Pharmazeutische Zeitung online
Parteienpläne

Winterwahlkampf und Lauterbachs Erbe

Die vorgezogene Bundestagswahl stellt die Parteizentralen vor große Herausforderungen. In einem verkürzten »Winterwahlkampf« muss alles schneller gehen als sonst. Das gilt auch für die Erstellung der Wahlprogramme, die im Dezember vorgelegt wurden. Was haben die Apotheken von der nächsten Regierung zu erwarten?
Alexander Müller
09.01.2025  13:00 Uhr

Am Abend des 6. November 2024 trat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor die Presse und erklärte, er habe soeben Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen. Formal kann das zwar nur der Bundespräsident, aber in diesem Moment war klar: Die Ampelkoalition ist zerbrochen. Scholz stellte am 16. Dezember im Bundestag die Vertrauensfrage – und scheiterte wie geplant. Damit war der Weg für Neuwahlen am 23. Februar 2025 frei.

In den Wochen bis zur Wahl kann sich bei den Zustimmungswerten der Parteien noch viel verschieben, doch aktuell deutet viel darauf hin, dass die Union die nächste Regierung anführen wird. Sie liegt in den Umfragen deutlich vorne.

Mögliche Koalitionspartner wären die SPD oder die Grünen – mit viel Fantasie könnte es sogar für ein schwarz-gelbes Bündnis reichen. Dazu müssten die Liberalen allerdings erst einmal den Sprung über die 5-Prozent-Hürde schaffen. Dasselbe gilt für Die Linke und das erstmals bundesweit antretende Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW).

Koalitionen mit der in mehreren Landesverbänden als gesichert rechtsextrem eingestuften AfD haben die demokratischen Parteien ausgeschlossen. Die Generalsekretäre beziehungsweise politischen Geschäftsführer ­haben das sogar in einem »Fairness­abkommen« schriftlich festgehalten. In der »Vereinbarung zu einem fairen Bundestagswahlkampf« ist zudem die Rede von gegenseitigem Respekt und Verzicht auf persönliche Herabwürdigungen.

Union will Apotheken eine Zukunft geben

In den Wahlprogrammen werden die Apotheken erstaunlich oft erwähnt und mit Versprechungen bedacht. Davon kann sich der Berufsstand nichts kaufen, aber es ist allemal besser, positiv erwähnt zu werden als gar nicht. Denn aus den Wahlprogrammen wird irgendwann ein Koalitionsvertrag gestrickt.

CDU und CSU bekennen sich in ihrem gemeinsamen Wahlprogramm mit dem Titel »Politikwechsel für Deutschland« zur Apotheke vor Ort: »Mit einer Apothekenreform stärken wir die Präsenzapotheken und geben ihnen eine Zukunft.« Denn: »Sie sind nicht nur die erste und niederschwellige Anlaufstelle für viele Menschen mit ihren Gesundheitsanliegen. Sie sichern auch verlässlich und dauerhaft die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln rund um die Uhr.«

Die SPD ist damit auf einer Linie: »Wir stärken Apotheken als wichtige Anlaufstellen für Prävention, Therapiebegleitung und eine sichere Arznei­mittelversorgung«, heißt es im Wahlprogramm »Mehr für dich. Besser für Deutschland.«.

Einig sind sich Union und SPD in dem Wunsch, den Pharmastandort Deutschland zu stärken. Die Produk­tion zumindest wieder nach Europa zu verlagern, fordern auch andere Parteien – wenngleich es aufseiten der Industrie und Krankenkassen erhebliche Zweifel an der Finanzierbarkeit gibt. Das Thema Lieferengpässe wird jede neue Regierung angehen müssen.

Unterschiedlich sind die Vorstellungen zum Krankenversicherungssystem: Für die Union ist das Nebeneinander von Krankenkassen und privater Krankenversicherung ein Grundpfeiler des Systems; die SPD strebt wieder in Richtung Bürgerversicherung sowie einer stärkeren Belastung von Besserverdienenden, Stichwort Beitragsbemessungsgrenze.

Mehr Augenhöhe und Freiberuflichkeit

Gegen eine Koalition mit den Grünen positioniert sich aktuell vor allem die CSU. Doch zuletzt war eine deutliche Annäherung zu spüren. Im vorläufigen Wahlprogramm der Grünen – das ­endgültige soll erst am 26. Januar verabschiedet werden – tauchen die Apotheken nur kurz auf: »Die Notfallversorgung, den Rettungsdienst und die Finanzierung der Apotheken wollen wir im Hinblick auf eine gute, flächen­deckende und effiziente Versorgung ­reformieren.«

Weiter heißt es im Programm mit dem Titel »Zusammen wachsen«: »Für die Gesundheitsberufe wollen wir mehr Kompetenzen und so eine bessere Arbeitsteilung und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe erreichen.« In der ­Ampel hatten die Grünen den Kurs von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) unterstützt, PTA mehr Kompetenzen einzuräumen. Wie weit die eigenen Vorstellungen reichen, geht aus dem Papier nicht hervor. Aber die im Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) vorgesehene »Apotheke ohne Apotheker« würde es in einer schwarz-grünen Regierung nicht geben.

