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Brustkrebs

Wirkstoffe auf der Zielgeraden

Im Oktober ist Brustkrebsmonat: Er sensibilisiert für die Situation von Erkrankten und stellt die Bedeutung von Prävention, Früherkennung und Forschung in den Fokus. Letztere hat viele interessante Kandidaten in der Pipeline.
Manfred Schubert-Zsilavecz
08.10.2024  07:00 Uhr

Brustkrebs ist weltweit die am häufigsten diagnostizierte Krebserkrankung und für die meisten krebsbedingten Todesfälle bei Frauen verantwortlich. Rund 70.000 Frauen und 700 Männer erkranken in Deutschland jährlich an einem Mammakarzinom. Dank innovativer, zielgerichteter Therapien hat sich die Prognose der Betroffenen in den letzten Jahren deutlich verbessert. Dennoch besteht auch angesichts der heterogenen Erkrankung  ein hoher Bedarf an neuen Wirkstoffen. Die Pipeline ist gut befüllt und umfasst sowohl Wirkstoffe aus bereits zugelassenen Arzneistoffklassen als auch Kandidaten mit neuen Wirkmechanismen.

Vier orale selektive Estrogenrezeptor-Degrader

Eine bedeutende Rolle spielen weiterhin hormonelle Therapien (Tabelle). Mit Giredestrant, Camizestrant, Imlunestrant und Palazestrant befinden sich vier orale selektive Estrogenrezeptor-Degrader (SERD) in Phase-III-Studien. Teilnehmerinnen sind Patientinnen mit Brustkrebs im Frühstadium mit positivem Status für den Hormonrezeptor und negativem Status für den humanen epidermalen Wachstumsrezeptor 2 oder mit einem Tumor im metastasierten Stadium. Die Wirksamkeit von Palazestrant wird nur bei Brustkrebs im metastasierten Stadium untersucht. Weitere Hormontherapien in später Phase der klinischen Entwicklung sind der selektive Estrogenrezeptor-Modulator (SERM) Lasofoxifen sowie das auf den Abbau des Estrogenrezeptors abzielende PROTAC Vepdegestrant und der selektive Androgenrezeptor-Modulator (SARM) Enobosarm.

Arzneistoffkandidat Unternehmen Wirkmechanismus
Giredestrant Roche SERD
Camizestrant AstraZeneca SERD
Imlunestrant Eli Lilly SERD
Palazestrant Olema Pharmaceuticals SERD
Lasofoxifen Sermonix Pharmaceuticals SERM
Vepdegestrant Arvinas/Pfizer ER PROTAC Degrader
Enobosarm Veru SARM
Inavolisib Roche PI3K-Inhibitor
Gedatolisib Celcuity PI3K / mTOR-Inhibitor
Datopotamab deruxtecan AstraZeneca TROP2-ADC
Sacituzumab tirumotecan Merck/Kelun-Biotech TROP2-ADC
BNT-323 BioNtech HER2-ADC
Atirmociclib Pfizer CDK4-Inhibitor
Eftilagimod alpha Immutep LAG3-Protein, MHC II-Agonist
Saruparib AstraZeneca PARP-Inhibitor
Zanidatamab Jazz Pharmaceuticals/BeiGene HER2-bispezifischer Antikörper
Tabelle: Ausgewählte Arzneistoffkandidaten für die Brustkrebsbehandlung in der Phase-III-Pipeline für Brustkrebs oder im Zulassungsverfahren (FDA)

Aus der Gruppe der Phosphoinositid-3-Kinase-(PI3K-)Inhibitoren werden mit Inavolisib und Gedatolisib zwei Kandidaten für HR-positiven/HER2-negativen Brustkrebs mit Metastasen untersucht. Aktuell befindet sich Inavolisib in einem beschleunigten Zulassungsverfahren der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA, deren Entscheidung für Ende November 2024 erwartet wird.

Ein selektiver CDK4-Inhibitor der nächsten Generation ist Atirmociclib. Er wird bei HR-positiven/HER2-negativen Patientinnen mit Metastasen getestet, deren Erkrankung unter einem CDK4/6-Inhibitor fortgeschritten ist. Ebenfalls als Erstlinienbehandlung erprobt wird eine Kombination aus dem PARP-Inhibitor Saruparib, einem CDK4/6-Inhibitor und Camizestrant bei HR-positiven/HER2-negativen-Patientinnen mit Metastasen und mit BRCA1/2- oder PALB2-Mutationen. Einen Rückschlag musste Mitte des Jahres der CDK4/6-Inhibitor Trilaciclib einstecken. In der Phase-III-Studie PRESERVE 2 konnte der Wirkstoffkandidat als Erstlinientherapie bei Patientinnen mit metastasiertem triple-negativen Brustkrebs (TNBC) das Gesamtüberleben gegenüber einer Chemotherapie nicht verbessern.

