Wo Amazon und Doc Morris Nachbarn werden |
Cornelia Dölger |
22.03.2021 09:00 Uhr |
Viel Fläche: Auf insgesamt 66.000 Quadratmetern wird der US-Handelsriese Amazon im Gewerbepark Avantis demnächst residieren. Der Onlineversender Doc Morris ist schon länger da. / Foto: picture alliance / ANP
Auf der Grenze zwischen Aachen und der niederländischen Gemeinde Heerlen liegt der Gewerbepark Avantis. Er war in der Region offenbar lange als eine Art Ladenhüter bekannt; zumindest wollten sich dort laut mehreren Medienberichten über Jahre nicht genügend Unternehmen ansiedeln, um das Gebiet und damit die beiden Kommunen, denen es gehört, prosperieren zu lassen. Es gab demnach wenig Bebauung und viel freie Fläche – die Grundstücke, auf denen sich vorzugsweise Hightech- oder hochwertige Dienstleistungsfirmen niederlassen sollten, waren den Berichten zufolge für viele Interessenten schlicht zu teuer. Zudem waren es angeblich auch Feldhamster, die die ambitionierten Pläne für ein Hightech-Zentrum mit Tausenden Arbeitsplätzen durchkreuzten.
Seit Gründung des Avantis-Parks Ende der 1990er Jahre passierte jedenfalls zunächst nicht viel, bis das Konzept im Jahr 2012 neu ausgerichtet wurde. Nicht mehr nur noble Hightech-Konzerne, sondern auch Logistik- und Produktionsunternehmen wurden zugelassen. Der Plan ging auf, die Grundstückspreise fielen und es meldeten sich mehr Interessenten als zuvor. Seitdem haben sich laut Avantis-Website dort Firmen wie die Beratungs- und Dienstleistungsfirma PEM Motion GmbH & Partner, der Heizkörperproduzent Stelrad oder ein Unternehmen für Pflegeinnovationen angesiedelt. Auch die Post/DHL unterhält dort demnach einen Innovationspark.
2014 zog dort zudem auf einer Gesamtfläche von 30.000 Quadratmetern der Online-Versender Doc Morris ein, ein alter Bekannter für Apotheker und bald neuer Nachbar für Amazon. Zum Spatenstich schrieb der damalige CEO Olaf Heinrich an die Presse: »Wir sind davon überzeugt, mit Avantis einen Standort zu haben, der uns die idealen Rahmenbedingungen für unser weiteres Wachstum bietet.« Später erweiterte Doc Morris sein Distributionszentrum noch einmal um 20.000 Quadratmeter.
Das geplante Verteilzentrum von Amazon soll 9000 Quadratmeter umfassen, berichten verschiedene Medien, umgeben von einer riesigen Fläche für die Fahrzeug- und Parkplatzinfrastruktur. Insgesamt wird der Konzern demnach auf 66.000 Quadratmetern residieren. In dem Zentrum sollen die Pakete für den Großraum Aachen erfasst, sortiert und verladen werden, was auf deutscher und auf niederländischer Seite für insgesamt 170 Arbeitsplätze sorgen solle, kündigte der Regional-Direktor bei Amazon Logistics Deutschland, Karsten Frost, an. Hinzu kommen demnach bis zu 350 Fahrerjobs bei Lieferpartnern, die die Pakete zu den Kunden bringen. In der Weihnachtszeit sollen es noch einmal deutlich mehr werden.
Überschaubare 170 reguläre Jobs auf einer Firmenfläche von insgesamt 66.000 Quadratmetern – das stößt den Gewerkschaften in der Region sauer auf. Die Zahl sei »ein sehr mageres Ergebnis für die wenigen Restflächen, die wir für industrielle Ansiedlung in der Region noch haben«, sagte Ralf Woelk, Geschäftsführer des DGB Aachen, den »Aachener Nachrichten«. Das müsse ein »deutliches Alarmsignal« für all jene sein, »die versuchen, den Strukturwandel erfolgreich zu gestalten«. Auch die Frage nach den tariflichen Bedingungen für die künftigen Mitarbeiter sowie nach der oftmals kritisierten Steuermoral des US-Giganten warfen die Gewerkschafter auf.
Aachens Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen sagte bei der Vorstellung des Projekts Anfang März mehreren Medien, man wolle den Prozess »kritisch begleiten«. Wichtig sei, »dass wir hier in Avantis in die Ansiedlung kommen und Arbeitsplätze schaffen. Aber wir werden sicherlich ein Auge darauf werfen, wie die Arbeitsbedingungen im Detail sind«. Amazon sei »sicherlich ein Arbeitgeber mit Potential«. Heerlens Stadtvertreter Martin de Beer betonte, es unterstreiche die Attraktivität der Region, wenn sich ein internationales Unternehmen auf 9000 Quadratmetern Fläche ansiedele. Inzwischen sind demnach mehr als drei Viertel der Gesamtfläche vermarktet. Wenn es so weitergehe, rechnete Stadtdezernent Manfred Sicking vor, seien in drei Jahren alle Flächen auf Avantis verkauft.