriebsformen?

  Muß es den den Arzneimittelvertrieb in der bewährten Form - Pharmaindustrie, Pharmagroßhandel, Apotheke - denn überhaupt noch so geben? Auf der Handelsblatt-Pharmajahrestagung am 4./5. März in Frankfurt am Main diskutierten Pharmaindustrie, Großhandel und Apotheker über Vertriebswege für Arzneimittel.

So ist für den Arzt und früheren Apothekerassistenten Dr. Klaus-Jürgen Preuß, der die Politik für das Dilemma in der nicht mehr bezahlbaren solidarischen Gesundheitsversorgung verantwortlich macht, nicht einsichtig, daß auf dem Weg eines Arzneimittels vom Hersteller zum Patienten in Deutschland so hohe Kosten anfallen müssen. Sie lägen mit rund 45 Prozent um 20 Prozent höher als in den USA. Eine Behauptung, die in der Diskussion dann aber richtiggestellt wurde mit Verweis auf die in den 45 Prozent enthaltenen 15 Prozent Mehrwertsteuer und den 5prozentigen Rabatt an die GKV.

Nichts bleibt so wie es ist, die Unternehmen müßten sich ändern, war die Botschaft der Unternehmensberatung Roland Berger & Partner. Michael Thiess, durch seine achtjährige Tätigkeit bei Berger als Leiter des internationalen Competence Center Healthcare mit Managementfragen im internationalen Gesundheitswesen vertraut, plädiert für mehr Kundenorientierung der Pharmaindustrie. Er beklagt das "Zuviel an Apotheken" und sieht im künftigen europäischen Pharmamarkt alternative Vertriebswege, die neue Wachstumsmöglichkeiten bieten (Mail-Order, Internet, Apothekenketten, Healthshops und den Supermarkt).

Selbstmedikation nimmt eher moderat zu

Wenig freundlich mit dem Partner Apotheken sprang auch der Leiter der Region Europa des Geschäftsbereichs Consumer Care von Bayer, Diplomkaufmann Burghardt Bruhn, um. Dies wohl auch deshalb, weil der Boom im Selbstmedikationsmarkt nach wie vor ausbleibt und die zehn führenden europäischen Hersteller in diesem Segment nur einen Marktanteil von 28,7 Prozent erreichen. Die Selbstmedikationsmarken haben meist nur lokale Bedeutung.

Dieses moderate Wachstum (zur Entlastung der GKV) könnte laut Bruns nur durch eine Liberalisierung der EU-Gesetzgebung positiv beeinflußt werden, die den Switch weiterer Arzneimittelgruppen etwa für ältere und chronisch erkrankte Menschen erlauben und dafür Werbung zulassen würde. Aufgrund der geringeren Gewinnmarge gerieten dann allerdings die Unternehmer in eine Kostenschere. Der Wettbewerb müsse deshalb das Schmerzmittel aus dem Aldi-Markt zulassen.

Auf dieses Stichwort hatte der Präsident der Apothekerkammer Nordrhein, Karl Rudolf Mattenklotz, gewartet. Da die Politik dagegen stehe, lockte er mit dem Angebot "Puschen Sie uns und die Ärzte" als Multiplikatoren im Selbstmedikationsmarkt. Über das Patienten-Apotheker-Gespräch könne eine Marketingstrategie zum Wohle der Patienten gefahren werden. Hierzu sei allerdings noch Überzeugungsarbeit zu leisten.

Bewährte Kette: Hersteller, Großhandel, Apotheke, Patient

Dr. Bernd Scheifele, Vorstandsvorsitzender des Phoenix Pharmahandels, stellte fest, daß es noch keinen gemeinsamen europäischen Arzneimittelmarkt gebe, dies gelte gleichermaßen für den Großhandelsmarkt. Die Harmonisierung hinke weit zurück, es gebe nur klassische lokale Märkte. Für den Juristen ist der Großhandel volkswirtschaftlich gesehen die sinnvollste Vertriebsschiene, da die Lagerhaltung in den Apotheken sonst deutlich teurer würde. Bei der Vielzahl der Produkte sei dies sogar zwingend. Der Großhandel stelle für alle Hersteller den Marktzugang sicher - diese Grundfunktion sei für die gleichfalls mittelständische Pharmaindustrie äußerst wichtig. 77 Prozent des Arzneimittelumsatzes erfolge im GKV-Markt - er werde ebenso von den Ärzten bestimmt wie die Verordnungen für die Privatversicherten. Eine schnelle, mehrmals tägliche Anlieferung aus dem 90000 Produkte umfassenden Großhandelslager in die Apotheken sei daher eine wichtige Voraussetzung für die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung.

Für Scheifele sind die angedachten alternativen Vertriebsformen unter dem Qualitätsaspekt nicht einsichtig. Ihre Einführung in Deutschland würde den Krankenkassen zudem keine Einsparung bringen. Auch gäbe es keine gesetzlichen Grundlagen hierfür. Der Phagro-Verband sei strikt gegen eine Aufhebung des Verbots von Mehr- und Fremdbesitz in Apotheken, durch die eine hohe Qualität der Arzneimittelversorgung garantiert sei.

Eine weitere Vertriebsform, das Direktgeschäft, gebe es im übrigen schon. Würde es weiter ansteigen, wäre dies für den Pharmagroßhandel mit seiner Mischkalkulation ein großes Problem, da meist nur die typischen Schnelldreher von den Firmen direkt vertrieben werden. Die Mittel- und Langsamdreher müßten dann teurer werden. Phoenix sei für die traditionelle Partnerschaft des Arzneimittelweges Pharmaindustrie, -großhandel, Apotheke und Patient. Allerdings werde darüber nachgedacht, ob der Einsatzes von EDV Kosten einsparen können, hier gebe es Beispiele aus dem Lebensmittelhandel, die eventuell gemeinsam mit den Apotheken umgesetzt werden könnten.

PZ-Artikel von Erdmuthe Arnold, Frankfurt
   

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