Wie der Klimawandel die Gesundheit beeinträchtigt |
Zunehmend sind auch ältere Menschen durch die Folgen des Klimawandels belastet, etwa durch die vielen Hitzewellen in Deutschland im Jahr 2018. Das geht aus einer gesonderten Mitteilung des Lancet-Teams hervor, die Daten für Deutschland zusammenfasst. Im Jahr 2016 trug demnach die Feinstaubbelastung (PM 2,5) zu mehr als 44.800 vorzeitigen Todesfällen in der Bundesrepublik bei, 8000 davon seien auf die Verbrennung von Kohle zurückzuführen. Feinstaub stammt unter anderem auch aus dem Verkehr und der Industrie. Wirtschaftliche Verluste und Gesundheitskosten durch Feinstaub beliefen sich dem Bericht zufolge auf 20 Milliarden Euro. Die Luftverschmutzung insgesamt habe 2016 weltweit zu 7 Millionen Todesfällen geführt, 2,9 Millionen davon habe Feinstaub verursacht.
Allergieforscher Professor Dr. Torsten Zuberbier von der Charité in Berlin begrüßt den Report grundsätzlich. Es fehle jedoch ein wichtiger Aspekt, der auch die Schulleistungen betreffe: Durch den Klimawandel habe sich Pollenflug verstärkt und die Blütezeit verlängert. Zudem breiteten sich allergene Pflanzenarten wie etwa Ambrosia in Europa weiter aus. Daher sei es unverständlich, dass der Report Allergien komplett ignoriere.
Dr. Sebastian Ulbert vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie in Leipzig sagte, deutsche Ärzte müssten zunehmend von Mücken übertragene Erreger »auf dem Schirm« haben. »So blieben dieses Jahr zum Beispiel die meisten West-Nil-Virus-Infektionen unerkannt, weil bei Grippe-ähnlichen Symptomen niemand an diesen Erreger dachte.« Nötig seien Fortbildungen und gute Testsysteme.
Der Deutschland-Bericht, der in diesem Jahr zum ersten Mal im Lancet-Report enthalten ist, wurde von der Bundesärztekammer in Kooperation mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin, dem Helmholtz Zentrum München, dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung sowie der Hertie School erarbeitet. Zur Veröffentlichung des Berichts kommentiert der Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt in einer Pressemitteilung: »Der Bericht belegt eindrücklich, dass die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels nicht irgendwann in weit entfernten Weltgegenden spürbar werden, sondern hier und heute.«. Die Politik müsse geeignete Rahmenbedingungen schaffen, um Risiken für die Gesundheit abzuwenden. So müssten Gesundheitseinrichtungen durch ausreichend Personal und räumliche Ressourcen auf Extremwetterereignisse vorbereitet werden. »Neben einem nationalen Hitzeschutzplan sind konkrete Maßnahmenpläne für Kliniken, Not- und Rettungsdienste sowie Pflegeeinrichtungen zur Vorbereitung auf Hitzeereignisse notwendig«, sagte Reinhardt.
Bettina Hoffmann, Sprecherin für Umweltgesundheit der Partei Bündnis 90/Die Grünen, betonte, dass Klimaschutz vor allem auch Gesundheitsschutz ist. In einer Pressemitteilung begrüßte sie, dass der Lancet-Report so prominent von Vertretern der Bundesärztekammer vorgestellt wurde. Das sei eine deutliche Botschaft an die Bundesregierung, dass die Bewegung für einen entschiedenen Klimaschutz immer breiter wird. Der Lancet-Report ist ein klarer Appell an die Bundesregierung, alles zu tun, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten. Die derzeitigen Maßnahmen der Bundesregierung reichten bei weitem nicht aus, um künftige Gesundheitsschäden durch die Klimakrise zu vermeiden. »Wir brauchen einen sofort wirksamen CO2-Preis, den Ausstieg aus der Kohlekraft und eine Verkehrswende.« Der Report zeige, dass es für die Gesundheit der Kinder einen riesigen Unterschied machen wird, ob sie in einer Welt aufwachsen, in der das Paris-Abkommen eingehalten wird oder nicht.