Wie beeinflusst das E-Rezept den OTC-Einkauf? |
Ev Tebroke |
07.01.2025 10:00 Uhr |
Im Zuge des E-Rezepts wird sich nach Ansicht des Bundesverbands der pharmazeutischen Industrie (BPI) auch das Kaufverhalten bei OTC verändern. / © picture alliance/dpa
Anfang 2024 startete hierzulande die elektronische Verordnung. Insgesamt wurden bisher fast 545 Millionen E-Rezepte eingelöst (Stand 6. Januar 2025) – entweder in der Vor-Ort-Apotheke oder über Versandapotheken. Für letztere bedeutet das E-Rezept einen wichtigen Schritt und mittels des Card-Link-Verfahrens können sie ihren Kunden nun auch die Einlösung von Rx-Rezepten per elektronischer Gesundheitskarte (EGK) via Smartphone anbieten. Zuvor wurde die E-Verordnung hauptsächlich mittels Stecken der EGK in der Vor-Ort-Apotheke eingelöst.
Doch was bedeutet es, wenn die Versender nun mehr vom E-Rezept profitieren können? Verändert sich auch das Kaufverhalten der Kunden bei OTC? Der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie (BPI) wollte es genauer wissen und hat zusammen mit den Gesundheitsanalysten von »Loge8« eine umfassende Befragung unter 58 OTC-Herstellern, 222 Apotheken und 1284 Konsumenten durchgeführt. Ziel war es, das Verbraucherverhalten und die Präferenzen im OTC-Bereich auszuloten, um im Anschluss entsprechende Strategien ableiten zu können.
Laut Anja Klauke, BPI-Geschäftsfeldleiterin Selbstmedikation, geht ihr Verband davon aus, dass das E-Rezept auch eine Verschiebung des OTC-Kaufes mit sich bringt. »Um für unsere Mitglieder Strategien ableiten zu können, haben wir diese Untersuchung aufgesetzt, die wir in 2025 erneut durchführen wollen.«
Erste Kernaussage der Befragung ist: Der Kunde tendiert bei der E-Rezept-Einlösung zum Versand, weil es bequem ist und er Vorteile bei Zusatzkäufen sieht. Für 47 Prozent der befragten Kunden war entscheidend, nicht das Haus verlassen zu müssen. Der zweitwichtigste Grund (37 Prozent) war für sie, dass dabei versandkostenfrei OTC-Medikamente mitbestellt werden können. Für 29 Prozent war es wichtig, dass niemand mitbekommt, welche Medikamente sie benötigen. 24 Prozent nannten einen Bonus zum Einlösen für Rx-Medikamente als Beweggrund, sich für den Versand zu entscheiden. Und 20 Prozent der Befragten gaben sonstige Gründe an.
Auffallend ist in diesem Zusammenhang, dass die OTC-Hersteller die Lage treffend einschätzen, die Apotheken jedoch eher nicht. 34 Prozent der befragten Hersteller nannten die Bequemlichkeit, nicht das Haus verlassen zu müssen als Hauptgrund, warum Kunden bei der E-Rezept-Einlösung den Versand wählen. Den Bonus schätzen 27 Prozent als Beweggrund ein. Das versandkostenfreie Mitbestellen von OTC sahen 23 Prozent als Anlass.
Die Apotheken hingegen halten mit 40 Prozent den Rx-Bonus als Hauptentscheidungsgrund, dass Kunden ihr E-Rezept beim Versender einlösen. Das versandkostenfreie Mitbestellen von OTC werteten 31 Prozent als Beweggrund. Den Bequemlichkeitsaspekt der Online-Bestellung hielten nur 26 Prozent der befragten Apothekenmitarbeitenden als entscheidend für das Einlöse-Verhalten der Kunden.
Bei der Frage, ob ein Kunde bei der E-Rezept-Einlösung auch ein OTC-Produkt kauft, gehen die Meinungen der drei befragten Gruppen insgesamt deutlich auseinander. Bei den Konsumenten sagen 37 Prozent, dass sie im Versand meist auch ein verschreibungsfreies Arzneimittel erwerben. Beim Einlösen in der Apotheke vor Ort berichten 43 Prozent über einen Zusatzkauf. Auffallend ist jedoch, dass bei dieser Frage sehr viele Kunden keine Angaben machen wollten (Versand 61 Prozent Enthaltungen; Apotheke 48 Prozent).
Bei den OTC-Herstellern gehen 43 Prozent von einem Zusatzkauf in der Apotheke aus. Beim Einlösen des E-Rezepts im Versand vermuten sie allerdings sogar, dass 68 Prozent der Kunden einen Zusatzkauf tätigen.
Die Erfahrungen der Apothekenteams sind hingegen offenbar andere: 70 Prozent der Apothekenmitarbeitenden gaben an, dass ihre Kunden bei Rezept-Einlösung vor Ort auch weitere Käufe tätigen. Für den Versand schätzen sie die Lage mit 69 Prozent ähnlich ein.
Eine dritte Frage untersuchte, warum Kunden für die E-Rezept-Einlösung in die Apotheke vor Ort gehen. Hauptbeweggrund ist demnach, dass sie das Apothekenteam gut kennen (70 Prozent). 34 Prozent der Kunden nannten die gute Beratung zu Arzneimitteln und Gesundheitsfragen als entscheidend. Die Lieferung am selben Tag, falls ein Medikament nicht vorrätig ist, war für 27 Prozent der Kunden ein Anlass für die E-Rezept-Einlösung in der Vor-Ort-Apotheke.
Die Hersteller wiederum hielten die Tatsache, dass die Kunden das Medikament sofort erhalten, für den Hauptgrund (81 Prozent) für deren Wahl der Vor-Ort-Apotheke. An zweiter Stelle (78 Prozent) sahen auch sie den Aspekt, dass die Kunden das Apothekenteam kennen. Die Lieferung am gleichen Tag nannten 62 Prozent als Grund.
Die Apotheken wiederum gewichten die diversen Gründe, warum ein Kunde mit seinem E-Rezept in die Vor-Ort-Apotheke kommt, alle fast gleich stark (92 bis 96 Prozent).
Adam Faßbender, stellvertretender BPI-Vorstandsvorsitzender kommentiert das Ergebnis des Stimmungsbarometers wie folgt: »Rund 77 Prozent des OTC-Geschäfts laufen über die Apotheke vor Ort. Die Apotheke ist unser wichtigster Partner. Umso interessanter ist es für uns, dass bei dieser Befragung an Hersteller, Apotheker und Konsumenten die Antworten teilweise stark voneinander abweichen. Es lohnt sich immer, das Gegenüber genauer kennenzulernen.«
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.