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Vorstands-Interview

Wie sicher ist die Noventi noch?

Der Noventi-Konzern wird umgebaut. Neben einem massiven Stellenabbau werden WaWi-Produktlinien eingestellt und Unternehmensbereiche zusammengelegt. Im PZ-Interview sichern die beiden Vorstände Mark Böhm (CEO) und Frank Steimel (CFO) aber die (finanzielle) Stabilität des Konzerns zu. Außerdem kündigen sie weitere Kostensteigerungen für Apotheken und die Veräußerung von Subunternehmen an.
Benjamin Rohrer
11.01.2023  10:30 Uhr

PZ: Herr Steimel, nach Ihrer Mitteilung vom gestrigen Dienstag sind viele Apotheker beunruhigt. Deswegen ist für viele Noventi-Kunden die wichtigste Frage an Sie als Finanzchef der Noventi , ob die Rezeptabrechnung und somit die finanzielle Stabilität vieler Apotheken in Deutschland gesichert ist?

Steimel: Wir arbeiten weiterhin mit unserem Konsortium an Banken zusammen, keine Bank ist abgesprungen. Die Kreditabsicherung ist absolut unproblematisch, wir bieten weiterhin die höchste Stabilität im Markt.

PZ: Sie versichern den Apotheken, dass die Rezeptabrechnung bis 2025 gesichert ist. Haben sich für die Noventi denn die Kreditkonditionen geändert?

Böhm: Natürlich hat sich wegen des allgemeinen Zins-Shiftes auch an den Refinanzierungskonditionen etwas geändert – diese Entwicklung sehen Sie aber überall. Trotz dieser neuen Konditionen bieten wir weiterhin die sicherste Abrechnung im Markt.

Hat die Apobank eine hohe zweistellige Millionensumme bereitgestellt?

PZ: Dem Vernehmen nach soll die Apobank einen größeren zweistelligen Betrag als Einmalzahlung zur Verfügung gestellt haben, um die Liquidität des Konzerns kurzfristig zu sichern. Ist das zutreffend?

Steimel: Wir wollten die Finanzplanung bis 2025 absichern, dazu gehört nicht nur die Sicherung des Konsortialkredits, sondern auch die Liquidität und Investitionsfähigkeit des Unternehmens. Klar ist auch, dass der Personalabbau Geld kostet und wir die Liquidität daher kurzfristig aufstocken mussten. Die Apobank hat ihr Exposure, also ihr Engagement bei uns, aber insgesamt nicht ausgeweitet.

PZ: Die Kosten des Personalabbaus und die neuen Zinskonditionen kommen in eine Zeit, in der die Inflation und die allgemeine Kostenentwicklung ohnehin schon belastend wirken. Im September musste Noventi bereits Preiserhöhungen in beiden Unternehmensbereichen (Abrechnung, Warenwirtschaft) bekanntgeben. Folgen nun weitere Preiserhöhungen für die Apotheken?

Böhm: Ja, wir wollen damit transparent und offen umgehen. Es wird weitere Preisanpassungen von uns und von Wettbewerbern geben. Mit Blick auf die Inflation wäre es unehrlich, das auszuschließen. Die Erhöhungen werden hauptsächlich den WaWi-Bereich betreffen. Wann und wie genau wir diese ausgestalten, werden wir kommunizieren, wenn wir es genau wissen.

Steimel: Ich möchte diesbezüglich aber festhalten, dass Noventi keine Gelddruckmaschine werden will. Wir haben uns die Frage gestellt, wie viel wir als Unternehmen verdienen wollen. Noventi ist ein apothekereigenes Unternehmen, das in erster Linie den Interessen seiner Anteilseigner – also nur den Apotheken vor Ort - verschrieben ist. Wir sind kein Dividenden-gesteuertes, Kapital-orientiertes Unternehmen. Unser Anspruchsniveau und unsere Gewinnerwartungen werden daher moderat bleiben.

Keine Entlassungen in der Rezeptabrechnung

PZ: Neben dem massiven Stellenabbau haben Sie auch eine Zusammenverlegung mehrerer Unternehmensbereiche und die Streichung vieler Management-Positionen bekanntgegeben. Welche Unternehmensbereiche sind besonders betroffen? Gibt es Bereiche, die ausgespart werden?

Böhm: Außer der Produktion in der Rezeptabrechnung sind alle Unternehmensbereiche betroffen. Mit den Zusammenlegungen gehen wir einen längst überfälligen Schritt: Noventi wurde aus 27 einzelnen Unternehmen zusammengebaut. Dabei wurden bislang keine Synergien geschaffen – in vielen Bereichen waren Positionen quasi doppelt besetzt. Solche Redundanzen streichen wir jetzt, schaffen neue, klare Unternehmenseinheiten und vermeiden Doppelarbeit.

