Wie Apotheken sich vor Einbruch schützen |
Jennifer Evans |
08.08.2025 18:00 Uhr |
Schwachstelle erkennen: Mit der richtigen Kombination aus mechanischem Einbruchschutz, Videoüberwachung und Risikoverteilung lassen sich Apotheken wirksam absichern. / © Adobe Stock/Sigtrix
Bargeld, Betäubungsmittel, Patientendaten – Vor-Ort-Apotheken sind ein attraktives Ziel für Kriminelle. Oft liegen Apotheken in Gebäuden, die abends und am Wochenende leer stehen und von anderen Ladengeschäften umgeben sind. Einbrüche haben leichtes Spiel. Da Einbrecher häufig nur unter drei Minuten dauern, laufen sie kaum Gefahr, in dieser Zeit entdeckt zu werden. Noch dazu liegen viele Offizinen verkehrsgünstig, was gute Fluchtmöglichkeiten bietet. Auch die großen Schaufenster und Automatiktüren sind geradezu eine Einladung für die Täter.
Gelingt das Vorhaben, entstehen nicht nur Ärger und hohe Kosten, wenn man die Schäden reparieren muss, sondern es kann auch zu einer Betriebsunterbrechung kommen oder psychische Probleme für das Team nach sich ziehen. Doch mit ein paar Tricks lässt sich der eigene Betrieb sicherer machen. Denn die Angriffsmuster der Täter ähneln sich oft.
Zunächst vorweg: Alarmanlagen sind nicht besonders effektiv. Da sie gemäß gesetzlichen Vorgaben bereits nach drei Minuten verstummen müssen, zeigt das je nach Tageszeit und Lage der Apotheke kaum Wirkung. Und sollten sie einmal einen Fehlalarm auslösen, kann es teuer werden. Muss die Polizei nämlich fälschlicherweise anrücken, trägt der Betreiber die Verantwortung – unabhängig von Zertifizierung oder technischen Defekten. Je nach Region beziehungsweise Bundesland kann ein solches Missgeschick mit rund 200 Euro zu Buche schlagen.
Ähnlich ungünstig ist eine reine Fernüberwachung, bei der ein Fahrer sich erst auf den Weg zur Offizin machen muss, wenn das System ihm einen ausgelösten Alarm meldet. Bis er vor Ort eintrifft, ist der Diebstahl längst gelaufen. Besser wirkt eine Videoüberwachung mit Interventionsmöglichkeit, sprich eine Sicherheitsperson kann den Übeltäter sofort ansprechen und ihn damit in flagranti etwa beim Einschlagen der Scheibe unterbrechen. Ein solcher Live-Einbruchsschutz eignet sich nicht nur für große Glasflächen beispielsweise an der Eingangstür, sondern auch für die Nacht- und Notdienstklappe.
Laut Experten steigen mit einer Sprechanlage die Chancen, dass der Einbrecher schnell das Weite sucht. Laut »Keinbruch«, einer Initiative der Polizei und der Wirtschaft, bliebt im Jahr 2024 nahezu die Hälfte (45,7 Prozent) der Einbruchsdelikte im Versuchsstadium stecken. In diesem Zusammenhang betonen die Experten, dass Strahler oder Bewegungsmelder an der Fassade zwar abschreckend wirken, aber mehr auch nicht. Wenn Profis am Werk sind, ist mehr Schutz erforderlich.
Besser ist es also, schwache mechanische Sicherungen auf klassische Art zu optimieren. Einbruchhemmende Türen und Fenster mit Widerstandsklassen ab RC3 gemäß DIN EN 1627 verzögern den Einstiegsversuch deutlich. Sie stellen sicher, dass es in der Gesamtkonstruktion von Türblatt, Zarge, Schloss und Beschlag keinen Schwachpunkt gibt.
Grundsätzlich müssen Handwerker Zargen mechanisch stabil mit dem Mauerwerk verbinden. Zusätzliche Schließbleche mit einer Materialstärke von 3 mm erschweren außerdem, das Schloss aufzuhebeln. Empfehlenswert sind einbruchhemmende Schlösser nach DIN 18251. Solche mit Mehrfachverriegelung sollten Profilzylinder nach DIN 18252 mit Bohrschutz besitzen. Darüber hinaus ist es ratsam, einen Schutzbeschlag nach DIN 18257 zu montieren, weil er zusätzlich Zylinder und Schloss schützt.
