Wie zuverlässig ist ChatGPT bei der Medikationsanalyse? |
Daniela Hüttemann |
12.03.2024 09:00 Uhr |
ChatGPT kann bereits jetzt komplexe Patientenfälle lösen, wenn man die Fragen präzise genug formuliert. Wie sich die KI einsetzen lässt, sollten Apothekerinnen und Apotheker möglichst früh lernen. / Foto: Getty Images/Westend61
Apotheker aufgepasst: ChatGPT 4.0 schaffte es, 39 von 39 simplen bis sehr komplexen Patientenfällen akkurat und angemessen zu lösen, berichteten Forschende des College of Pharmacy der Western University of Health Sciences (WesternU) in Pomona, Kalifornien, kürzlich im »Journal of the American Pharmacists Association«.
Den Schwierigkeitsgrad und die zu erfüllenden Kriterien legten zuvor zwei erfahrene klinische Pharmazeuten fest. Dabei wurden auch Patientenfälle genutzt, die in der Lehre eingesetzt werden. Geprüft wurde, ob die künstliche Intelligenz (KI) Wechselwirkungen zuverlässig erkannte, präzise Alternativen vorschlug und angemessene Behandlungspläne erstellte. Die Ergebnisse von ChatGPT 4.0 wurden mit den Musterlösungen für jede Schwierigkeitsstufe verglichen. ChatGPT 4.0 ist die kostenpflichtige Version, die mit Daten bis April 2023 trainiert ist; inklusive medizinischer Literatur, wissenschaftlichen Veröffentlichungen und frei zugänglichen Arzneistoff-Datenbanken wie PubMed, Cochrane und DrugBank.
Tatsächlich gelang es ChatGPT, alle Fälle zufriedenstellend und richtig zu lösen, allerdings empfahl das Programm keine spezifischen Dosierungen. Und die Genauigkeiten der Antworten nahm mit einer steigenden Fallkomplexizität ab, sodass spezifischere Nachfragen nötig waren. Allerdings benötigen diese Fälle in der Regel auch ein gewisses Erfahrungswissen, wenn echte Apotheker sie lösen wollen.
Die Ergebnisse legten nahe, dass ChatGPT Apotheker bei der Formulierung von Medikationsmanagement-Plänen zur Verbesserung der Gesamteffizienz unterstützen könne, folgert das Autorenteam um den Apotheker und Biostatistiker Dr. Don Roosan, Associate Professor an der WesternU, auch wenn patientenspezifische Bedenken in der Studie nicht berücksichtigt wurden.
Die Anwendung von ChatGPT habe das Potenzial, die Patientensicherheit zu erhöhen, die Kosten im Gesundheitswesen zu senken und die Leistungserbringer beim Medikationsmanagement zu unterstützen. »Die Zukunft des Apothekerberufs wird davon abhängen, wie die Branche auf den sich verändernden Bedarf an einer durch KI und Automatisierung optimierten Patientenversorgung reagiert«, so die Autoren.
Sie plädieren dafür, das Thema KI in die pharmazeutische Ausbildung zu integrieren und die KI-Modelle zu verfeinern. Es müsse sichergestellt werden, dass die Technologie auch den Bedürfnisse der Leistungserbringer und Patienten entspricht. Die Autoren glauben jedoch, dass die Software dazu in der Lage sein wird, insbesondere mit Zugriff auf die elektronische Patientenakte mit Diagnosen, Laborwerten und Medikationshistorie. Offen sind noch Fragen des Datenschutzes und der Transparenz von ChatGPTs Empfehlungen.
Es sei zwar leicht, sich von dem disruptiven Potenzial der künstlichen Intelligenz einschüchtern zu lassen, wenn es darum geht, traditionelle apothekerliche Aufgaben wie das der Medikationsanalyse zu ersetzen, doch sei es wichtig zu erkennen, dass die Akzeptanz der Technologie entscheidend für den zukünftigen Erfolg des Berufs sei, meinen Don Roosan und Koautoren.
Die Zukunft der Pharmazie sehen sie als eine spannende Mischung aus Technologie und pharmazeutischem Wissen, die mit dem Management komplexer Patientenversorgung betraut ist. »In dem Maße, in dem Apotheker KI immer besser in ihre Praxis integrieren, werden sie innovative Wege finden, um mit Patienten in Kontakt zu treten und ihr Fachwissen anzuwenden«, glauben die Studienautoren.
Wer einmal gegen ChatGPT antreten will: Jeweils ein einfaches, komplexes und sehr komplexes Fallbeispiel mit Lösung sind im Anhang der frei zugänglichen Studie zu finden.