Das ApoRG gestoppt hat in der Ampel die FDP über einen Leitungsvorbehalt auf Kabinettsebene. Und die Liberalen versprechen im Wahlprogramm (Titel: »Alles lässt sich ändern«) weitere Unterstützung: »Für eine gute Versorgung mit Arzneimitteln braucht es starke Apotheken. Sie benötigen Voraussetzungen, unter denen sie wirtschaftlich arbeiten können.« An anderer Stelle bekennen sich die Liberalen zur Selbstverwaltung und den Freien Berufen im Gesundheitswesen. »Diese müssen in medizinischen Fragen autonom und frei von Weisungen Dritter entscheiden können.«

Allerdings lag die FDP in den Umfragen im Dezember meist leicht unterhalb der 5-Prozent-Hürde und muss um ihren Wiedereinzug in den Bundestag bangen. Gelingt dieser, könnte es kurioserweise sogar zu einer Regierungs­beteiligung reichen. Wenn gleichzeitig mehrere andere Parteien wie Die Linke und das BSW knapp an der 5-Prozent-Hürde scheitern, reichen tendenziell weniger Prozentpunkte für eine Mehrheitsbildung im Bundestag. Schneidet die Union stark ab, könnte es ein schwarz-gelbes Bündnis geben.

EPA, Reformen – und ein Finanzloch

Egal auf welche Koalition es nach der Wahl hinausläuft: Die neue Regierung steht in der Gesundheitspolitik vor großen Aufgaben. Die gerade beschlossene Krankenhausreform muss umgesetzt werden – gerade die Union sieht hier noch Korrekturbedarf. Mit der Einführung der Elektronischen Patientenakte (EPA) für alle steht zudem das größte Digitalisierungsprojekt des Landes an. Die Teams in den Apotheken werden sich mit einem eher mulmigen Gefühl an den holprigen Start des E-Rezepts Anfang 2024 erinnern.

Und das alles bei fast prekären finanziellen Verhältnissen: Die Beiträge der Krankenkassen steigen teilweise deutlich – und die Prognose sieht nicht heiter aus. Um strukturelle Reformen kommt das Gesundheitswesen nicht herum. Es ist zur gesundheitspolitischen Binsenweisheit geworden, dass die vorhandenen Mittel besser eingesetzt werden müssen. Und trotzdem steht zu befürchten, dass der nächste Bundesgesundheitsminister oder die Ministerin zu Beginn der Legislatur ein »Milliardenloch« im Gesundheitssystem konstatieren und ein Sparprogramm auflegen wird.

Wer zieht ins BMG ein?

Und wer wird neuer Chef oder neue Chefin im Bundesgesundheitsministerium (BMG)? Das Verhältnis der Apothekerschaft zum amtierenden Minister Lauterbach war nicht unproblematisch – wobei das auch von anderen Berufsgruppen und Organisationen zu hören war. Lauterbach selbst würde gern weitermachen. Doch selbst bei einer erneuten Koalition aus Union und SPD wäre das nicht sehr wahrscheinlich.

In die bislang letzte »Groko« im Jahr 2017 war die Union mit einem Wahlergebnis von 32,9 Prozent gegangen, Juniorpartner SPD mit 20,5 Prozent. Die Sozialdemokraten erhielten im Kabinett Merkel IV sechs Ministerien – Gesundheit ging bekanntlich an die CDU mit Jens Spahn als Minister. Nach aktuellem Stand dürfte das Kräfteverhältnis bei einer erneuten Koalition für die SPD kaum günstiger sein.

Wenn die SPD bei den Ministerien zugreifen kann, stünden die Ressorts ­Außen, Arbeit, Wirtschaft, Finanzen und Justiz oben auf der Prioritätenliste; auch Familie und Umwelt dürften auf dem Wunschzettel vor dem Gesundheitsressort stehen. Und dann sind bei der Verteilung der Posten noch die Landesverbände und die Geschlechterparität zu beachten. Unter dem Strich also schlechte Karten für Lauterbach.

Der Rheinländer muss zunächst sein Direktmandat im Wahlkreis Leverkusen-Köln IV verteidigen. Denn auf der Landesliste seiner NRW-SPD steht Lauterbach nicht. Bei den vergangenen Wahlen hat er seinen Wahlkreis stets direkt geholt, zuletzt sogar sehr souverän. Seine Amtszeit als Minister könnte ihm diesmal einen Bekanntheitsbonus bringen – oder er könnte Opfer der ­allgemeinen Unzufriedenheit mit der Ampelregierung werden.

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa