| Alexander Müller |
| 18.02.2025 18:46 Uhr |
Sebastian Schwintek, Generalbevollmächtigter der Treuhand Hannover, präsentierte beim BVDAK-Gipfel die aktuellen wirtschaftlichen Zahlen der Apotheke, / © PZ
Im vergangenen Jahr hat die Durchschnittsapotheke einen Umsatz von knapp 3,7 Millionen Euro eingefahren, laut Schwintek der zweitstärkste Umsatzzuwachs seit 1994. Die Umsatzesatzerlöse hätten von Januar bis Oktober 2024 teilweise 20 Prozent über dem Vorjahresmonat gelegen, zeigte Schwintek beim Kooperationsgipfel des Bundesverbands Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK) in München.
Doch durch Sondereffekte wie das Skonto-Urteil sei der Rohgewinn im Durchschnitt um 40 Cent pro Packung abgesackt. Dennoch sei über das Jahr gesehen der Rohgewinn insgesamt robust geblieben. Warum? »Die Unternehmen haben gegengesteuert und mehr auf die Kosten geachtet«, so Schwinteks Interpretation. Hier habe sich die Erkenntnis durchgesetzt: »Die Politik gibt uns nichts, worauf wir Anspruch hätten, sondern stellt sich tot.«
Das Betriebsergebnis lag nach Zahlen der Treuhand in den ersten drei Quartalen durchschnittlich wieder über dem Vorjahr und könnte hochgerechnet bis Jahresende – alle Zahlen liegen noch nicht vor – bei 158.000 Euro rauskommen. Damit wäre der Abwärtstrend gebrochen und man bewege sich wieder in Richtung 2022 (167.000 Euro). Die Kehrseite sei der anhaltende Schließungstrend mit einem Rückgang der Apothekenzahl von 3 Prozent: »Der Trend als solches ist bedenklich, weil eine große Zahl an Versorgungspunkten verloren geht«, so Schwintek.
2024 gab es noch einen neuen Effekt: Denn das E-Rezept wurde flächendeckend ausgerollt und erhielt mit dem Card-Link-Verfahren einen »Booster«, so Schwintek. Doch so groß sei der Effekt zumindest von Januar bis Oktober nicht gewesen, Zuwächse im Versandhandel waren eher im OTC-Markt zu beobachten. Allerdings hatten die großen Versender gerade für das letzte Quartal stark steigende Zahlen gemeldet. Erkaufter Umsatz, wie Schwintek darstellte: »Für jeden Euro Umsatz haben die einen Euro für Werbung ausgegeben.«
Entwarnung geben könne man also nicht – viel hänge 2025 von der Durchhaltekraft der großen Versender ab, die immerhin noch Verluste schrieben. Mit der Drogeriekette dm trete demnächst noch ein neuer Player auf den Markt – allerdings vorerst nur im OTC-Geschäft. In der »Alltagspräsenz« von dm sieht Schwintek aber schon ein großes Risiko, auch die App sei weit verbreitet. Und das Ziel sei klar: OTC-Arzneimittel aus der Apotheke herauszulösen.
Was die sonstigen Effekte des E-Rezepts angeht, hat die Treuhand mögliche Verschiebungen zwischen den Apotheken je nach Standort untersucht. Schwintek kann keine großen Bewegungen sehen. Die »Ärztehaus-Apotheke« ist beim Umsatz etwas langsamer gewachsen, ab stärksten profitiert haben nach Schwinteks Analyse die »Nebenverkehrslagen«. Allenfalls eine leichte Verschiebung könne man feststellen.
Was ist 2025 zu erwarten? Der Kassenabschlag ist im Februar von 2 Euro wieder auf 1,77 Euro gesunken. Das bringe 7000 Euro zusätzlichen Rohgewinn für eine Durchschnittsapotheke. »Ein kleiner Lichtblick.«
Die Einführung der Elektronischen Patientenakte (EPA) wäre die nächste Disruption gewesen, aber der Roll-out wurde bekanntlich verschoben. Wirtschaftlich werde die EPA den Apotheken zumindest beim Onboarding der Versicherten nichts bringen, denn die Kassen hatten sich gegen einen vergüteten Service ausgesprochen. Chancen sieht Schwintek in den gesammelten Daten: In Dienstleistungen auf Grundlage dieser Daten könnten für die Apotheken interessante wirtschaftliche Effekte entstehen.
Bis zum 1. April muss eine Vergütung für die assistierte Telemedizin in Apotheken vorliegen. »Das wird ein Zugewinn an Anerkennung und Positionierung sein, aber ob das die Apotheken wirtschaftlich stärkt, dürfen wir mit einem Fragezeichen versehen«, so Schwintek. Dasselbe gelte für die zweite Stufe mit der Umsetzung des Medikationsplans. Hier befindet sich der Deutsche Apothekerverband (DAV) noch in Verhandlungen, große Effekte für 2025 erwartet Schwintek aber nicht. Übrigens auch nicht durch eine Reform der neuen Bundesregierung, die wohl frühestens 2026 greifen könnte.
Schwinteks Szenario für 2025: Einen Nettozuwachs von 5 Prozent, da Zuwächse aufgrund von Schließungen die Abflüsse in den Versandhandel kompensieren könnten. »Für die Apotheken, die im Markt bleiben, durchaus positive Aussichten«, so Schwintek. Der steigende Hochpreiseranteil werde aber weiter dafür sorgen, dass der Rohgewinnsatz absinkt. Positiv werde sich der wieder abgesenkte Abschlag auswirken, die Verluste nach dem Skonto-Urteil werden 2025 dagegen erstmals voll durchschlagen.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.