| Lukas Brockfeld |
| 17.10.2025 07:24 Uhr |
Rebecca Beerheide, Janosch Dahmen, Oliver Blatt, Tino Sorge und Christos Pantazis (v.l.n.r.) sprachen über die prekäre Situation der GKV. / © PZ/Brockfeld
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hat am Mittwoch mehrere Sparmaßnahmen vorgestellt, die steigende Zusatzbeiträge bei den Krankenkassen zumindest kurzfristig verhindern sollen. Doch wie lange wird das angesichts der immer schneller steigenden Gesundheitsausgaben reichen? Am Donnerstagabend wurde diese Frage bei einer Veranstaltung des GKV-Spitzenverbandes in Berlin diskutiert.
Dafür waren Tino Sorge (CDU, Staatssekretär bei der Bundesministerin für Gesundheit), Christos Pantazis (gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion), Janosch Dahmen (gesundheitspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen) und Oliver Blatt (Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes) eingeladen. Die Moderation übernahm Rebecca Beerheide, Leiterin der politischen Redaktion des Deutschen Ärzteblatts.
SPD-Politiker Pantazis bezeichnete das Maßnahmenpaket seiner Regierung als guten ersten Aufschlag. »Trotz alledem hätte ich mir weitere Maßnahmen gut vorstellen können. Wir haben nicht nur Ausgabentreiber im stationären Bereich, sondern auch im ambulanten Bereich und bei den Arzneimitteln. Da gab es auch andere Vorschläge, die man noch hätte berücksichtigen können«, so der Sozialdemokrat.
Oppositionspolitiker Dahmen sah das erwartungsgemäß anders. Da die Krankenkassen zum Auffüllen ihrer Reserven verpflichtet seien, werde es die Regierung nicht schaffen, die Zusatzbeiträge bei 2,9 Prozent zu stabilisieren. Stattdessen seien 3,2 Prozent zu erwarten. »Die Koalition bleibt weit von ihrem Anspruch entfernt, die Lohnnebenkosten zu senken. Stattdessen macht sie die Dinge viel teurer«, sagte der Grüne.
Oliver Blatt teilte diese Einschätzung. »Wir werden ab dem 1. Januar nicht lange warten müssen, bis die ersten Kassen ihre Zusatzbeiträge erhöhen. Ich finde das Sparpaket gut und richtig. Aber es müsste viel mehr passieren, damit die Zusatzbeiträge nicht steigen. Das reicht nicht«, so der GKV-Chef.
Auch Tino Sorge betonte, dass kein Weg an strukturellen Reformen vorbeiführe. »Es wird viel darum gehen, welche der diskutierten Maßnahmen politisch umgesetzt werden können. Da werden wir in der Koalition sicherlich viele Diskussionen bekommen. Aber wir müssen schauen, was sinnvoll und was möglich ist«, erklärte der Christdemokrat.
Janosch Dahmen kritisierte die Umverteilung: »Im Kern schichtet die Regierung Geld aus dem Sondervermögen Infrastruktur um, um die Krankenkassen zu stabilisieren. Dafür war das Geld nie gedacht. Wir haben als Opposition nicht der Grundgesetzänderung zugestimmt, damit man Infrastrukturmittel, die das ganze Land dringend braucht, jetzt nutzt, um die Krankenkassen zu stabilisieren«, sagte Dahmen.
Christos Pantazis räumte im Laufe der Diskussion ein, dass die Ampel-Regierung in der letzten Legislaturperiode nicht genug für die Reform des GKV-Systems getan habe. Umso dringender müsse jetzt gehandelt werden. »Gesundheitspolitik ist kein Nischenthema. Momentan ist es eine demokratische Bewährungsprobe. Die extreme Rechte bemächtigt sich des Themas explizit«, warnte der Sozialdemokrat.
Am Ende der Debatte fragte eine Zuhörerin nach der versprochenen Honorarerhöhung für Apotheken und die bisher ungenutzten pDL-Mittel. Doch Tino Sorge wollte nicht konkret werden. »Ich kenne viele Leute, die sagen, ›lass uns einfach das Geld nehmen‹. Dann hat man das Geld mit einem Einmaleffekt in irgendein Loch gestopft. Doch es wäre sinnvoll genau zu schauen, was man mit dem Geld strategisch machen kann. Da gibt es unterschiedliche Ideen und wir werden am Schluss entscheiden, was wir damit machen«, erklärte der Staatssekretär.
Nach der Podiumsdiskussion ordnete Martin Albrecht vom IGES Institut die Situation der Kassen noch einmal ein. Der Ökonom erklärte, dass die gegenwärtige Situation schwierig, aber nicht hoffnungslos sei. »Öffentliche Krankenversicherungssysteme sind häufig mit Defiziten konfrontiert, das sehen wir auch in anderen Ländern. Doch diese Defizite sind kein Naturgesetz. Im Gegensatz zu manchem Krankenhaus droht der GKV keine Insolvenz und keine Schließung. Das beruhigt erstmal, doch die Sicherstellung der Finanzierung bleibt eine permanente Herausforderung«, mahnte der Wirtschaftswissenschaftler.