Wie Autoimmunerkrankungen entstehen |
| Carolin Lang |
| 15.01.2024 15:00 Uhr |
Dr. Ilse Zündorf vom Institut für Pharmazeutische Biologie der Goethe-Universität Frankfurt (links) und Professor Dr. Robert Fürst vom Department Pharmazie der Ludwig-Maximilians-Universität München (rechts) / Foto: PZ/Alois Mueller
Das legten Dr. Ilse Zündorf und Professor Dr. Robert Fürst beim wissenschaftlichen Auftaktvortrag des Fortbildungskongresses Pharmacon in Schladming dar: Toleriert das Immunsystem fremde, aber harmlose Strukturen nicht, kommt es zu Überempfindlichkeitsreaktionen. Toleriert es hingegen harmlose, aber körpereigene Strukturen nicht, entstehen Autoimmunerkrankungen.
Verschiedene Toleranzmechanismen sollen Letzteres verhindern. Diese betreffen vor allem das adaptive Immunsystem, das zur spezifischen Antigenerkennung fähig ist, erklärte Zündorf. Auf zellulärer Ebene setzt sich dieses aus B- und T-Zellen zusammen, die über ihre Rezeptoren (BCR/TCR) je ein Antigen spezifisch erkennen. Durch die somatische Rekombination entsteht eine enorme Vielfalt an BCR und TCR, die es ermöglicht, dass »prinzipiell jedes Antigen« erkannt wird.
»Leider können diese Antigene auch körpereigen sein«, so die Biologin. Denn in den Genen für TCR und BCR sind keine Informationen für Selbsttoleranz abgelegt. Als solche werde die Fähigkeit des Immunsystems bezeichnet, körpereigene Strukturen zu erkennen, um sie von abzuwehrenden körperfremden oder körpereigenen Strukturen zu unterscheiden, erklärte Fürst. Stattdessen sorgen aktive Prozesse des Aussortierens dafür, eine Autoreaktivität der Zellen zu verhindern.
Dabei würden bis zu 85 Prozent ursprünglich gebildeter B-Zellen und bis zu 98 Prozent neu gebildeter T-Zellen ausgemustert, legte Zündorf dar. Dennoch sei immer eine gewisse Autoimmunität vorhanden, was auch als physiologische Autoimmunität bezeichnet wird. »Das ist letztlich der Preis dafür, dass wir so ein immenses Repertoire an BCR und TCR anlegen«, erklärte sie.
Vorhersagen darüber, wer wann an einer Autoimmunerkrankung erkranken wird, seien jedoch »praktisch unmöglich«, hieß es abschließend. Das Auftreten sei mit genetischen, umweltbedingten und mikrobiellen Faktoren assoziiert, die jedoch im Einzelfall nur selten klar zu definieren sind.