Wie KI die Medizin revolutionieren könnte |
Laura Rudolph |
10.05.2023 09:30 Uhr |
Beim Bayerischen Apothekertag referierte der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar über die Möglichkeiten, KI in der Medizin einzusetzen. / Foto: BAV/Sabrina Spies
»Ich bin überzeugt, dass künstliche Intelligenz in vielen Bereichen einen großen Umbruch bringen wird«, sagte Ranga Yogeshwar. Der Wissenschaftsjournalist wurde 1959 als Zwillingskind in Luxemburg geboren. Seinerzeit gab es noch keinen Ultraschall – die Ärzte seiner Mutter rechneten lediglich mit einem großen Kind, nicht jedoch mit Zwillingen, wie Yogeshwar in einer Anekdote erzählt.
Seitdem hat sich in der Technik viel verändert – nicht nur in Sachen Pränataldiagnostik. Insbesondere das Thema künstliche Intelligenz (KI) erfreut sich zunehmender Bekanntheit, wie der Wissenschaftsjournalist anhand von Statistiken zu Suchanfragen im Internet verdeutlichte.
»Die Idee der KI ist dabei schon sehr alt«, so Yogeshwar. Bereits 1958 habe es in der »New York Times« Artikel zu sogenannten Perzeptronen gegeben – ein vereinfachtes künstliches Neuron als Einheit eines neuronalen Netzes. Ein solches Perzeptron kann für maschinelles Lernen verwendet werden. Dass KI heutzutage so fortgeschritten ist, liege auch an der »unglaublich hohen Rechenleistung« moderner Rechner. »Wenn man das menschliche Gehirn betrachtet, stellen wir fest: Wir sind noch nicht am Ende der KI angekommen. Die Technik ist weit hinter der Biologie hinterher«, so Yogeshwar.
Insbesondere seit 2017 hätten sich die sogenannten Transformer-Modelle, die wichtiger Bestandteil von KI sind, revolutionär verbessert. Dies führte zu einem riesigen Fortschritt von KI in Sachen Lesen und Bildverständnis. »In diesen Bereichen hat die KI inzwischen sogar die menschliche Leistung überschritten«, so Yogeshwar.
Chancen sieht der Wissenschaftsjournalist etwa im Bereich der KI-gestützten Diagnostik, die sich als großer Vorteil für ärmere Länder mit schlechter ärztlicher Versorgung erweisen könnte. Yogeshwar berichtete von der Parkinson‘s Voice Initiative: Einer Gruppe von Forschenden war es gelungen, anhand von Stimmaufnahmen Parkinson-Erkrankungen zu erkennen. Auch sei es in Experimenten möglich gewesen, die neurologische Erkrankung anhand eines Smartphone-Beschleunigungssensors festzustellen.
»Wir kommen in neue Phase der datenbetriebenen Diagnostik, die atemberaubend ist«, so der Wissenschaftsjournalist. Er sehe große Chancen. Auch die Arzneimittelforschung könnte durch KI revolutioniert werden, so Yogheshwar, beispielsweise durch das Vorhersagen von Proteinfaltungen. »KI-Systeme entwickeln sich mit größer werden Qualitäten, die Wissenschaftler nicht erahnt haben«, so Yogeshwar. Es sei etwa bereits gelungen, dass eine KI anhand von Daten des menschlichen Gehirns aus der funktionellen Magnetresonanztomographie mit relativ hoher Genauigkeit wiedergeben konnte, welches Motiv der Mensch in der Kernspintomografie zum Zeitpunkt der Aufnahme gesehen hat.
»Diese Maschine konnte den Menschen quasi in den Kopf schauen.« Diese Technologie könnte etwa bei der Entwicklung für Hilfssysteme für Menschen mit einer Sprachbehinderung dienen, so Yogeshwar. Er betonte: »Wenn Sie denken, das sei Science-Fiction, dann denken Sie daran: Vor einigen Jahrzehnten konnte sich auch niemand vorstellen, dass einmal Menschen mit Stents oder Herzschrittmachern herumlaufen.«
Die KI hat jedoch auch Grenzen, wie Yogeshwar verdeutlicht: »Künstliche neuronale Netzwerke sind nicht wie wir. KI-Systeme können schneller getäuscht werden, beispielsweise ist die Bilderkennung schnell gestört, sobald ein Rauschen über ein Bild gelegt wurde und die gelernte Information für die KI atypisch wird. KI ist also eine Art von Orakel, das nur auf Basis von Korrelationen arbeitet.«
Eines unterscheide den Menschen laut Yogeshwar ganz deutlich von Künstlicher Intelligenz: »Sie haben Empathie und Vertrauen im normalen Netzwerk. Die Kommunikation mit allem Drum und Dran macht uns erst menschlich.«