Pharmazeutische Zeitung online
Diskussionsrunde

Wie wirkt sich die Apothekenreform auf die Patientensicherheit aus?

Zur Ausweitung der heilberuflichen Kompetenzen der Apotheker gibt es viel Redebedarf. Das zeigte das DAT-Themenforum. Eine Patientenvertreterin appellierte, immer das Wohl der Patienten in den Mittelpunkt zu stellen.
Daniela Hüttemann
17.09.2025  18:00 Uhr

Reiner Zufall: Am gestrigen Welttag der Patientensicherheit fand die Eröffnung des Deutschen  Apothekertags in Düsseldorf statt, wo Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) die Eckpunkte einer Apothekenreform vorstellte. Darunter sollen auch Ausweitungen der heilberuflichen Kompetenzen der Apothekerinnen und Apotheker fallen wie erweiterte Austauschmöglichkeiten bei Nichtlieferbarkeit, eine Akutversorgung mit kleinen Packungen bei Chronikern mit Dauermedikation in dringenden Fällen sowie die mögliche Abgabe verschreibungspflichtiger Medikamente bei Bagatellerkrankungen wie leichten Harnwegsinfekten oder bakteriellen Augenentzündungen.

Während die Apothekerschaft gestern zunächst einmal untereinander diskutierte und sich der Hausärzteverband in einer Pressemitteilung echauffierte, kam es heute beim DAT-Themenforum »Gesundheitsversorgung im Fokus – Herausforderungen gemeinsam meistern« zum direkten Austausch zwischen Apothekerschaft und Vertretern von Patienten, Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV), Ersatzkassen und Politik. Wohl nicht ganz zufällig veröffentlichte die KBV zeitgleich eine Pressemitteilung mit scharfer Kritik an Warkens Vorschlägen.

Ein guter oder ein schlechter Tag für die Patientensicherheit?

Patientenvertreterin Sabine Härter von der Deutschen Diabetes-Hilfe NRW und selbst Typ-1-Diabetikerin befürwortete es, wenn sie ihr Insulin von ihrer Stammapotheke auch ohne neues Rezept am Freitagnachmittag bekommt, wenn zum Beispiel die letzte Ampulle zerbrochen ist. Von einem »schwarzen Tag für die Patientensicherheit« sprach dagegen KBV-Vorständin Sybille Steiner in ihrem ersten Statement und setzte damit gleich einen eher konfrontativen Ton.

Sie sah die derzeitige Möglichkeit der Dauerverordnung als ausreichend an, was zu einem Raunen im Apothekertagspublikum führte. Zugleich fürchtete Steiner um das ärztliche Budget, wenn Apotheken ohne Rezept abgeben. Sie unterstellte den Apothekern sogar ein wirtschaftliches Interesse bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Medikamente.

Den Vorschlag, dass Apotheken bei Bagatellerkrankungen auch verschreibungspflichtige Arzneimittel abgeben dürfen sollen, lehnte sie rigoros ab. Das erfordere eine sorgfältige Anamnese und Differenzialdiagnostik.

Preis: Reformvorschläge bringen Patientensicherheit voran

Den »schwarzen Tag« wollte ABDA-Präsident Thomas Preis aufhellen und bewertete die Vorschläge sogar als Fortschritt für die Patientensicherheit. Er betonte: »Die Verordnung muss dem Arzt vorbehalten bleiben. Auch die Verschreibungspflicht darf nicht ausgehebelt werden. Wenn Apotheker im Einzelfall auf Antibiotika zurückgreifen müssen, dann muss das Antibiotikum zuvor rechtlich als rezeptfrei eingestuft werden.«

Die Apotheken könnten die Arzt- und Notfallpraxen mit mehr Kompetenzen und Möglichkeiten entlasten. »Die neuen Aufgaben der Apotheken sind medizinisch und pharmazeutisch sicher, wenn sie sich aus der elektronischen Patientenakte ableiten lassen und dort dokumentiert werden.« Die Patientensicherheit sei zu jedem Zeitpunkt gewährleistet.

