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Wie und wie häufig nutzen Patienten ihren Medikationsplan?

Bereits seit 2016 gibt es den bundeseinheitlichen Medikationsplan (BMP). In Sachsen wurde nun untersucht, ob die Pläne aktuell und vollständig sind, ob Patienten alle Angaben darauf verstehen und wie sie ihren Plan nutzen.
Daniela Hüttemann
02.11.2023  09:00 Uhr

Einen Anspruch auf einen bundeseinheitlichen Medikationsplan (BMP) haben alle gesetzlich Versicherten, die mindestens drei Medikamente in den vergangenen 28 Tagen verordnet bekamen. In der Regel erstellt der Hausarzt die erste Version, Apotheken können den Plan ergänzen und aktualisieren.

Forschende des Geschäftsbereichs Arzneimittel der ABDA und der klinischen Pharmazie der Universität Leipzig haben nun gemeinsam mit dem Sächsischen Apothekerverband im sogenannten Apo-BMP-Projekt untersucht, ob und wie die Patienten ihren Medikationsplan nutzen, ob sie alle Angaben darauf verstehen, ob die Pläne aktuell und vollständig sind und was die Gründe sind, wenn Patienten sich nicht an die Angaben auf ihrem Plan halten.

Dazu wurden die Daten von 288 Patientinnen und Patienten aus 21 sächsischen Apotheken erfasst, die bereits einen Medikationsplan besaßen und darauf mindestens fünf Medikamente stehen hatten (die Patienten waren nicht im ARMIN-Projekt eingeschrieben). Im Rahmen der Patienteninterviews führten die praktisch tätigen Apotheker zum Teil auch eine Brown-Bag-Analyse durch und ließen sich den Plan von den Patienten erläutern. Zudem wurden Daten aus Kundendateien mit ausgewertet. Die wissenschaftliche Evaluation wurde jetzt im Fachjournal »Patient Preference and Adherence« publiziert.

Im Schnitt fehlte ein Medikament pro Plan

Zunächst einmal ließ sich feststellen, dass die 288 Patienten insgesamt 2779 Arzneimittel aktuell anwendeten (im Median neun Arzneimittel pro Patient), doch nur 2539 auf den Medikationsplänen dokumentiert waren, was im Median acht Medikamenten pro Patient entsprach. Im Schnitt fehlte also ein Arzneimittel bei jedem Patienten.

Kein einziger BMP war komplett ausgefüllt und vollständig. 79 Prozent zeigten relevante Abweichungen: Neben nicht dokumentierten Medikamenten fehlten häufig die Wirkstärke oder Dosierung oder sie waren falsch. Auf jedem vierten fehlerhaften Plan waren Medikamente gelistet, die der Patient gar nicht mehr einnahm. »Sie müssen also davon ausgehen, dass ein Medikationsplan in der Praxis nicht korrekt ist. Das ist die Regel und nicht eine Ausnahme!«, warnt Erstautorin Dr. Christiane Eickhoff im Gespräch mit der Pharmazeutischen Zeitung.

Häufig gab es handschriftliche Ergänzungen statt eines neu ausgedruckten Plans. Meist hatten die Patienten selbst etwas ergänzt. Je älter das Ausdruckdatum des Plans, desto wahrscheinlicher waren handschriftliche Ergänzungen. Die mangelnde Aktualität ist ein Problem, das bereits aus anderen Studien bekannt ist.

Das Autorenteam folgert aus den Ergebnissen, dass das einmalige Ausstellen des Medikationsplans nicht ausreicht. Der Plan muss regelmäßig von Ärzten und Apothekern aktualisiert – und die Patienten entsprechend beraten – werden. »Es reicht nicht aus, nur den Inhalt und das Format eines Medikationsplans zu definieren«, so Eickhoff. »Auch die Prozesse und Verantwortlichkeiten für die Erstellung und Aktualisierung müssen definiert und unter den beteiligten Berufsgruppen abgestimmt werden, wie es beispielsweise im Modellvorhaben ARMIN erfolgt ist.«

Medikationsplan hilft im Gespräch mit dem Arzt

39 Prozent der Befragten nutzten ihren Medikationsplan regelmäßig, um sich selbst ihre Medikamente zu stellen. 73 Prozent nutzten den Plan auch, um Fachärzte über ihre Medikation zu informieren; 66 Prozent hatten ihn schon im Krankenhaus vorgelegt. 49 Prozent nutzten den Medikationsplan auch auf Reisen.

Die Verständlichkeit war zufriedenstellend: Mehr als 80 Prozent konnten die relevanten Informationen auf ihren Plänen identifizieren. Allerdings wichen fast 60 Prozent bewusst von ihrem Medikationsplan ab. Der häufigste genannte Grund hierfür war »Angst vor Nebenwirkungen«, gefolgt von einer unzureichenden Kommunikation zwischen Patient und Arztpraxis oder Apotheke sowie stärkeren oder persistierenden Beschwerden. Manchmal passten die Einnahmeschemata nicht in den Tagesablauf des Patienten oder die Non-Adhärenz war Vergesslichkeit oder schlechter Organisation geschuldet. Einige sahen auch keinen oder nur geringen Therapiebedarf und hielten sich deshalb nicht an den Plan.

Gerade bei bestimmten Patientengruppen (hohes Alter, niedriger Bildungsstand) lohnt es sich nachzufragen, ob die Patienten mit ihrem Plan »klarkommen« und Beratung anzubieten, verdeutlicht Eickhoff. Und falls im Gespräch herauskommt, dass ein Patient vom Plan abweicht, sollten Arzt oder Apotheker nach den Gründen fragen und diesen nachgehen.

»Alle Gründe sind aus Sicht der Patientinnen und Patienten berechtigt und ernst zu nehmen«, betont die ABDA-Referentin. »Eine gute Kommunikation und Aufklärung hilft hier. Wenn Patienten vom Nutzen der Behandlung überzeugt sind, nehmen sie zum Beispiel auch eher Nebenwirkungen in Kauf.«

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