Antikörper-Wirkstoff-Konjugate im Aufwind

Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (Antibody-Drug Conjugates, ADC) befinden sich in der Onkologie im Aufwind, so auch bei der Behandlung von Brustkrebs. Das gegen Trop-2 gerichtete ADC Datopotamab Deruxtecan (Dato DXd) wird in fünf Phase-III-Studien untersucht. Eine Studie bei chemotherapeutisch behandeltem metastasierten HR-positiven/HER2-negativen Brustkrebs erreichte den primären Endpunkt. Dato DXd befindet sich in mehreren Ländern im Zulassungsverfahren. Eine Entscheidung der FDA wird für Ende Januar 2025 erwartet. Dato DXd wird auch beim triple-negativen Brustkrebs umfassend geprüft.

Ein weiteres gegen Trop-2 gerichtetes ADC ist Sacituzumab Tirumotecan. Es wird bei Chemotherapie-naivem HR-positiven/HER2-negativen metastasierten Brustkrebs und bei Patientinnen mit triple-negativem Brustkrebs ohne pathologische Komplettremission nach neoadjuvanter Behandlung getestet.

Aktivierung von Antigen-präsentierenden Zellen

Zudem befinden sich zwei gegen HER2 gerichtete Wirkstoffkandidaten in der klinischen Prüfung: Das ADC BNT-323 wird bei Chemotherapie-naivem HR-positiven/HER2-low metastasierten Brustkrebs untersucht, der bispezifische Antikörper Zanidatamab bei metastasiertem HER2-positiven Brustkrebs.

Zu den Immuntherapeutika in der Spätphase der klinischen Entwicklung gehören der PD-L1-Inhibitor Durvalumab und das lösliche LAG-3-Protein Eftilagimod α. Letzteres wird vom australischen Biotech-Unternehmen Immutep entwickelt und stimuliert sowohl das angeborene als auch das adaptive Immunsystem zur Krebsbekämpfung. Als erster Aktivator von Antigen-präsentierenden Zellen (APC) bindet Eftilagimod α an MHC-Moleküle der Klasse II auf APC, was zur Aktivierung und Vermehrung von zytotoxischen CD8+-T-Zellen, CD4+-Helfer-T-Zellen, dendritischen Zellen, NK-Zellen und Monozyten führt. Zudem wird die Expression wichtiger biologischer Moleküle wie IFN-γ hochreguliert, die die Fähigkeit des Immunsystems zur Krebsbekämpfung weiter steigern. Eftilagimod α wird bei einer Reihe von soliden Tumoren geprüft, unter anderem beim metastasierten HER2-negativen Brustkrebs.

Marktanalyse für Brustkrebsmedikamente

Nach Berechnungen des Analyse-Instituts Clarivate™ beliefen sich die Umsätze mit Medikamenten gegen Brustkrebs im Jahr 2023 auf rund 28 Milliarden US-Dollar (25,3 Milliarden Euro). Den Großteil machten davon CDK4/6-Inhibitoren mit 9,1 Milliarden US-Dollar (8,2 Milliarden Euro) und HER2-Medikamente mit 9,6 Milliarden US-Dollar (8,6 Milliarden Euro) aus (Abbildung). Für den Markt wird ein jährliches Umsatzwachstum von 6,7 Prozent auf rund 50 Milliarden US-Dollar (45,1 Milliarden Euro) im Jahr 2032 vorausgesagt.

Im Jahr 2032 wird für die CDK4/6-Inhibitoren ein Umsatz von rund 15 Milliarden US-Dollar (13,6 Milliarden Euro) prognostiziert, wobei rund 60 Prozent auf das Segment der HR-positiven/HER2-negativen Therapien im Frühstadium entfallen werden. Aufgrund der langen Behandlungsdauer werden erhebliche Umsätze mit Ribociclib (4,1 Milliarden US-Dollar/3,7 Milliarden Euro) und Abemaciclib (4,4 Milliarden US-Dollar/3,9 Milliarden Euro) für die adjuvante Behandlung vorausgesagt.

Die Analysten gehen davon aus, dass Trastuzumab Deruxdecan im Jahr 2032 mit knapp 10 Milliarden US-Dollar (9 Milliarden Euro) der umsatzstärkste Arzneistoff bei Brustkrebs sein wird, was circa 50 Prozent des Umsatzes mit HER2-adressierenden Arzneistoffen ausmachen wird. Auf Trop-2 ausgerichtete Arzneistoffe werden voraussichtlich rund 4,6 Milliarden US-Dollar (4,2 Milliarden Euro) entfallen.

Die Umsatzprognosen lassen erwarten, dass weit mehr Frauen als heute Zugang zu innovativen Brustkrebs-medikamenten haben werden. Zugleich verdeutlichen die Zahlen, dass solidarisch finanzierte Gesundheitssysteme wie in Deutschland weiter unter hohem Finanzierungsdruck stehen werden.

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