Wie Worte in der Beratung Wunder bewirken |
Wer in Beratungsgesprächen ein paar Tricks beherzigt, vermeidet, dass wichtige Botschaften an Patienten verpuffen. / © Getty Images/ljubaphoto
Gespräche laufen oft nach einem gewohnten Muster ab, ohne dass es einem selbst bewusst ist. Einige Aussagen können bei Patientinnen und Patienten allerdings Reaktionen wie Widerstand, Trotz, Zorn, Abwehr oder sogar Ängste auslösen. Wenn Apothekenteams jedoch einige Punkte beachten, können sie ungünstige Folgen vermeiden und die Qualität der Beratung verbessern.
Verzichten Sie auf Zwang, Befehlston oder Verbote. Bei Sätzen wie »Sie müssen …, Sie sollen …, Sie dürfen nicht …« fühlen sich viele Menschen in ihrer Freiheit eingeschränkt und reagieren je nach Persönlichkeit mehr oder weniger stark mit Reaktanz. Damit wird ein Ausdruck inneren Widerstands als Reaktion auf den Beeinflussungsdruck bezeichnet. Als Folge ignorieren Patientinnen und Patienten womöglich bewusst Anordnungen oder verspüren verstärkt den Reiz des Verbotenen. Um solche Reaktionen zu vermeiden, sollten Apothekerinnen und Apotheker ihren Patientinnen und Kunden lieber die Nützlichkeit, die Notwendigkeit sowie die Sinnhaftigkeit eines Rats vermitteln. Zum Beispiel mit Sätzen wie: »Ich empfehle das Medikament, es ist sehr wirksam. Für Sie ist es wichtig, weil …«
Gebrauchen medizinische Fachkräfte das Verb »müssen« wie in »Ich muss das Medikament für Sie bestellen«, wirkt das unmotiviert und lustlos. Eine aktive Aussage wie »Ich bestelle das Medikament gerne für Sie«, sorgt dagegen für freundliche Verbindlichkeit und kommt viel besser an.
Nutzen Sie positive Darstellungen. Da unser Gehirn Negationen und Verkleinerungen wie »nicht«, »kein« oder »ein wenig« erst im zweiten Verarbeitungsschritt wahrnimmt, sind Aussagen wie »Haben Sie keine Angst, die Anwendung wird nicht schlimm und ist nur ein wenig unangenehm« ungünstig. Denn sie lösen bei Patientinnen und Patienten erst recht Furcht und Sorge aus. Besser sind im Gegensatz dazu positive Formulierungen, die ein klares Ziel in den Fokus rücken, beispielsweise »Haben Sie Mut, Sie werden von uns sicher versorgt und diese Anwendung ist für Sie eine wichtige Therapie.«
Streichen Sie Füllwörter. Wörter wie quasi, sozusagen, irgendwie, gewissermaßen, einfach, eben, ähm oder ähnliche sorgen für Verwirrung, wenn sie im Gespräch gehäuft auftreten. Das liegt daran, dass die eigentliche Kernaussage, in der es etwa um die Hauptwirkung eines Medikaments geht, in der Masse nichtssagender Begriffe untergeht.
Erkennen Sie Reizworte. So bezeichnet »eigentlich« eine Einschränkung und schwächt die eigene Aussage in ihrer Wirkung ab. »Eigentlich ist das Vorgehen riskant …« Ohne diese Einschränkung kommt die Person kraftvoller und standhafter daher. Auch ein »Aber« kann als spaltendes Wort Folgen haben. Kommt nach einer positiven Beschreibung ein »Aber« mit negativer Ergänzung, bleibt nur das Negative des Satzes im Gedächtnis. Zum Beispiel: »Die Beratung der Kunden ist hilfreich, aber das bedeutet einen zeitlichen Mehraufwand.« Ein verbindendes »Und« ermöglicht stattdessen, dass beide Satzteile gleich stark in Erinnerung bleiben. »Die Beratung der Kunden ist hilfreich und das bedeutet einen zeitlichen Mehraufwand.« Das funktioniert auch umgekehrt. Wird also an das »Aber« etwas Positives angeschlossen, bleibt das Vorteilhafte haften. »Die Einführung des E-Rezepts war mit Komplikationen verbunden, aber jetzt läuft es hervorragend.«
Ungünstige Wortwahl | Sinnvolle Wortwahl |
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Sie müssen… / Sie sollen… / Sie dürfen nicht... | Ich empfehle Ihnen… / Für Sie ist es wichtig, notwendig, empfehlenswert… |
Kein Problem… / keine Sorge/Angst… | Ich mache es gerne… / Haben Sie Mut / Ich kümmere mich / Ich kläre das… |
Nicht aufregen… / Nicht ärgern.. | Ruhe finden / gelassen bleiben |
ein bisschen schwer / anstrengend / schwierig | erforderlich / entscheidend / herausfordernd |
Dafür bin ich nicht zuständig | Ich kläre es und informiere Sie / Ihre Ansprechpartnerin ist Frau/Herr... |
Sie kommen doch klar oder brauchen Sie Hilfe? | Wie kann ich Sie unterstützen? |
Haben Sie noch Fragen? | Was kann ich noch ergänzen? Was ist noch zu klären? Welche Fragen sind noch offen? |
Ich könnte im Kalender nachschauen | Ich schaue im Kalender nach |
Vermeiden Sie Konjunktive. Aus Unsicherheit nutzen viele Menschen den Konjunktiv mit Formulierungen wie »hätte«, »würde« oder »könnte«. Wer sagt, »Ich könnte meine Kollegin fragen«, kommt weniger sicher und verlässlich daher, als jemand, der die Indikativform nutzt und sagt: »Ich frage meine Kollegin«.
Grundvoraussetzung dafür, ein Gespür für die eigene Sprache, die benutzten Worte und Formulierungen zu bekommen, ist die Bereitschaft zur Selbstreflexion. Um Sprachmuster aufzudecken und ungünstige Phrasen zu verändern, hilft der Austausch mit dem Apothekenteam sowie das Feedback untereinander. Um die Beratungsqualität langfristig zu sichern, kann es ebenfalls hilfreich sein, eine Liste mit konstruktiven Formulierungshilfen zu erstellen – auch mit Blick auf neues Personal.
Julia Kugler ist Diplom-Psychologin mit Schwerpunkt Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie. Speziell im Gesundheitswesen coacht sie Mitarbeiter- und Führungskräfte. Zudem ist sie examinierte Krankenschwester.