Preis und auch viele der Apothekerinnen und Apotheker im Publikum gaben Beispiele aus der Realität, wenn sie teils schlecht mobile Patienten für Stunden in die teils weit entfernte Notfallambulanz schicken müssten oder die Patienten dann ankündigten, ihr Medikament eben bis zum nächsten Montag pausieren zu müssen.

Hier räumte Steiner ein, in so einem Fall könne man es sich vorstellen, Apotheker müssten aber den gleichen Wirkstoff abgeben.  Zugleich drehte die KBV-Vertreterin gleich den Spieß wieder um und fragte, warum nicht Notfallpraxen selbst Medikamente abgeben dürfen sollten oder Rezeptautomaten aufstellen können. Auch, dass Apotheker impfen dürfen und dies nun sogar ausgeweitet werden soll, stieß bei der Ärztin auf Widerstand.

Dirk Ruiss, Leiter der Landesvertretung Nordrhein-Westfalen des Verbandes der Ersatzkassen (vdek), tat sich nach eigener Aussage schwer mit dem Ansatz, Zuständigkeiten und Aufgaben der Heilberufler zu vermischen. Ihm war wichtig, keine Doppelstrukturen zu schaffen und die Wirtschaftlichkeit im Blick zu behalten. Wenn die Apotheken erweiterte Möglichkeiten zur Abgabe bekommen, müssten diese neue Regelungen  finanziell evaluiert werden.

pDL nehmen an Fahrt auf

Zugleich hatte er den gut gefüllte pDL-Topf im Blick, aus dem das BMG nun Geld nehmen will, um den Nacht- und Notdienst besser zu vergüten. Ruiss hatte eine andere Idee: Das Geld dürfe dort nicht herumliegen, sondern solle an die Patienten zurückfließen. Hier äußerte ABDA-Präsident Thomas Preis Bedenken, dass die Hälfte dann wohl in die Verwaltung der Krankenkassen versanden.

Preis erinnerte daran, dass die pDL »bei absolut schlechten Rahmenbedingungen bei miserabler finanzieller Lage, Personalmangel und der schlimmsten Phase der Lieferengpässe« eingeführt worden seien. Die Apotheken bräuchten einfach noch mehr Zeit für die Implementierung. Dabei hätten die pDL im letzten Jahr deutlich an Fahrt aufgenommen.

Es war Patientenvertreterin Härter, die immer wieder daran erinnerte, nicht die eigenen Interessen der Berufsgruppen, sondern das Patientenwohl in den Mittelpunkt zu stellen. Sie habe weiterhin Vertrauen, dass die beiden Berufe gemeinsam gut dafür zusammenarbeiten können. Impfen in der Apotheke habe sie übrigens schon selbst genutzt und begrüßte diese Möglichkeit.

Patientenvertreterin: »Gesundheitssystem auf Jahrzehnte so nicht praktizierbar«

Marco Schmitz, Mitglied des Landtags NRW für die CDU, stand hinter den Vorschlägen der Bundesgesundheitsministerin. Zum Impfen war er der Meinung, dass genug Patienten für Apotheken und Arztpraxen da seien. Starke Reaktionen auf die gestern vorgestellten Eckpunkte der Apothekenreform überraschten ihn nicht. »Als Politik müssen wir den Mut haben, uns durchzusetzen, auch wenn wir einigen Leuten damit auf die Füße treten.« Ob er damit die Apotheker- oder die Ärzteschaft meinte, ließ er offen.

Patientin Härter erinnerte daran: »Unser Gesundheitssystem, wie es heute läuft, ist auf Jahrzehnte so nicht praktizierbar. Wir müssen neue Wege denken. Ich hoffe, dass wir Patienten da gehört werden.«

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa