Wie die »NextGen« die Apothekenreform retten will |
Alexander Müller |
13.10.2025 16:02 Uhr |
Die »NextGen« der Standespolitik: Jan-Niklas Francke, Franziska Scharpf, Jan Harbecke und Ina Lucas mit Moderator und PZ-Chefredakteur Alexander Müller (v.l.n.r.) / © PZ
Die Eckpunkte der geplanten Apothekenreform sind eine Enttäuschung. Die versprochene Erhöhung des Packungsfixums auf 9,50 Euro soll vertagt werden, stattdessen taucht die »PTA-Vertretung« in den Plänen von Bundesgesundheitsministerin Nin Warken (CDU) wieder auf.
Wie damit umzugehen ist, besprach die »NextGen« der Standespolitik beim Treuhand Dialog in Berlin: ABDA-Vizepräsidentin Ina Lucas, BAK-Vize Franziska Scharpf, DAV-Vorstandsmitglied Jan-Niklas Francke und Jan Harbecke vom Apothekerverband Westfalen-Lippe und Mitglied der Verhandlungskommission des DAV.
Lucas erinnerte die Regierung an den Koalitionsvertrag, in dem die Honorarerhöhung bis auf die Nachkommastelle zugesagt sei. Auf solche konkreten Zusagen müsse man sich verlassen können – und zwar nicht nur die Apothekenteams, sondern die Gesellschaft. »Das ist eine Gefahr für unsere Demokratie«, so Lucas.
Franziska Scharpf sieht es ähnlich. Die Finanzprobleme der GKV seien auch schon bekannt gewesen, als der Koalitionsvertrag im Frühjahr unterschrieben wurde. Es mache ihr große Angst, wenn die Politik selbst so kurze Zeiträume nicht mehr überblicken könne.
Die schließlich ausgebliebene steuerliche Unterstützung – Stichwort Bürgergeld – für die Kassen will Francke nicht als Entschuldigung dafür gelten lassen, dass den Kassen das Geld für die Arzneimittelversorgung fehle. Es sei nicht Aufgabe der Apotheken, die GKV finanziell zu stabilisieren. Und Francke will sich mit losen Versprechungen der Politik nicht mehr abspeisen lassen – gemeint war die »Wiedervorlage« der Honorarerhöhung. Die 9,50 Euro seien »nicht verhandelbar«.
Das Problem: Die Politik verhandelt auch gar nicht, sondern schickt sich an, die Erhöhung einfach auszulassen. Und dann? Harbecke glaubt an die Macht gemeinsamer Proteste, mahnte aber zur Geschlossenheit. Maßnahmen würden in den demokratisch gewählten Gremien beschlossen, und dann sollten sich auch alle daran halten und auf Alleingänge verzichten.
Damit hatte sich ein Kernpunkt der Debatte – unter reger Beteiligung des Publikums – herauskristallisiert: Die Standesvertretung benötigt den Input von der Basis, um möglichst gute Entscheidungen zu treffen. Harbecke würde sich beispielsweise eine größere Beteiligung in den Landesverbänden wünschen.
Auf der anderen Seite müssten die gewählten Vertreterinnen und Vertreter sich erklären, ihre Entscheidungen transparent machen. Weil sich nicht jede einzelne Maßnahme schnell mit allen abstimmen lässt und Geschlossenheit für den Erfolg trotzdem wichtig ist, benötigt die Standesvertretung dann wiederum das Vertrauen, schon im Sinne der Mitglieder zu handeln. Dass man sich auf diese Formel eines Miteinander verständigen könnte, wurde von den rund 150 Teilnehmern des Treuhand Dialogs mit großem Applaus quittiert.
Neben dem Honorar ist die PTA-Vertretung ein Streitpunkt in den Plänen von Ministerin Warken. Lucas warnte vor einer »Verschiebung der Leistungsverantwortung«. Zu jeder Zeit könne in der Apotheke etwas passieren, das die Präsenz eines Apothekers oder einer Apothekerin erfordere. Sie sei ein Fan davon, PTA mehr Verantwortung im Alltag zu übertragen, aber eben nicht die Leitung des Betriebes.
Francke ist überzeugt, dass der Beruf der PTA mit den neuen Aufgaben ohnehin deutlich attraktiver werden wird. Und mit zusätzlichen Qualifikationen etwa im Bereich Vertragswesen oder Abrechnung ließe sich der Beruf auch wirtschaftlich aufwerten.
Scharpf ist selbst PTA und Apothekerin. Sie kann sich vorstellen, dass die Anerkennung der Ausbildung ein später angeschlossenes Studium verkürzen kann. Denn heute dauere beides zusammen mindestens zehn Jahre. Nur 1 Prozent der PTA würde diesen Weg beschreiten. Allerdings sind bei solchen Umstellungen auch europäische Vorgaben zur Mindeststudienzeit zu beachten.
Lucas sieht noch Chancen, dass die Kritikpunkte an den Reformplänen noch aufgenommen werden. Sie erlebe eine zugewandte Ministerin und auch die beiden Staatssekretäre Georg Kippels und Tino Sorge wüssten, wo bei den Apothekern der Schuh drückt. Deshalb sei in dieser Phase noch Diplomatie gefragt, so Lucas, obwohl sie den Unmut der Kolleginnen und Kollegen durchaus verstehen könne.