Nebeneingangstüren lassen sich beispielsweise mit Schubriegeln, Vorlegestangen aus Holz, Profilstahl oder mit einem Querriegelschloss nachrüsten. Oft sind die Zusatztüren einfache Stahlblechtüren, die nicht einbruchhemmend sind.
Ein weiteres Einfallstor sind die Fenster. Abschließbare Griffe allein reichen nicht aus, da sie keinen Aufhebelschutz bieten, wie die polizeiliche Beratung hervorhebt. Sie sind erst in Kombination mit einbruchhemmenden Fensterbeschlägen nach DIN 18104 sinnvoll. Oft sind Nachrüstungen möglich. Dasselbe gilt für Isolierverglasungen, Rollläden, Gitter und Tore – auch sie alle müssen einbruchhemmende Eigenschaften vorweisen, um überhaupt einen Effekt zu haben. Und nicht jedes Konzept funktioniert an jedem Gebäude. Die Polizei Berlin bietet online unter anderem Informationen zum Kauf geeigneter Fenster und Türen an.
Hochauflösende Überwachungskameras in den Betriebsräumen selbst erleichtern zwar später, den oder die Täter zu identifizieren, stellen aber einige Anforderungen an den Datenschutz und sind zudem kennzeichnungspflichtig. Wer am Arbeitsplatz überwacht, muss einige Regeln beachten, weil dies die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeitenden verletzen kann. Die Apothekenleitung sollte sich also gut überlegen, ob sie zu diesem Mittel greift, und in welchen Räumen sie dann die Kameras installiert.
Auch Smart-Home-Produkte können Alarme auslösen, ersetzen jedoch laut den polizeilichen Beratungsstellen nicht den mechanischen Grundschutz. Noch dazu sind die IT-Systeme angreifbar und lassen sich von Hackern fremdsteuern. Je nach Programmierung können sie darüber Türen öffnen, die vorhandene elektronische Einbruchmeldetechnik ausschalten oder neue Passwörter festlegen. Und bei Stromausfall fällt der Schutz ohnehin sofort aus.
Wichtig ist, dass sich Apothekenteams gut auf solche Ausnahmesituationen vorbereiten. Notrufnummern von Polizei, Versicherungen und Berufsgenossenschaft (BG) sollten sie sichtbar in der Offizin platzieren sowie Anweisungen dazu, wie der Tatort im Ernstfall abzusichern und was zu tun ist. Zum Beispiel Fotos machen, protokollieren und den Betrieb vorerst schließen.
Auch ein paar Verhaltenstipps im Vorfeld helfen, es den Einbrechern schwerer zu machen. Jedes Teammitglied sollte darauf achten, Fenster und Türen auch bei kurzer Abwesenheit zu schließen. Bei einer Glastür sollte der Schlüssel nicht innen stecken bleiben. Und geht einmal ein Apotheken-Schlüssel verloren, auf jeden Fall den Schließzylinder austauschen.
Empfehlenswert ist ebenfalls, nicht zu viel Bargeld über Nacht in der Kasse zu lassen. Darüber hinaus sollte das Apothekenteam in seinem Safe nicht gleich alles Wichtige verstauen. Besser ist dagegen, Daten, Betäubungsmittel und Geld zu verteilen – etwa mithilfe von zwei Tresoren. Man spricht in dem Fall von Risikoteilung. Die Safes sollten zertifiziert sein – auch mit Blick auf den Feuerschutz.
Als Faustregel gilt: Kleine Safes entweder einmauern oder im Boden verankern – und zwar mindestens an vier Punkten. Größere ab 1000 kg dürfen sichtbar platziert sein. Das hat den Vorteil, dass die Kriminellen nicht alles auf den Kopf stellen, weil sie so wissen, wo die entscheidenden Gegenstände gelagert sind.
Kommt es dennoch zu einem Einbruch, womöglich sogar mit Gewalt, sollte die Apothekenleitung an die psychischen Folgen für die Mitarbeitenden denken. Die können von Angst, Hilflosigkeit über Schlafstörungen und Ekelgefühl bis hin zu Panikattacken und Albträumen reichen. Um das Sicherheitsgefühl wiederherzustellen, sollte der Chef offen mit seinem Team über die Vorfälle sprechen. Bei Bedarf kann auch ein Notfallpsychologe zum Einsatz kommen. Ist die BG über den Vorfall informiert, übernimmt sie in der Regel auch die Kosten für eine mögliche Heilbehandlung.