»Wo nichts ist, kann noch viel werden« |
Die 135. Bundesverbandstagung fand zum ersten Mal in der Geschichte des BPhD in Brandenburg statt. Es ist das einzige Flächenland ohne eigenen Pharmaziestandort. / Foto: Julia Lanzenrath
Es war die Idee einiger ehemaliger BPhD-Vorstandsmitglieder, als fiktive »Fachschaft Cottbus« rund 150 Pharmaziestudierende nach Brandenburg einzuladen. Dies ist das einzige Flächenland, in dem es nicht möglich ist, Pharmazie zu studieren – trotz dramatischem Fachkräftemangel. Als Tagungsort diente die Technische Hochschule in Brandenburg.
Die amtierende Verbandspräsidentin Johanna Kintrup begrüßte die Delegierten der 22 Fachschaften. Sie stimmte die Studierenden auf ein Wochenende mit zahlreichen Diskussionen, Soft-Skill-Trainings und Workshops ein. Das Angebot reichte von einem Clinical-Skills-Event, durchgeführt vom Präsidenten der European Society of Oncology Pharmacy Klaus Meier, über das Fachschaften-Diskussionsforum bis hin zum Austausch über eine Zukunftsvision für die Offizin. Letztere solle die Grundlage für ein Positionspapier bilden, welches sich mit der studentischen Vorstellung von der Zukunft des Apothekerberufs vor allem in der öffentlichen Apotheke beschäftigen soll, so Kintrup. Die Pharmazie in Brandenburg zu etablieren, sei dem BPhD ein wichtiges Anliegen, um den allseits bekannten Fachkräftemangel zu entschärfen. »Wo nichts ist, kann noch viel werden«, betonte die BPhD-Präsidentin.
Bei der Partnermesse stellte Julia Lanzenrath im Rahmen der BPhD-Verbandstagung den StudiClub der Avoxa Mediengruppe vor. / Foto: Verena Maute
Dieses drängende Thema nahm auch Jens Dobbert, Präsident der Apothekerkammer Brandenburg, in seinem Grußwort auf. Er berichtete von den mühsamen Verhandlungen mit der Politik, einen Pharmaziestandort im Flächenland Brandenburg zu etablieren, die seit mindestens 13 Jahren laufen. Auch der Vorschlag, eine gemeinsame »Hochschule für Heilberufe« für Pharmazie-, Medizin- und Zahnmedizinstudierende in Cottbus zu gründen, sei von der Politik nicht angenommen worden. Mit Blick auf die Landtagswahlen 2024 lud Dobbert die Studierenden ein, sich bei den Gesprächen mit der neuen Landesregierung gemeinsam mit ihm für dieses Anliegen erneut einzusetzen.
Eine Untersuchung aus dem Jahr 2015 habe einen Bedarf von 1000 Apothekern und Apothekerinnen im Land Brandenburg für das Jahr 2025 ermittelt, verbessert habe sich die Situation allerdings noch nicht. »Es ist nicht fünf vor zwölf, sondern fünf nach zwölf«, schätzt Dobbert die Situation ein. Dennoch lohne sich ein Pharmaziestudium nach wie vor. Aus seiner Sicht werde es immer Apotheker geben, das Berufsbild werde sich jedoch wahrscheinlich ändern. Die Politik sei dabei, ein effizientes Arzneimittelsystem, das bislang die Versorgungssicherheit gewährleistet, zu zerstören. »Wir versuchen alles, damit das nicht passiert«, stellte Dobbert klar.
In einem Festvortrag sprach Professor Dr. Dawid Pieper, Versorgungsforscher an der Medizinischen Hochschule Brandenburg, über die speziellen Herausforderungen des Landes Brandenburg für die Gesundheitsversorgung. Das Land sei aufgrund der Altersstruktur von einer erhöhten Krankheitslast in der Bevölkerung betroffen. Hinzu komme ein Rückgang der Vollzeittätigkeit bei den Erwerbstätigen um 14 Prozent in den letzten zehn Jahren. Zudem habe das Land mit 162 Vertragsärzten pro 100.000 Einwohner die niedrigste Arztdichte in Deutschland. Zum Vergleich: In Hamburg und Bremen liege dieser Wert bei jeweils 229.
Grundsätzlich bedeute jede Schließung einer Apotheke oder eines Krankenhauses einen großen Einschnitt in die Gesundheitsversorgung in einem Flächenland wie Brandenburg, sagte Pieper. Digitalisierung und Telemedizin seien zwar wichtige ausgleichende Maßnahmen, könnten die persönliche Betreuung aber nicht ersetzen. Er wünscht sich eine bessere interprofessionelle Zusammenarbeit und eine stärkere Einbeziehung von Apothekern in die Versorgung. Um pharmazeutisches Personal nach Brandenburg zu holen, sei ein eigener Pharmazie-Standort unabdingbar. Man habe bereits bei den Medizinern den sogenannten »Klebeeffekt« beobachtet, den man auch bei angehenden Pharmazeuten sehen möchte: Sie bleiben mit höherer Wahrscheinlichkeit in dem Land, in dem sie ihre Ausbildung erhalten haben.
Im Rahmen der BVT haben die Delegierten ein Positionspapier zum Praktischen Jahr (PJ) verabschiedet. Dieses zielt darauf ab, »eine Vision zu einem übergeordneten Ausbildungsziel im PJ« zu entwickeln, erläuterte Teram K. Fritzenschaft, BPhD-Beauftragter für PJ und Beruf. Weitere Positionen betonen unter anderem die Notwendigkeit, Nachhaltigkeitsaspekte frühzeitig in die pharmazeutische Lehre zu integrieren. Zudem werden zahlreiche Ämter zum 1. Januar 2024 neu besetzt. So übernimmt beispielsweise Anna Gommlich (Jena) das Amt der Generalsekretärin, Philip Pohl (Heidelberg) wird Beauftragter für Interprofessionelles und Maximilian Bergmann (Hamburg) Beauftragter für Externes. Die nächste BVT findet im Frühjahr 2024 in Hamburg statt.