»Wir hören immer wieder dasselbe Totschlagargument« |
Foto: LAK Brandenburg
Bei der heutigen Delegiertenversammlung der LAK Brandenburg hatten die anwesenden Apothekerinnen und Apotheker gleich mehrere Gründe zum Feiern: Am 27. Februar 1992 wurde die Landesapothekerkammer Brandenburg gegründet, in diesem Jahr feiert sie also ihr 30-jähriges Bestehen. Ein weiteres Jubiläum feiert Kammerpräsident Jens Dobbert, Apothekeninhaber aus Brandenburg: Dobbert wurde vor genau zehn Jahren erstmals als Kammerpräsident gewählt. Eine Premiere gab es zudem, weil mit Ursula Nonnenmacher (Grüne) erstmals eine Gesundheitsministerin des Landes die Delegiertenversammlung besuchte.
Und so nutzte Dobbert die Gelegenheit, der Ministerin erneut den seit Jahren unerfüllten Wunsch der Brandenburger Apothekerschaft vorzutragen: die Gründung eines eigenen Pharmazie-Studiengangs in Brandenburg. Die »Mark« ist eines der wenigen Länder, in denen keine Pharmazeuten ausgebildet werden. Weil in den kommenden Jahren insbesondere viele Pharmazieingenieure in den Ruhestand gehen und auch das Durchschnittsalter der Approbierten immer weiter steigt, kämpft die Kammer seit Jahren um einen Studiengang – in der Hoffnung, dass dann der sogenannte Klebeeffekt eintritt und viele Nachwuchsapotheker im Land bleiben.
Aus Dobberts Rede ging allerdings hervor, wie viel Niederlagen und Ablehnung die Kammer seitens der Politik in dieser Angelegenheit schon kassiert hat. Unzählige Gespräche mit Wissenschafts-, Gesundheits- und Finanzministerinnen und -ministern seien bereits geführt worden. »Aber es kommt immer wieder zum gleichen Totschlagargument: ‚Wir verstehen Sie, sind aber nicht zuständig und werden uns mit den anderen Ressorts abstimmen.‘« Selbst bei Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sei er schon gewesen, berichtete Dobbert. Aber auch dort wurde ihm nur versprochen, dass man sich erneut melden werde – was laut Dobbert nie geschah. Dabei hatte die Kammer gemeinsam mit den Kammern der Ärzte und Zahnärzte im vergangenen Jahr ein zukunftsweisendes Konzept erarbeitet: An der BTU in Cottbus wollte man eine »Hochschule der Heilberufe« ins Leben rufen – Ärzte, Zahnärzte und Apotheker hätten so schon eng vernetzt zusammen studieren können. Der damalige Präsident Jörg Steinbach hatte laut Dobbert großes Interesse an dieser Idee. »Aber auch nach unserem Treffen in Cottbus haben wir von Herrn Steinbach nie wieder etwas gehört«, so der Kammerpräsident. Heute ist Steinbach (SPD) Wirtschaftsminister des Landes.
Doch die Personalsituation in den Apotheken wird immer prekärer. Dobbert ging dazu erneut auf eine Fachkräfte-Analyse der Zukunftsagentur Brandenburg ein, aus der hervorgeht, dass das Land bis 2025 zwischen 60 und 100 neue Approbierte benötigt, um den steigenden Bedarf zu decken. Im Schnitt habe man aber pro Jahr 27 neue Apothekerinnen und Apotheker in der Versorgung gehabt, erklärte Dobbert. Der Kammerpräsident versprach aber den Delegierten: »Wir lassen nicht nach.« Noch im Sommer stünden Gespräche mit der privaten Hochschule Medizinische Hochschule Brandenburg (MHB) in Neuruppin an.
Wer nun erwartet hatte, dass die Ministerin bei ihrem Premierenbesuch einen Hoffnungsschimmer für die Apotheker mitgebracht hat, der wurde leider enttäuscht. Denn Nonnenmacher, die auch approbierte Medizinerin ist, stellte gleich zu Beginn ihres Grußworts klar: »Auch ich habe keinen Scheck für eine neue Fakultät in der Tasche.« In zahlreichen Kommentaren, Fragen und Hinweisen wurde Nonnenmacher von den Delegierten auf die Personalsituation in den Apotheken angesprochen. Ihre Antwort: »Auch ich habe inzwischen diverse Gespräche dazu geführt. Dass es in der Lausitz (Cottbus) keinen Pharmazie-Studiengang geben wird, ist final.« Mehrfach wies Nonnenmacher darauf hin, dass die Landesregierung im Haushalt keinen Spielraum sehe. Dass es nun an der Privat-Hochschule MHB einen Studiengang geben könne, wolle sie »im Auge behalten«. Die privat finanzierten Studiengebühren wären sicherlich ein Nachteil. Man könne aber darüber nachdenken, Stipendien anzubieten, so Nonnenmacher. Immerhin gestand sie ein: »Bei den ersten Medizin-Absolventen der MHB können wir einen deutlichen Klebeeffekt feststellen. Viele Jungmediziner sind bei uns in Brandenburg geblieben.«
Die Ministerin bedankte sich zudem mehrfach bei den Apothekerinnen und Apothekern für ihr Engagement während der Coronavirus-Pandemie. »Die Pandemie hat erneut gezeigt, wie sehr Brandenburg die Vor-Ort-Apotheken braucht.« Dass Apotheken teils ohne Vergütung zusätzliche Gemeinwohlaufgaben erbringen, zeige auch, dass die Apotheken »durch den Versandhandel nicht ersetzbar wären«. Ein besonderes Augenmerk richtete Nonnenmacher in ihrer Rede auf die flächendeckende Versorgung. Es sei ihr bewusst, dass die Apothekendichte am Berliner Stadtrand höher sei. »Aber wir brauchen die Apotheken auch auf dem Land«, so die Ministerin. Die Flächendeckung werde in den kommenden Jahren zu einer Herausforderung, prophezeite die Ministerin. In ihrem Ministerium habe man bereits Ideen zur Förderung von Landapotheken diskutiert – etwa Förderprogramme für Apothekerinnen und Apotheker, die sich auf dem Land niederlassen wollen. Aber auch hier gelte: »Nach intensiver Prüfung mussten wir feststellen, dass dies mit Blick auf unsere Haushaltssituation nicht praktikabel ist.«