Wie »Nudging« unsere Entscheidungen beeinflusst |
Wer den Kühlschrank nur mit gesunden Lebensmitteln füllt, kann sich selbst austricksen, um weniger Junk Food zu essen. / Foto: Getty Images/millann/Milan Ilic
Sie haben irgendwie Hunger, aber die Mittagspause ist noch lang? Wenn Ihr Arbeitgeber dafür gesorgt hat, dass in der Teamküche eine Schale mit kostenlosem Obst steht, greifen Sie womöglich eher dazu, als sich am Automaten einen Schokoriegel zu holen. Die prominent platzierte Obstschale «stupst» Sie an, sich für die gesündere Variante zu entscheiden. Nudging heißt das auf Englisch.
Nudging ist ein Konzept aus der Verhaltensökonomie. Der Begriff wurde von Richard Thaler und Cass Sunstein in ihrem Buch «Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt» aus dem Jahr 2008 populär gemacht.
Nudging basiert auf der Idee, dass Menschen oft nicht rein rational handeln, sondern durch ihre Umgebung und die Art und Weise, wie Entscheidungen präsentiert werden, beeinflusst werden. Kleine Anstöße, sogenannte «Nudges», sollen den Menschen helfen, bestimmte Entscheidungen zu treffen, ohne dass sie gezwungen werden – und zwar eigentlich bessere Entscheidungen.
Ein Beispiel für Nudges in diesem Sinn ist das oben genannte, wenn eine Firma ihren Mitarbeitern in der Teeküche Obst anbietet, damit die sich gesünder ernähren. Oder wenn Behälter für die Mülltrennung aufgestellt werden und kaum Büromaterial verteilt wird, um nachhaltiges Verhalten am Arbeitsplatz zu fördern.
Nudging kann man für sich selbst nutzen. Indem man sich in der eigenen Umgebung etwa Erinnerungen und Hinweise selbst platziert, zum Beispiel das Foto eines Apfels auf der Kühlschranktür oder die Jogging-Schuhe vor dem Bett, erklärt die Max-Planck-Gesellschaft. Und dann «können wir die Entscheidung zwischen Joggen oder Nichtjoggen auch als eine Entscheidung zwischen Gesundheit oder Krankheit im Alter framen oder jede Treppe als eine Gelegenheit willkommen heißen, unsere Lebenserwartung minimal zu erhöhen.»
Während Nudging sanfte Anstöße bezeichnet, die das Verhalten von Menschen auf eine vorhersehbare Weise verändern sollen, ohne dabei ihre Entscheidungsfreiheit einzuschränken, zielen manipulative Taktiken darauf ab, die Entscheidungsfreiheit zu untergraben und den Menschen zu einer Entscheidung zu drängen, die sie sonst nicht getroffen hätten.
Die wahren Absichten hinter manipulativen Techniken sind oft verborgen, und die Manipulierten sind sich der Einflussnahme nicht bewusst. Diese Techniken dienen dazu, Ziele zu erreichen, die nicht unbedingt im besten Interesse der manipulierten Person liegen oder ihr sogar schaden.
Wird man etwa bei der Kartenzahlung schon vom Gerät vor die Option gestellt, 7, 10 oder 20 Prozent Trinkgeld zu geben, wie es jetzt immer häufiger passiert, kann das einerseits im eigenen Interesse sein, weil man welches geben möchte und vielleicht auch gar keine Lust hat, etwas auszurechnen.
Andererseits aber hat man vielleicht gar kein Budget dafür oder war mit dem Service nicht zufrieden – dann ist man in der Entscheidung, ob man Trinkgeld geben möchte, erstmal beschränkt. Und wenn man die Schaltfläche für «kein Trinkgeld» erst suchen muss, weil sie viel kleiner ist als die drei anderen Optionen, kann man das durchaus als Manipulation empfinden.