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Mitochondrienklau

Wie Krebszellen Immunzellen gezielt schwächen

Um ihren hohen Energiebedarf zu decken, können Tumorzellen Mitochondrien von Immunzellen stehlen. Damit nicht genug: Im Austausch schieben die Tumorzellen den Immunzellen offenbar defekte Mitochondrien rüber – und hindern sie so an der Arbeit.
Annette Rößler
27.01.2025  10:00 Uhr

Mitochondrien werden oft auch als die »Kraftwerke der Zelle« bezeichnet, denn sie dienen der Energiegewinnung. Es konnte gezeigt werden, dass verschiedene Zellen einen Teil ihrer Mitochondrien an andere Zellen weitergeben können. Dieser sogenannte horizontale Mitochondrientransfer ist einerseits wichtig für die Gesunderhaltung von Gewebe, kann aber auch zum Tumorwachstum beitragen.

Krebszellen, die wegen ihrer hohen Teilungsrate besonders energiehungrig sind, können nämlich zur Deckung ihres Energiebedarfs Mitochondrien von umliegenden Zellen einsammeln. Dazu können sie schlauchförmige Verbindungstunnel (auf Englisch: tunneling nanotubes, TNT) zu anderen Zellen ausbilden, durch die der Mitochondrientransfer stattfindet.

Zu den Besonderheiten von Mitochondrien zählt, dass sie eine eigene DNA enthalten, die mitochondriale DNA (mtDNA). Anhand dieser kann man einerseits feststellen, ob das jeweilige Mitochondrium voll funktionsfähig ist oder Mutationen enthält, die seine Funktion beeinträchtigen. Andererseits lässt sich aus der Genomanalyse der mtDNA auch ablesen, ob das jeweilige Mitochondrium tatsächlich aus dieser Zelle stammt oder ob es eingesammelt wurde.

Ein Austausch in beide Richtungen

Im Fachjournal »Nature« beschreiben Forschende um Hideki Ikeda vom Krebsforschungsinstitut in Chiba, Japan, einen bis dato unbekannten Mitochondrientransfer zwischen Krebszellen und tumorinfiltrierenden Leukozyten (TIL). Sie berichten, dass es sich dabei tatsächlich um einen Austausch handelt – dass also Tumor- und Immunzellen am Ende fast nur noch die Mitochondrien der jeweils anderen enthalten – und dass dieser Austausch den Krebszellen helfen und die TIL schwächen könnte.

Mithilfe von Tumorgewebe von Patienten, fluoreszenzmarkierten Mitochondrien und Wirkstoffen, die die Ausbildung von TNT gezielt hemmen, konnten die Forschenden in einer Reihe von Experimenten zeigen, dass Krebszellen via TNT Mitochondrien aus TIL »absaugen« können. Im Gegenzug erhalten die TIL Mitochondrien von den Krebszellen, aber nicht über den TNT, sondern über extrazelluläre Vesikel, die die Krebszellen freisetzen und die von den TIL aufgenommen werden.

Das Perfide daran: Die Mitochondrien, die die Krebszellen an die Immunzellen abgaben, waren alles andere als Hochleistungs-Organellen. Sie enthielten Mutationen, die dazu führten, dass die TIL ihre Arbeit einstellten, aber nicht abstarben (Seneszenz). Gleichzeitig waren sie mit dem Protein USP30 markiert, was den normalerweise stattfindenden Abbau von mutierten Mitochondrien verhinderte.

In vitro waren TIL, die Mitochondrien aus Krebszellen enthielten, deutlich schlechter darin, Krebszellen abzutöten, als TIL, die ihre eigenen Mitochondrien enthielten. Wurde der Mitochondrientransfer gestoppt, nahmen die Seneszenzcharakteristika der TIL ab; in Mäusen sank daraufhin die Tumorlast und eine Krebs-Immuntherapie gewann an Wirksamkeit.

In einem Beitrag auf der Nachrichtenseite von »Nature« zu der Studie heißt es, dass ein Mitochondrientransfer via TNT Immunzellen auch stärken kann – nämlich dann, wenn diese dabei funktionstüchtige Mitochondrien von anderen Zellen erhalten. Es sei daher noch zu klären, welche Rolle jeweils die Herkunft der Mitochondrien, der Mechanismus des Transfers und die metabolischen Eigenschaften der transferierten Mitochondrien spielen. Zum jetzigen Zeitpunkt sei unklar, ob etwa Arzneistoffe, die in diese Prozesse eingreifen, die Wirksamkeit einer Krebs-Immuntherapie steigern könnten.

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