Wie sich Krankenhausapotheker in die Therapie einbringen |
Kerstin A. Gräfe |
07.05.2021 15:30 Uhr |
CAR-T-Zelltherapien dürfen nur in spezialisierten Zentren vorgenommen werden. Unerlässlich ist dafür eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligter. / Foto: Adobe Stock/ASDF
Mit Tisagenlecleucel (Kymriah® von Novartis) und Axicabtagen-Ciloleucel (Yescarta® von Gilead) kamen vor drei Jahren die ersten beiden CAR-T-Zelltherapien in Deutschland auf den Markt. Beide sind zugelassen für bestimmte Formen des großzelligen B-Zell-Lymphoms, Kymriah zudem für Kinder, Jugendliche und Erwachsene bis zu einem Alter von 25 Jahren mit refraktärer oder rezidivierender akuter lymphatischer B-Zell-Leukämie. Seit Kurzem gibt es mit Brexucabtagen autoleucel (Tecartus®) eine weitere CAR-T-Zelltherapie. Sie ist zugelassen zur Behandlung erwachsener Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem Mantelzell-Lymphom nach zwei oder mehr systemischen Therapien, die einen Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitor einschließen.
Im Rahmen der Zulassung machte es die Europäische Arzneimittelagentur EMA zur Auflage, dass diese Therapien ausschließlich in spezialisierten Zentren durchgeführt werden dürfen. »Dazu hat kürzlich die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie ein Statement herausgegeben und ein Drei-Säulen-Modell vorgestellt«, informierte Privatdozentin Dr. Claudia Langebrake von der Apotheke des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) beim 46. Wissenschaftlichen ADKA-Jahreskongress. So müssen die Zentren zelltherapeutische Erfahrung, krankheitsspezifische Kompetenz und eine intensivmedizinische Infrastruktur vorweisen können.
Um die Qualitäts- und Liefervereinbarungen von CAR-T-Zelltherapien abschließen zu können, bedarf es einer engen Kooperation zwischen Klinik, Klinikapotheke, Apherese-Zentrum und nicht zuletzt der Rechtsabteilung. »Der Vertragsabschluss ist sehr zeitaufwendig«, so die Krankenhausapothekerin. Das Spektrum reiche von Verkaufsbedingungen, Bestellungen und Schulungsverpflichtungen über Herstellung und Lieferung bis hin zu Mängelhaftung und Stornierungsbedingungen.
Den Bestellvorgang an sich wie die Antragstellung zur Kostenübernahme und die Aufklärung des Patienten, auch hinsichtlich des Datenschutzes, nimmt die Klinik vor. Zudem lässt die Klinik der Krankenhausapotheke eine Sonderbestellung zukommen, damit diese rechtsverbindlich eine Bestellung der CAR-T-Zelltherapie vornehmen kann.
Die weiteren Schritte wie Apherese sowie Anlieferung und Lagerung der Therapien übernimmt am UKE die Transfusionsmedizin. »Die Therapien werden bei minus 196 Grad in sogenannten Dryshippern gelagert«, informierte Langebrake. Auch für die anschließende Applikation inklusive des Transports der Therapien auf die Station sowie das Auftauen und die Dokumentation der Applikation sei die Transfusionsmedizin verantwortlich.
Vor der Applikation erhält der Patient eine lymphodepletierende Chemotherapie, in der Regel eine Kombination aus Cyclophosphamid und Fludarabin. »Hier kommt nun wieder die Apotheke ins Spiel«, so die Referentin. Wichtig für das Medikationsmanagement auf Station sei zudem, dass der Abstand zwischen Lymphodepletion und Gabe der T-Zellen genau eingehalten und eine entsprechende Prämedikation gegeben wird. »Ganz entscheidend ist, dass der Patient kurz vor der Gabe der T-Zellen keine Glucocorticoide bekommt, da diese auf die T-Lymphozyten toxisch wirken«, betonte die Krankenhausapothekerin.
Auch beim Nebenwirkungsmanagement bringe sich die Apotheke ein. Eine gefürchtete unerwünschte Wirkung einer CAR-T-Zelltherapie sei unter anderem das Zytokin-Releasing-Syndrom, das ab Grad 2 mit Tocilizumab behandelt werde. Hier könne die Apotheke für die gängigen Gewichtsklassen Dosisbeispiele vorbereiten, damit sich die Ärzte im Akutfall nicht die Dosierungen aus den Fachinformationen heraussuchen müssen.
Nicht zuletzt ist die Apotheke bei der Pharmakovigilanz involviert. Auch im Blaue-Hand-Material von Kymriah sei ein Hinweis zum Melden von Nebenwirkungen vorhanden. Des Weiteren sei die Aufnahme von mit CAR-T-Zellen behandelten Patienten in Registern von den Gesundheitsbehörden vorgeschrieben.
»Zukünftig werden sich zu den CAR-T-Zelltherapien noch weitere zelluläre Gentherapeutika gesellen«, ist sich Langebrake sicher. Sie verwies auf allogene-CAR-T-Zelltherapien, TRUCKs und CAR-NK-Zelltherapien.