Wie halten wir es mit dem Cannabis? |
Cornelia Dölger |
30.09.2025 14:10 Uhr |
Beim Thema Cannabis sind Union und SPD öfter uneins. / © Getty Images/ ArtistGNDphotography
Das »Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis« (CanG) ist seit gut anderthalb Jahren in Kraft. Es geht darin um legales Kiffen für Erwachsene und um den Umgang mit Medizinalcannabis. Beides fördert die Harmonie innerhalb der Koalition nicht gerade. Dies zeigen einmal mehr die sehr unterschiedlichen Reaktionen von Union und SPD auf eine erste Evaluation der Teilfreigabe, die gestern vorgestellt wurde.
Die Union, die das Ampelgesetz eigentlich kippen wollte und dies sogar im Wahlkampf thematisierte, hatte sich im Koalitionsvertrag schließlich damit zufrieden gegeben, dass der zentrale Gesetzesteil zum Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz – KCanG) wissenschaftlich ausgewertet wird.
Diese erste Experteneinschätzung ergab nun, dass es beim Konsumcannabis zunächst keinen dringenden Handlungsbedarf gebe; so habe die Teilfreigabe keine dramatischen negativen Auswirkungen auf Konsumverhalten oder Gesundheitsschutz, der ohnehin sinkende Trend beim Jugendkonsum setze sich fort. Das Ziel, den Schwarzmarkt trockenzulegen, werde unter den aktuellen Voraussetzungen – vor allem zu wenige Anbauvereinigungen – allerdings nicht erreicht. Die Entkriminalisierung sei aber immens.
Letzteres wertet die SPD als Erfolg. Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Christos Pantazis, hebt hervor, dass mit der Teillegalisierung »die größte Entkriminalisierung in der Geschichte der Bundesrepublik« einhergegangen sei. Cannabisdelikte seien um 60 bis 80 Prozent zurückgegangen, der Schwarzmarkt sei zudem »auf dem Rückzug«. »Besonders erfreulich« sei, dass der Konsum unter Jugendlichen weiter zurückgegangen sei, während es bei Erwachsenen keinen sprunghaften Anstieg gebe. »Damit zeigt sich: Prävention und Schutz wirken«, so der Braunschweiger Bundestagsabgeordnete und Arzt.
Auch die SPD-Rechtsexpertin Carmen Wegge hält die Ergebnisse für erfreulich. Die Legalisierung von Cannabis sei »der richtige und längst überfällige Schritt«, so Wegge in Berlin. Die erreichte Entkriminalisierung entlaste nicht nur Konsumierende, sondern vor allem auch Polizei und Justiz.
Die Union sieht in der Auswertung andere Schwerpunkte – nämlich vor allem die Risiken, die mit dem erleichterten Konsum einhergingen. Der Bundesdrogenbeauftragte und CDU-Abgeordnete Hendrik Streeck kritisierte, dass das Gesetz sein Ziel verfehle, den Gesundheitsschutz zu stärken. Denn die Zahl der Frühinterventionen sei rückläufig, zudem gebe es mehr akute Gesundheitsstörungen durch Cannabis und der Importanteil von Medizinalcannabis sei deutlich gewachsen – auch das habe die Evaluation ergeben.
Auch beim Medizinalcannabis sind Union und SPD bislang uneins. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) will das Medizinalcannabisgesetz (MedCanG) verschärfen und Erstverordnungen künftig nur noch bei persönlichem Arztkontakt in der Praxis erlauben. Laut dem Referentenentwurf soll zudem der Versand von Cannabisblüten verboten werden.
Mit der Verschärfung will Warken Missbrauch unterbinden. Mit dem CanG wurde nämlich auch der Gebrauch von medizinischem Cannabis über das MedCanG neu geregelt. Cannabis kann damit auf normalem Rezept verordnet werden, auch online. Dass seitdem die Importzahlen von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken in die Höhe schossen, legt den Verdacht nahe, dass es sich um Privatrezepte für Selbstzahler handelt.
Noch ist der Entwurf nicht auf dem Kabinettstisch – und dies zeigt den Gesprächsbedarf zwischen den Koalitionären an. Ein angedachter Termin für Anfang September fand nicht statt, wohl weil die Positionen vorab zu weit auseinander gingen. Denn auch hier hatte die SPD-Politikerin Wegge im Vorfeld gegen eine Verschärfung getrommelt; der Zugang zu Medizinalcannabis für Patientinnen und Patienten sei vereinfacht worden, eine »verlässliche, wohnortnahe und barrierefreie Versorgung« sei sicherzustellen. Die digitale Versorgung spiele insbesondere für chronisch Kranke sowie in unterversorgten Gegenden eine wichtige Rolle – ein Argument, das auch die Cannabisversorger anbringen, wenn es um die geplante Änderung geht.
So wertet Anbieter Grünhorn die Evalutionsergebnisse positiv. Die Teillegalisierung sei ein »Lichtblick auch für therapiebedürftige Menschen«, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens. Die Regulierung bei Cannabis sei »auf dem richtigen Weg«, so Grünhorn-CEO Stefan Fritsch. Die geplante Verschärfung des MedCanG sei hingegen kontraproduktiv und gefährde die Patientenversorgung.
Ob sich Union und SPD auf einen Weg einigen können, könnte sich kommende Woche zeigen. Das MedCanG soll nach PZ-Informationen am 8. Oktober im Kabinett besprochen werden.