Wie läuft’s mit Card Link? |
Ev Tebroke |
11.10.2024 09:00 Uhr |
Diskutierten über die bisherigen Erfahrungen mit dem Card-Link-Verfahren: Moderator Alexander Müller (PZ-Chefredakteur), Peter Schreiner (gesund.de), Florian Fuhrmann (Gematik), Detlef Hühnlein (Epotheke), Jan-Florian Schlapfner (IhreApotheken.de) und Björn Behrendt (Gedisa). / © PZ/Alois Müller
Seit April dieses Jahres gibt es für die Einlösung des E-Rezepts auch eine bequeme mobile Lösung. Mit dem Card-Link-Verfahren können Patienten ihre Verordnung auf der elektronischen Gesundheitskarte (EGK) auch via Smartphone an die Apotheke ihrer Wahl schicken. Als erste Anbieter waren die EU-Versender damit am Start. Diese hatten das Verfahren hierzulande politisch eingefordert und mitentwickelt, da sie sich beim herkömmlichen Weg, dem Einstecken der EGK in der Apotheke, diskriminiert sahen.
Nach der Veröffentlichung der Spezifikation durch die Gematik Ende März, präsentierten Doc Morris und Shop Apotheke schnell eigene Lösungen. Seit gut zwei Monaten können auch die Vor-Ort-Apotheken das digitale Übermittlungsverfahren nutzen und ihren Patienten anbieten. Und das Angebot kommt offenbar gut an, wie die Card-Link-Anbieter für die stationären Apotheken auf dem Podium von PZ-Nachgefragt im Rahmen der Fachmesse Expopharm betonten.
»Das Verfahren wird sehr gut angenommen«, so gesund.de-Chef Peter Schreiner. Jede dritte Apotheke sei bislang dabei. Die Plattform gesund.de ist mit ihrem Card-Link-Angebot für stationäre Apotheken Vorreiter und seit 31. Juli am Markt. Im September hatte gesund.de eine massive Werbeoffensive für Card Link gestartet, mit einem TV-Spot direkt vor der 20-Uhr-Tagesschau. Die Kampagne soll bis nächstes Jahr auf viele Kanäle ausgeweitet werden und das Verfahren weiter pushen.
Die Gesellschaft für digitale Services der Apotheken (Gedisa) hat ihr brancheneigenes Angebot seit Ende September freigeschaltet. Damit können Apotheken, die einen Vertrag mit der Gedisa haben, frei wählen, welche App sie für das Card-Link-Verfahren nutzen wollen. »Über das Apothekenportal haben Sie als Apotheke volle Kontrolle über alles«, so Björn Behrendt, Technischer Direktor der Gedisa.
Auch der Anbieter IhreApotheken.de, seit einem Monat mit Card Link am Markt, ist zufrieden. Laut Florian Schlapfner, Mitglied der Geschäftsführung, sind aktuell 7000 Apotheken bei ihrem Omnichannel-Anbieter Zukunftspakt Apotheke dabei. Die Gedisa-Lösung biete einen starken Standard am Markt, um mit der Gematik zusammenzuarbeiten. Ziel der Angebote ist es, dass die Vor-Ort-Apotheken und die Versender bei der mobilen E-Rezept-Einlösung chancengleich agieren können.
Gematik-Chef Florian Fuhrmann sieht Card Link ebenfalls bereits gut am Markt akzeptiert. Er hält die Apotheken generell für sehr digitalaffin. »Das sind die Digitalpioniere.«
Als Digitalpionier sieht sich auch Detlef Hühnlein, Chef der IT-Firma Ecsec. Hühnlein betreibt mit seinem Projekt »Epotheke« ebenfalls einen Card-Link-Dienst, wartet derzeit aber noch auf die Gematik-Zulassung. Als Alleinstellungsmerkmal seines Angebots nennt er einen elektronischen Nachtdienst, die »Epotheke noctu«, bei der dann die abends/nachts eingereichten E-Rezepte gesammelt, reserviert und am nächsten Morgen direkt eingelöst würden. Durch Open-Source sei das Angebot leicht in Apps zu integrieren.
Nach so viel positivem Branchenfeedback zu Card Link liegt die Frage nahe, wie es weitergeht. Denn bekanntlich ist das Verfahren von vornherein vom Gesetzgeber als Übergangslösung angelegt. Ab 2026 soll die Gesundheits-ID das Verfahren ablösen.
Die Branchenvertreter machten keinen Hehl daraus, dass sie dies schade finden und darauf hoffen, Card Link auch danach noch anbieten zu können. Schreiner von gesund.de betonte, die Patienten gewöhnten sich gerade massenhaft an dieses Verfahren. Möglicherweise könne es als sinnvolle Ergänzung weiterentwickelt werden, so die Hoffnung. Die Branche sei diskussionsbereit und wolle keine behördlichen Entscheidungen. »Wir müssen darüber sprechen, wie genau der Übergang gestaltet werden kann. Wir müssen den Prozess gemeinsam gestalten«, sagte er in Richtung Gematik.
Gematik-Chef Fuhrmann ließ jedoch keinen Zweifel daran, dass Card Link lediglich eine Übergangstechnologie bleiben werde. Ziel sei es, die digitalen Identitäten ab 2026 breit in die Fläche zu bringen. »Ein Standard, der dieses Ziel kannibalisiert, ist da nicht hilfreich.«
Vor diesem Hintergrund stellte sich dann auch die Frage, in wieweit es sinnvoll ist, eine Technologie bis dahin überhaupt noch zu optimieren. Denn Fakt ist, dass es bei Card Link durchaus einige Baustellen gibt. Schlapfner sagte, es gelte, das Prozedere derzeit stetig zu verbessern. Am Ende gehe es doch darum, dass jede Apotheke ihren Patienten einen einfachen guten Digitalservice bieten könne. »Wo wir mitgestalten können, bieten wir uns an. Zeitgleich machen wir das Beste aus der jetzigen Lösung.«
Was die Baustellen betrifft, so steht insbesondere die SMS-Lösung in der Kritik. »Das SMS-Verfahren ist ungünstig«, unterstrich Behrendt von der Gedisa. Derzeit ist zur Einlösung des E-Rezepts via EGK die Eingabe eines per SMS zugesandten Einmalpassworts nötig, dieses ist 15 Minuten gültig. Jede SMS-Abfrage ist dabei kostenpflichtig für die Anbieter, was diese letztlich in ihre Kalkulation und Angebotspauschalen einpreisen müssen. Dem Vernehmen nach fallen pro SMS-Verifizierung 10 Cent an. Auch datenschutzrechtlich wird das SMS-Verfahren kritisch und als mögliches Datenleck gesehen.
Schreiner fordert grundsätzlich mehr Pragmatismus beim Datenschutz. Ansonsten stoße man auf Gegenwind bei den Anwendern. »Usability ist genauso wichtig wie technische Sicherheit.« Fuhrmann konterte augenzwinkernd: »Leider gibt es kein Bundesamt für Usability und Patient Journey.« Die Sicherheitsstandards hierzulande seien für den Markt oft nicht die optimale Lösung. »Aber so ist es nun mal.«
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