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Planetares Denken

Wie die Natur unsere Politik klüger machen könnte

Zwischen der Zerstörung der Umwelt und dem Auftreten von Pandemien sehen viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen direkten Zusammenhang. Müssen Wildtiere in neue Lebensräume ausweichen, steigt das Risiko für die Ausbreitung und Übertragung von Viren, beschleunigt durch Massentierhaltung und Wildtiermärkte. Naturkundliche Museen zeigen Wege auf, um diesen Trend umzukehren.
Angela Kalisch
30.04.2025  09:00 Uhr

Als Löwe, Elefant und Giraffe in der Zeitung lesen, dass die Menschen nicht in der Lage sind, die von ihnen selbst verursachten Probleme Krieg, Hungersnot und Umweltzerstörung zu lösen, berufen sie selbst eine Konferenz ein. Mit radikalen Maßnahmen, aber auch moralischer Überlegenheit gegenüber den Menschen, gelingt es den Tieren, eine friedliche Zukunft zu errichten.

Der Roman »Die Konferenz der Tiere« von Erich Kästner erschien im Jahr 1949. Heute, gut 75 Jahre später, scheint die Lösung für die globalen Probleme der Menschheit in immer weitere Ferne zu rücken. Bleibt Kästners Utopie von einer besseren Welt also eine rein kindliche Fantasie? Oder wäre es nicht tatsächlich denkbar, nichtmenschlichen Akteuren eine politische Stimme zu geben und sie in demokratische Entscheidungsprozesse einzubeziehen?

Zum Abschluss der Vortragsreihe »Wir können auch anders« des Senckenberg Naturmuseums in Frankfurt am Main referierte der Politikwissenschaftler Professor Claus Leggewie vor Kurzem über die Notwendigkeit politischer Teilhabe der Natur. Beim Thema Umweltschutz agiere die Politik viel zu langsam, denn Umwelt-Kipppunkte würden sich weder für Legislaturperioden noch für Staatsgrenzen interessieren, so Leggewie, der in Gießen das Panel für Planetary Thinking leitet. Es sei ein Fehler, Natur und Gesellschaft getrennt voneinander zu betrachten. Doch wie könnte ein Gremium aussehen, das nichtmenschliche Lebewesen einschließt?

Natur-Mensch-Beziehung neu denken

Dazu führte Leggewie aus, wer eigentlich in die politische Willensbildung eingeschlossen ist. Am Beispiel des Wahlrechts in Deutschland machte er deutlich, dass dieses sich dynamisch entwickelt. Noch vor etwas mehr als 100 Jahren schien es noch undenkbar, Frauen eine Stimme zu geben. Vor gerade einmal 55 Jahren wurde das Wahlalter von 21 auf 18 Jahre gesenkt, aktuell wird darüber diskutiert, schon mit 16 wählen zu dürfen. Kinder- und Jugendparlamente tragen der Erkenntnis Rechnung, dass auch die Interessen zukünftiger Generationen Berücksichtigung finden sollten. Noch fehle es an der Vorstellungskraft, bisher unberücksichtigte Stimmen einzuschließen. Doch auch Tiere und Umwelt benötigen laut Leggewie dringend eine effektive Repräsentation.

Sicher, anders als in Kästners Roman können weder die Milchkuh noch der Regenwald oder der Gletscher selbst vorsprechen und ihre Rechte einfordern. Stattdessen geben sich Lobbygruppen das Mandat, Tiere und Umwelt zu vertreten. Advocacy und Stewardship sind die Methoden, mit denen Repräsentanten sich für die Umwelt einsetzen, also durch Kampagnen und Proteste gegen bestehende Missstände auf der einen und Maßnahmen wie beispielsweise die Ausweisung von Naturschutzgebieten auf der anderen Seite. Allen Konzepten gemeinsam bleibt die menschliche Perspektive. Ein Parlament der Natur, das ohne den Menschen als Stellvertretung auskommt, sei aktuell zwar noch nicht vorstellbar, deshalb aber nicht ausgeschlossen, so Leggewie.

Kunst und Kultur bemühen sich bereits um andere Weltbilder der Mensch-Natur-Beziehungen, deren Anliegen es ist, die Natur nicht länger als Gegenspielerin zu betrachten, deren Ressourcen sich ausbeuten lassen. Vielmehr sei sie eine gleichberechtigte Mitwelt der Menschen und sie müsse vom Objekt zur Akteurin werden. Einige Beispiele gibt es bereits, wie der Umwelt eigene Rechte zukommen können. So hat etwa Ecuador im Jahr 2008 die Rechte der Natur in seine Verfassung aufgenommen. Der Whanganui-Fluss in Neuseeland wurde 2017, die Salzwasserlagune Mar Menor in Spanien 2022 als juristische Person anerkannt.

Die Krise von Klima und Demokratie hängen zusammen

»Nichts ist so politisch wie die Natur«, betonte auch Johannes Vogel, Direktor des Museums für Naturkunde in Berlin. Vogel und seine Frau Sarah Darwin – Ururenkelin des Naturforschers Charles Darwin – engagieren sich aktiv für Umweltschutz und Artenvielfalt und eine nachhaltige Lebensweise. Die Rolle naturkundlicher Sammlungen sei längst nicht mehr die von reinen Sammelstellen mit Objekten der Vergangenheit, erklären sie. Vielmehr müssten sie zu einem Ort politischer Debatten werden. 

Der Journalist Boris Herrmann hat mit dem Wissenschaftler-Ehepaar in mehreren Etappen lange Interviews geführt, die nun als Gesprächsbuch erschienen sind. Darin geht es um den direkten Zusammenhang zwischen der Klimakrise und den zahlreichen politischen und demokratiegefährdenden Krisen weltweit. Die Ressourcen zerstörende Lebensweise der Menschen sehen sie als Ursache nicht nur für das Artensterben in Flora und Fauna, sondern auch für Fluchtbewegungen, Verteilungskriege und die Ausbreitung von Pandemien. 

Die Gespräche spannen einen gleichermaßen unterhaltsamen wie lehrreichen Bogen von den Naturforschern Charles Darwin und Alexander von Humboldt bis in die heutige Zeit. Es geht um Meeresschildkröten und Mikroplastik, um Hühnerknochen und Vogelnester, um Wiesen und Parkplätze. Das Buch ist reich bebildert mit Naturaufnahmen und Fotografien von Präparaten aus dem Naturkundemuseum. Diese treten als stumme Zeugen der Vergangenheit in einen Dialog mit den Betrachtenden und können dabei einiges über die Zukunft erzählen – sofern der Mensch endlich bereit ist, der Natur zuzuhören. 

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