Pharmazeutische Zeitung online
Debatte im Landtag NRW 

Wie kann profane Kochsalzlösung knapp werden? 

Wie kann etwas so Einfaches wie Kochsalzlösung knapp werden in deutschen Apotheken und Krankenhäusern? Und was bedeutet das für die Patienten? Im Landtag von Nordrhein-Westfalen wurde am Donnerstag ausführlich über diese Fragen diskutiert. Dabei kam auch die geplante Apothekenreform zur Sprache. 
dpa
11.10.2024  14:45 Uhr

Trotz eines Mangels an medizinischen Kochsalzlösungen muss sich nach Worten von Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) kein Patient Sorgen um seine Behandlung machen. »Wir haben ein Lieferproblem, aber wir haben Gott sei Dank kein Problem, dass wir akut irgendetwas verschieben müssen«, sagte Laumann in einer Aktuellen Stunde des Düsseldorfer Landtags.

Anlass der von der AfD beantragten Aktuellen Stunde war eine Warnung des Apothekerverbands Nordrhein (AVWL): Verbandschef Thomas Preis hatte am Wochenende in der »Rheinischen Post« darauf hingewiesen, dass medizinische Kochsalzlösungen viel zu knapp seien. Sie werden in Krankenhäusern etwa für Infusionen und Spülungen bei Operationen benötigt. Steriles Salzwasser wird auch gebraucht, um Medikamente anzurühren, Schmerzmittel zu verdünnen oder Antibiotika-Lösungen herzustellen.

Starke Abhängigkeit von fernen Ländern

Alle Fraktionen unterstrichen die Notwendigkeit, die Arzneimittelproduktion in Europa wieder zu stärken, um die starke Abhängigkeit von China, Indien und den USA zu reduzieren. »Während im Jahr 2000 noch rund 30 Prozent der Produktion in Asien erfolgte, sind es inzwischen schon über 60 Prozent«, sagte die FDP-Abgeordnete Susanne Schneider. Zudem hätten jüngste Überregulierungen in der EU dazu geführt, dass sich die Produktion von Arzneien mit niedrigen Erlösen für die Unternehmen gar nicht mehr lohne, kritisierte die frühere Pharma-Referentin.

Laumann mahnte Ehrlichkeit in der Debatte an. »Wenn wir die Resistenz der Arzneimittelherstellung in Europa wollen, dann werden Arzneimittel tendenziell teurer.« Wenn aber der Sozialversicherungsbeitrag nicht steigen solle und gleichzeitig die Bundesregierung aufgrund der Haushaltsengpässe Steueranteile in der Sozialversicherung zurückführe, dann gehe das nicht auf.

»Wir können nicht sagen, wir wollen das alles haben, aber das kostet nichts«, stellte der CDU-Politiker fest. »Mir ist die Versorgungssicherheit das Wichtigste in diesem Gesundheitssystem und diese Versorgungssicherheit hat auch ihren Preis.« Er sehe keine Möglichkeit, das System zu stabilisieren, ohne eine Beitragserhöhung in den Krankenkassen und in der Pflegeversicherung. »Und deswegen sollten wir nicht alle sofort herumschreien, wenn wir im nächsten Jahr zur Erhöhung von Krankenkassenbeiträgen kommen.«

AfD-Fraktions- und Landesparteichef Martin Vincentz kritisierte hingegen: »Die Menschen sollen immer mehr zahlen, die Leistung indes wird immer schlechter.« Die seit Jahren chronischen Arzneimittel-Lieferengpässe seien »ein Desaster mit Ansage«.

Die Frage aller Fragen

»Wie kann etwas so Profanes wie steriles Salzwasser in einer der größten Industrie-Nationen und einem der stärksten Chemie-Standorte Europas knapp werden?«, fragte Vincentz, der selbst Arzt ist. Die etablierte Politik habe das Land »zum Krisengebiet gemacht«. Mindestens die Produktion lebenswichtiger Medikamente müsse dringend wieder nach Europa geholt werden. Das Land sollte schleunigst mit den Herstellern sprechen, um die Kapazitäten zu erhöhen. Insbesondere der Chemie-Standort NRW könne hier eine Vorreiterrolle einnehmen.

Nach Daten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gibt es aktuell bei knapp 500 Medikamenten Lieferschwierigkeiten. Laut Düsseldorfer Gesundheitsministerium sind die Kliniken in NRW und in Deutschland bereits seit Monaten nur noch mit rund 80 Prozent der Bedarfe – zuletzt sogar bloß mit rund 50 Prozent – beliefert worden.

Weltweite Mangellage

Das Problem werde in NRW sehr ernst genommen, allerdings liege die Zuständigkeit für die Lösung beim Bund, betonten Abgeordnete von CDU und Grünen. Sie unterstrichen ebenso wie die SPD, es handle sich um eine weltweite Mangellage und kein deutsches Problem. Importe von Kochsalzlösungen habe der Bundesgesundheitsminister jetzt erleichtert, berichtete Laumann. »Und das kann nur er.« Es gebe keine regionalen Arzneimittelmärkte, sondern heutzutage sogar eher europäische als nationale.

Ihm sei bewusst, dass die Bevölkerung die Lage so wahrnehme, dass der Staat das tägliche Leben nicht mehr so organisiere, dass man sich auf alles verlassen könne, sagte Laumann. Fakt sei aber, »dass wir das alles in allem immer noch hinkriegen – und das ist auch bei der Kochsalzlösung so«. Die gut ausgebildeten Apotheker seien in der Lage, die Lösungen selbst herzustellen – wie es etwa in den Krankenhausapotheken zurzeit gemacht werde – oder fehlende Medikamente durch vergleichbare Wirkstoffe zu ersetzen. An diese Kompetenzen sollte man nicht die Axt legen, indem man in Deutschland vom Prinzip der inhabergeführten Apotheke abweiche, warnte Laumann mit Verweis auf das umstrittene Apothekengesetz des Bundesgesundheitsministeriums.

Keine Panik

Die seit Jahren zunehmende Arzneimittelknappheit sei nicht hinzunehmen, betonte die Grünen-Abgeordnete Meral Thoms. Es liege aber auch in der Verantwortung der Politik, keine Panik zu schüren. Im Bereich der Kinderarzneien sei die Lage laut BfArM deutlich entspannter als im Vorjahr: »Bei den Fiebersäften gibt es keine Lieferengpässe, bei den Antibiotika-Säften ist der Lieferengpass bei Penicillin V bis Ende Oktober behoben.«

Der CDU-Abgeordnete Marco Schmitz nannte es »unverantwortlich, zu suggerieren, dass das Land allein diese Engpässe beheben könnte«. Der SPD-Abgeordnete Thorsten Klute meinte, mit ihrem eingeschränkten Blick nehme die AfD die weltweite Mangellage nicht wahr.

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa