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Tag der Pharmazie in Marburg
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Wissenschaft trifft pharmazeutische Praxis 

Der diesjährige Tag der Pharmazie an der Philipps-Universität Marburg bot erneut einen lebendigen Einblick in Forschung, Lehre und berufspraktische Perspektiven des Fachbereichs. Zwei Antrittsvorlesungen und insgesamt 27 Poster spiegelten die Vielfalt aktueller Projekte der Arbeitsgruppen wider und luden Studierende, Promovierende, Mitarbeitende und Lehrende zu Gesprächen in Foyer und Hörsaal ein.
AutorKontaktChristof Wegscheid-Gerlach
Datum 11.12.2025  11:00 Uhr

In seiner Begrüßung hob Prodekan Professor Dr. Carsten Culmsee die Bedeutung des interdisziplinären Dialogs hervor, der den gesamten Veranstaltungstag prägen sollte. Der diesjährige Tag der Pharmazie biete eine besondere Gelegenheit, dem wissenschaftlichen Beirat des Fachbereichs die aktuellen Aktivitäten vorzustellen.

Die Vizepräsidentin für Bildung, Professor Dr. Yvonne Zimmermann, erläuterte die Bedeutung des größten und eigenständigen pharmazeutischen Fachbereichs in Deutschland für die Philipps-Universität. Die wissenschaftliche Stärkung durch die zwei neu berufenen Professorinnen Höfer und Schützenmeister unterstreiche zusätzlich den Beitrag des Fachbereichs zu den strategischen Forschungsschwerpunkten der Universität.

Dr. Christian Ude, Präsident der LAK Hessen, würdigte das Format des Tags der Pharmazie. Er hob hervor, wie essenziell die Verbindung von wissenschaftlicher Pharmazie und pharmazeutischer Praxis für einen modernen, wissenschaftlich geprägten Heilberuf bleibt. Die Fortbildungen in Marburg bieten hierfür ebenfalls eine ideale Plattform, auf der sich Studierende, Promovierende und pharmazeutisches Fachpersonal gemeinsam weiterbilden und austauschen können. Ein wichtiger Aspekt dabei sei, dass die Liebe zum Fach nicht verloren gehen soll.

Professor Dr. Katharina Höfer leitet die Arbeitsgruppe Pharmazeutische Biotechnologie und forscht zur Regulation bakterieller Genexpression, insbesondere zu RNA-Modifikationen wie NAD-capped RNAs und der von ihrem Team entdeckten RNAylierung. Nach Studium, Promotion und Postdoc-Zeit in Heidelberg leitete sie ab 2020 eine Gruppe am MPI für terrestrische Mikrobiologie, erhielt 2024 eine LOEWE-Spitzenprofessur und trat diese 2025 in Marburg an. Sie wird durch DFG und ERC gefördert, ist Teil des Exzellenzclusters M4C und wurde 2024 unter anderem mit dem Otto-Meyerhof-Preis und der EMBO-Auszeichnung »Young Investigator« geehrt.

Antrittsvorlesungen

Sie eröffnete ihre Antrittsvorlesung damit, dass ein scheinbar einfaches Pflanzenblatt von einer unsichtbaren Mikrobenwelt mit nützlichen Bakteriophagen besiedelt ist, und gab in humorvollen »Phun Phacts« einen Überblick über deren Bedeutung sowie die wechselvolle Geschichte der Phagentherapie. Sie zeigte, wie Phagen heute zentrale Werkzeuge der Molekularbiologie darstellen – etwa durch das CRISPR-Cas-System oder die T7-RNA-Polymerase, die auch für die Herstellung von mRNA-Impfstoffen genutzt wird – und betonte ihr Potenzial im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen. Im zweiten Teil stellte sie ihre Forschung zur RNAylierung vor, bei der NAD-modifizierte RNAs als »fünfter Baustein« Proteine kovalent verändern, und erläuterte, wie ihre Methode NAD-capture-Seq neue Einblicke in bakterielle Genregulation und mögliche medizinische Anwendungen eröffnet.

Seit August 2025 leitet Professor Dr. Nina Schützenmeister am Institut für Pharmazeutische Chemie die AG »Medizinische Synthesechemie« mit den Schwerpunkten Totalsynthesen von Naturstoffen und Entwicklung neuer Antiinfektiva. Die Professur wird aus Mitteln des Professorinnenprogramms 2030 des BMFTR gefördert. Sie hat an der ETH Chemie studiert und 2012 in Göttingen bei Professor Tietze promoviert. Nach Postdoc-Aufenthalten in Göttingen und Bristol (Professor Aggarwal) – finanziert durch ein DFG-PostDoc-Stipendium, war sie ab 2015 W1-Professorin für medizinische Chemie an der Uni Hamburg. 2020 wechselte sie als Assistenzprofessorin an die Uni Wien. In diesem Jahr wurde sie auch mit dem Chemistry Journals Award ausgezeichnet. Die Arbeiten von Nina Schützenmeister und ihrem Team zeigen, wie clevere Synthesestrategien Naturstoffe und Analoga effizient und skalierbar für die Wirkstoffforschung zugänglich machen. Für ihre Arbeiten erhielt sie 2021 den Innovationspreis Medizinische/Pharmazeutische Chemie der GDCh und DPhG.

In ihrer Vorlesung zeigte sie anhand historischer Meilensteine der Totalsynthese, wie Naturstoffe wichtige Impulse für die Wirkstoffentwicklung liefern. Sie leitete daraus die Prinzipien der »Green Chemistry« für die Wirkstoffsynthese ab und verdeutlichte mit Beispielen aus ihrer eigenen Forschung, wie nachhaltige, schutzgruppenfreie und atomökonomische Strategien moderne Arzneistoffsynthesen effizienter und umweltfreundlicher machen können. Mit Humor und Klarheit schilderte sie zudem die typischen Höhen und Tiefen eines Totalsyntheseprojekts und machte so die Faszination komplexer Synthesewege auch für Fachfremde greifbar.

Austausch und Workshops

Am zweiten Tag stand der Austausch zwischen Wissenschaft, Studierenden und Berufspraxis im Mittelpunkt: Während sich der wissenschaftliche Beirat mit Dekanat und Institutsvertretungen über aktuelle Aktivitäten informierte, nahmen Studierende und Promovierende an zahlreichen Workshops teil. Diese boten Einblicke in Pharmaindustrie, öffentliche und klinische Apotheken, Krankenhauspharmazie sowie Zukunftstechnologien der Arzneimittelherstellung – unter anderem durch Beiträge von Temmler Pharma/Aenova, Boehringer Ingelheim, der Zentralapotheke der Mühlenkreiskliniken der Lahnapotheke Marburg und der Brücken Apotheke Heringen.

Ergänzt wurde das Programm durch Workshops zu Qualitätssicherung in der Impfstoffproduktion (GSK Vaccines Marburg) und zu innovativen Oligonukleotid-Therapeutika (BioSpring). Der Tag der Pharmazie an der Philipps-Universität Marburg wurde so zu einer lebendigen Plattform für Austausch, Orientierung und Inspiration in allen Bereichen der pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis.

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