Wie Angehörige Menschen mit Depression helfen können |
Angehörige sind oftmals die wichtigste Unterstützung für Menschen, die an einer Depression erkrankt sind. / © Getty Images/Olga Pankova
Einem Menschen, der einst voller Energie und Lebenslust war, fehlt plötzlich jeder Elan. Er oder sie ist antriebslos, schwermütig, zeigt keinerlei Interessen – noch nicht einmal an Dingen, die früher Herzensangelegenheiten waren – und zieht sich zurück, aus der Partnerschaft und aus Freundschaften, im Job. Es geht um Depressionen. Sie gehören laut Bundespsychotherapeutenkammer zu den häufigsten psychischen Erkrankungen.
Rund 16 Prozent der Bevölkerung leiden demnach mindestens einmal in ihrem Leben an einer depressiven Störung. Das ist nicht nur für Betroffene eine schwere Phase. Auch für ihre Angehörigen und Freunde ist es schwierig, zumal sie oftmals nicht nachvollziehen können, was mit dem oder der Betroffenen eigentlich los ist.
Depressive fühlen sich zumeist permanent energielos und ausgelaugt. »Oft haben sie einen Druck und ein Schweregefühl im Brustbereich«, sagt die Düsseldorfer Psychiatrie-Professorin Eva Meisenzahl-Lechner. Ihre anhaltend gedrückte Stimmung geht mit dem Verlust von Interessen und Antriebslosigkeit einher.
»Zu Gefühllosigkeit und Erschöpfung können zusätzlich Sorgen und Ängste kommen«, erklärt Professor Ulrich Hegerl von der Universität Leipzig. Eine Depression im klinischen Sinne liege vor, wenn Symptome wie Antriebs-, Freud- und Lustlosigkeit über mindestens zwei Wochen anhalten. Ein solcher Zustand kann nicht nur die Lebensqualität stark einschränken, sondern auch den Alltag.
Eine depressive Krankheitsphase liegt laut Hegerl vor, wenn länger als zwei Wochen vier bis fünf Krankheitszeichen dauerhaft vorliegen. Dazu zählen:
Typisch ist Hegerl zufolge unter anderem auch das Empfinden einer Gefühllosigkeit, das heißt, die Unfähigkeit, irgendein Gefühl wahrnehmen zu können. Oft verstecke sich eine Depression auch hinter körperlichen Beschwerden wie Ohrgeräuschen oder Magen-Darm-Beschwerden. Eine Krankheitsphase kann unbehandelt mehrere Monate anhalten.
»Depressiv zu sein ist ein Zustand, den Nicht-Betroffene einfach nicht nachvollziehen können«, sagt Hegerl. Er nennt ein Beispiel: Jemand hat eine nette Familie, einen tollen Job und keine finanziellen Sorgen. »Trotz dieser Lebensumstände kann jemand depressiv sein – und das verstehen Außenstehende oftmals nicht«, so Hegerl, der Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe ist.
Hinzu kommt: »Für Außenstehende ist es schwer zu akzeptieren, dass Depressive auf dem Höhepunkt ihrer Erkrankung nicht den Willen haben, etwas an ihrer Lebenssituation zu verändern«, sagt Meisenzahl-Lechner. Oder die Kraft. Von Reaktionen wie ›Wenn du wollen würdest, könntest du auch aus dem Tal herauskommen‹ oder ›Jetzt stell dich doch mal nicht so an‹ rät sie dringend ab. Angehörige und Freunde müssten die Depression ihres Gegenübers akzeptieren. Das ist die Grundlage.
Eine Depression hat sowohl psychosoziale Aspekte als auch körperliche. Je nach Schwere der Erkrankung ist laut Meisenzahl-Lechner eine Behandlung mit Antidepressiva angezeigt, außerdem eine Psychotherapie. »Wenn dies alles kein Erfolg bringt, dann nicht warten, sondern mit dem Arzt oder mit der Ärztin andere Therapieformen erörtern«, so die Professorin.
»Die Depression eines Angehörigen ist eine Belastung für die ganze Familie«, sagt Hegerl. Daher sollten alle, die eine depressive Person betreuen, ihre eigenen Grenzen kennen und sich öfter etwas Gutes tun – zum Beispiel soziale Kontakte pflegen oder Hobbys nachgehen.
Für die eigene Unterstützung ist es von Vorteil, wenn alle in der Familie an einem Strang ziehen und sich gegenseitig entlasten. Hilfe, Beratung und Betreuung für Angehörige und ihre erkrankten Familienmitglieder gibt es etwa über den Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen. Oft bieten auch die Krankenkassen Informationen und Unterstützung an. Per Mail berät auch die Stiftung Deutsche Depressionshilfe.
Sind Sie verzweifelt, hoffnungslos, alles erscheint sinnlos und Sie sehen keinen Weg aus der Not? Denken Sie möglicherweise manchmal daran, sich das Leben zu nehmen?
Es gibt Ansprechpartner, die dafür da sind, Menschen in Ihrer Situation zu helfen. Dazu zählen unter anderem Hausärzte, Psychotherapeuten und Psychiater oder auch Notfallambulanzen in Kliniken.
Auch die Telefonseelsorge ist Tag und Nacht für Sie erreichbar. Sie berät Sie anonym und kostenfrei unter den bundesweit gültigen Nummern 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222 sowie per E-Mail und im Chat auf der Webseite der Telefonseelsorge. Kinder und Jugendliche finden außerdem auch Hilfe unter der Nummer 0800/111 0 333.
Es ist auch möglich, zu einem persönlichen Gespräch bei der Telefonseelsorge vorbeizukommen. Die 25 Standorte in Deutschland für eine Beratung vor Ort finden Sie hier.