»Wir haben das ApoRG angehalten« |
Lukas Brockfeld |
23.08.2024 13:48 Uhr |
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Tina Rudolph (links) fand im Gespräch mit PZ-Chefredakteur Alexander Müller kritische Worte für die Reformpläne ihres Gesundheitsministers. / Foto: Gemeinschaft der Heilberufe in Thüringen / Screenshot
Auf Einladung der »Gemeinschaft der Heilberufe in Thüringen« trafen sich am Donnerstag Politikerinnen und Politiker aller großen Parteien in Erfurt, um über ihre Ideen für eine bessere Gesundheitsversorgung zu sprechen. Für die Linke kamen Ralf Plötner und Ates Gürpinar. Die SPD wurde von Tina Rudolph vertreten. Die Grünen schickten Ann-Sophie Bohm und Armin Grau. Für die CDU kamen Christoph Zippel und Simone Borchardt. Die AfD trat mit Wolfgang Lauerwald und Christina Baum an. Robert-Martin Montag und André Byrla vertraten die FDP. Das neu gegründete »Bündnis Sahra Wagenknecht« (BSW) schickte Johannes Nowak. PZ-Chefredakteur Alexander Müller führte als Moderator durch das Programm.
Eines der bestimmenden Themen der Veranstaltung war das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Apotheken-Reformgesetz (ApoRG). Eigentlich sollte es bereits am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen werden, doch der Entwurf schaffte es erneut nicht auf die Tagesordnung. Auf Nachfrage der PZ erklärte das Bundesgesundheitsministerium, man habe das Ziel, »den Gesetzentwurf so schnell wie möglich ins Kabinett zu bringen«. Doch in Erfurt zeigte sich einmal mehr, wie umstritten die Pläne selbst in den Reihen der eigenen Koalition sind.
»Wir haben das Gesetz angehalten«, freute sich FDP-Landtagsabgeordnete Robert Martin Montag. Minister Lauterbach warf er mit Blick auf die Apothekenreform vor, dass er von den Prozessen im Versorgungsalltag wenig Ahnung habe. Montag selbst legte im April ein eigenes Konzept für eine umfassende Honorarreform vor, das unter anderem eine Anhebung und Dynamisierung des Fixums sowie eine Verdoppelung der Notdienstgebühr vorsah.
Auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Tina Rudolph tat sich am Donnerstag schwer mit den Reformplänen ihres Parteigenossen Lauterbach und betonte, dass das Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Angesprochen auf die geplante PTA-Vertretung sagte die Sozialdemokratin: »Ich habe mit vielen Apothekerinnen und Apothekern gesprochen und kenne die Stellungnahme der PTA dazu. Wenn so klar ist, dass die Berufsgruppen es so nicht möchten, dann müssen wir einen anderen Weg finden.«
In der SPD gäbe es allerdings viele Menschen, die sich Apotheken ohne Apotheker grundsätzlich vorstellen können. Für Rudolph kann das allerdings nur eine Notlösung sein. »Wenn die Alternative ist, dass es gar keine Versorgung an einem Ort gibt, dann kann man darüber nachdenken sowas stundenweise zu machen«, erklärte sie. Die Apotheken vor Ort seien in einer schwierigen Situation und müssten gerade gegenüber dem Versandhandel gestärkt werden. Daher sei eine Reform noch in dieser Legislaturperiode notwendig.
Die Thüringer Grünen hatten die Apothekenreform schon zu Beginn der Woche in einer Pressemitteilung scharf kritisiert und die Bundesregierung dazu aufgefordert, dem Gesetz in seiner jetzigen Form nicht zuzustimmen. Auch Armin Grau war am Donnerstag skeptisch. »Es ist völlig klar, wir müssen uns dieses Gesetz, das im Moment noch gar nicht im parlamentarischen Verfahren ist und immer noch im Kabinett hängt, ganz genau angucken. Wir müssen schauen, was man im Interesse der Apotheker und der breiten Versorgung verbessern kann«, erklärte der Grüne Bundestagsabgeordnete.
Gewisse Ansätze des Gesetzes, beispielsweise die Schaffung von mehr Zweigapotheken, seien allerdings diskutabel. »Dieses Gesetz ist noch nicht im parlamentarischen Verfahren und wir müssen schauen, in welcher Form es überhaupt ins Parlament kommt«, führte Grau aus. Auch hob er angesichts der prekären Lage vieler Apotheken die Notwendigkeit einer Reform hervor.
Kritik am Apothekenreformgesetz kam erwartungsgemäß auch von der auf Bundesebene oppositionellen CDU. »Wir können nur hoffen, dass das nicht so kommt. Light Apotheken lehnen wir komplett ab, die Kompetenz muss in der Apotheke bleiben«, sagte Simone Borchardt. Die Christdemokratin verwies auf das im Februar von ihrer Partei vorgelegte 21-Punkte Programm.
»Wir fordern eine Erhöhung des Fixums. Wir fordern eine Abschaffung der Retaxierung wie sie jetzt ist. Es ist völlig unsinnig. Der Apotheker gibt ein Medikament heraus, da fehlt vielleicht nur eine Arztnummer, und dann bekommt er sein Geld nicht. Das kann nicht wahr sein. Auch die Skonti-Regelung der Ampel ist völlig chaotisch«, klagte Borchardt. Leider habe die Bundesregierung die Vorschläge der CDU in Gänze abgelehnt.
Die Apothekenreform war nicht das einige Thema, das in Erfurt diskutiert wurde. Die Politikerinnen und Politiker setzten sich auch ausführlich mit ihren Ideen zur Stärkung der Krankenhäuser und der ambulanten Versorgung auseinander. Nicht alle schienen so tief im Thema zu sein. Wolfgang Lauerwald und Christina Baum von der AfD sprachen sich beispielsweise für eine komplette Entbudgetierung aller ärztlichen Leistungen aus, konnten aber nicht die genauen Kosten ihrer Forderung beziffern. Als Moderator Alexander Müller nach der Finanzierung fragte, schlug Baum die Abschaffung von Genderlehrstühlen und Gleichstellungsbeauftragten vor.
Johannes Nowak vom BSW sprach ausführlich über die mangelhafte Patientensteuerung im deutschen Gesundheitswesen, hatte aber keine konkreten Ideen, wie sich diese verbessern ließe. Auch zu den Zahnärzten und Apotheken, letztere werden im Wahlprogramm des Bündnisses gar nicht erwähnt, wollte er nichts sagen. »Wir mussten unser Wohlprogramm relativ schnell schreiben, da wir es sonst nicht geschafft hätten, uns zur Landtagswahl anzumelden«, erklärte Nowak. Seine sich noch im Aufbau befindliche Partei warte aktuell noch auf einen Apothekenspezialisten.