»Wir kämpfen nicht nur für uns« |
Daniela Hüttemann |
31.05.2023 11:00 Uhr |
Kammerpräsident Klaus Scholz (ganz links), Geschäftsführerin Dr. Isabel Justus (ganz rechts), dazwischen die Vorstandsmitglieder Sebastian Köhler, Christina Jäger, Axel Stellings und Christina Kösters. Sie stehen für die rund 500 Bremer Apothekerinnen und Apotheker. / Foto: PZ/Daniela Hüttemann
Natürlich sind es wie im ganzen Land die Lieferengpässe, die die Bremer Apotheken mit am meisten beschäftigen. Den derzeitigen Mangel an Antibiotika-Säften bezeichnete Kammerpräsident Klaus Scholz bei der gestrigen Kammerversammlung als Katastrophe. »Die punktuelle Erhöhung der Festbeträge durch Herrn Lauterbach, der meint, wir seien mit dem Schlimmsten durch, wird nicht viel bringen«, so seine Einschätzung. »Uns hilft nur eine Verstetigung der Abgabe-Erleichterungen.«
Allerdings nicht nur: Die Mehrarbeit sei mit den derzeit im Gesetzentwurf stehenden 50 Cent pro bearbeitetem Lieferengpass nicht bezahlt. Außerdem sei alles nur mit mehr Personal zu stemmen. Das ist nicht nur schwer zu finden, sondern will zurecht auch besser bezahlt werden. »Wir brauchen also nach Jahren der Stagnation eine Honorarerhöhung«, forderte Scholz.
Tatsächlich sinkt die Apothekenzahl im Bundesland Bremen weiter, vor allem im Stadtbereich. Nach einem Höchststand von knapp 200 Betrieben liegt die Apothekenzahl aktuell bei 135, davon 103 Hauptapotheken. Weitere endgültige Schließungen sind bereits angekündigt, erläuterte Kammergeschäftsführerin Dr. Isabel Justus und fragt sich: »Wie klein kann ein Kammerbereich werden?«
Aktuell habe die Kammer 502 Mitglieder, davon aber nur 371, die in öffentlichen Apotheken arbeiten. Von einer eigenen pharmazeutischen Fakultät in Bremen könne man nur träumen, hatte Scholz zuvor gesagt. Es wurde eine neue Arbeitsgruppe gegründet, um neue Lösungen für die Notdienste zu entwickeln.
Eine bessere Bezahlung der Mitarbeitenden sei auch eines der schlagenden Argumente für den bundesweiten Protesttag am 14. Juni. Die Kammer selbst ruft zwar nicht dazu auf, will aber geschlossene Apotheken nicht sanktionieren, sondern ihre Mitglieder sogar unterstützen. Es müsse ganz klar werden, dass die Apotheken an diesem Tag nicht ihre Patienten verärgern wollen, sondern für deren Arzneimittelversorgung und ihre Mitarbeitenden kämpfen. Die notdiensthabenden Apotheken müssen allerdings geöffnet bleiben.
Ein Stimmungsbild der knapp 50 anwesenden Kammermitglieder ergab, dass die Mehrheit mitmachen will, doch einige sind noch zögerlich. Einen leidenschaftlichen Appell, sich zu beteiligen, machte Christiane Lutter, Vorsitzende des Bremer Apothekerverbands, am Ende der Kammerversammlung.
»Wir protestieren nicht für die eigene Apotheke, sondern den Erhalt der Strukturen und uns als Apothekerschaft insgesamt«, betonte auch die Verbandsvorsitzende. »Es ist kein Streik, sondern ein Protest gegen die Missachtung der Politik für die Nöte der Apotheken, die wir in den kommenden Monaten und Jahren noch deutlicher spüren werden – es wird für jeden von uns eng.«
Die geplanten 50 Cent für das Lieferengpass-Management bezeichnete Lutter als »entwürdigend« und »Klatsche für unsere gute Arbeit, die wir jeden Tag machen«. »Seien Sie mutig, machen Sie Ihren Protest deutlich«, forderte Lutter auf. Es gehe nicht darum, die Apotheken einfach zu schließen, sondern davor zu stehen, am besten mit dem ganzen Team, und zu informieren, betonten die Verbandsvorsitzende und der Kammerpräsident gemeinsam. Wer mietvertraglich nicht schließen darf, zum Beispiel Center-Apotheken, sollte zumindest das Licht ausmachen, Plakate aufhängen und vor allem informieren.
»Briefen Sie Ihre Mitarbeiter mit den wichtigsten Schlagworten und Argumenten und nutzen Sie das Kampagnenmaterial, das den nächsten beiden PZ-Ausgaben beiliegen wird und unter www.apothekenkampagne.de downloadbar ist.« Zusätzlich will der Verband eine Aktion im weißen Kittel auf dem Bremer Marktplatz organisieren, zu dem die Presse eingeladen wird.
Der Verband hofft auf Geschlossenheit und rechnet mit einer großen Resonanz in den Medien und Verständnis der Bevölkerung. Den Protesttag sollte man jetzt schon ankündigen und seine Kunden und Ärzte im Umfeld vorab informieren. »Wir haben nur diesen einen Aufschlag, um der Bevölkerung zu zeigen, wie wichtig wie wir für die Versorgung sind.«