PZ: Wie waren die ersten Reaktionen aus der Mitarbeiterschaft?

Steimel: Es gibt eigentlich keine Begleitworte, die unsere Entscheidung für die Betroffenen positiv macht. Solche Stellenstreichungen sind jedes Mal eine individuelle Katastrophe. Wir mussten eine große emotionale Hürde nehmen und sind froh, dass wir bei allen Entscheidungen den gesamten Betriebsrat mit im Boot hatten. Ich muss auch sagen, dass wir trotz allem ein gutes Paket für die Betroffenen geschnürt haben. In der Transfergesellschaft erhalten sie weiterhin Gehalt und werden fortgebildet. In Zeiten des Fachkräftemangels haben wir zudem gute Hoffnungen, dass viele unserer Beschäftigten schnell eine neue Chance bekommen.

Jeder fünfte Beschäftigte muss gehen – Ist das operative Geschäft gesichert?

PZ: Sie entlassen rund 20 Prozent Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Da ist eine sehr wichtige Frage, ob das operative, tägliche Geschäft, das für die Arzneimittelversorgung von immenser Bedeutung ist, überhaupt noch gewährleistet werden kann…?

Steimel: Und genau diese Frage haben wir uns bei der Neuausrichtung in den vergangenen Wochen immer wieder gestellt und können sie mit einem deutlichen Ja beantworten. Gerade in den für die Apotheken wichtigen Bereichen Kundenservice und Rezeptabrechnung wird es keine Änderungen geben.

PZ: Änderungen wird es aber bei den Produktlinien im Software-Bereich geben. Sie haben die Software-Linien schon länger vereinheitlichen wollen. Wird genau das nun passieren?

Böhm: Ja. AwintaOne und Prokas werden unsere Fokus-Produkte. Die anderen Linien werden wir nicht weiter entwickeln – das ist ein konsequenter, überfälliger Schritt. Wesentlich dabei ist: Die Apothekerinnen und Apotheker können sich darauf verlassen, dass alle unsere Warenwirtschaftslinien zuverlässig weiterlaufen. Jede betroffene Apotheke wird eine individuelle Lösung erhalten. Die Umstellungen werden wir in den kommenden Monaten angehen, dabei aber nicht hektisch sein. Klar ist nur, dass wir auch hier wieder transparent vorgehen werden.

Beteiligung an gesund.de bleibt unverändert

PZ: Viel investiert haben Sie auch in das Portal gesund.de. Gestern teilten Sie mit, dass Sie bei gesund.de nicht aussteigen werden. Werden Sie Ihre Beteiligung mit Blick auf die derzeitige Lage aber zurückfahren?

Steimel: Nein, an der Höhe unseres Engagements ändert sich nichts. Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass der Omni-Channel-Weg für die Apotheken mit Blick auf die Digitalisierung der beste Weg ist. Und die ersten Kundenerfahrungen von gesund.de bescheinigen uns genau das.

PZ: Letztlich haben Sie in den vergangenen Jahren aber sehr viel Geld in E-Rezept-Lösungen investiert, die aufgrund der stockenden Einführung des E-Rezeptes nun kein Geld einbringen. Waren diese Investitionen im Rückblick ein Fehler?

Böhm: Nein, denn es ist ja klar, dass das E-Rezept kommt. Und dann sind wir bereit. Aber selbst wenn sich die flächendeckende Einführung noch um weitere Jahre verzögern sollte, wären wir auf diese Situation vorbereitet.

»Wir werden uns nicht mehr auf die Pflege fokussieren«

PZ: Was passiert mit Ihren anderen Beteiligungen, beispielsweise Noventi Care (Pflege-Sparte)?

Steimel: Wir haben entschieden, dass wir uns in der Zukunft nicht mehr auf die Pflege fokussieren können. Wir werden daher versuchen, die Noventi Care im Laufe des Jahres zu veräußern.

PZ: Bei all diesen Maßnahmen haben Sie eigenen Angaben zufolge auch die Standesvertretung der Apotheker mit im Boot. War das auch finanziell wichtig für die Noventi?

Steimel: Die einmalige Kapitaleinzahlung kommt vom FSA. Wir haben allerdings verstanden, dass wir die Berufsverbände der Apotheker zuletzt vernachlässigt haben. Deswegen haben wir uns im Veränderungsprozess eng mit den Verbänden vernetzt. Denn wir müssen auch das Ziel haben, die Nicht-FSA-Mitglieder anzusprechen. Mit den Verbänden in Bayern und Baden-Württemberg laufen bereits enge Gespräche. Und auch mit den Verbänden in Sachsen und Sachsen-Anhalt wollen wir diese Gespräche schon bald etablieren. Wir möchten den engen Schulterschluss mit den Verbänden.

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