Wichtige Antibiotika-Produktion geht nach China |
Lukas Brockfeld |
12.05.2025 15:50 Uhr |
Europa ist stark von Arzneimittelimporten aus China abhängig. / © Imago/CFOTO
Deutschland und Europa sind in der Arzneimittelversorgung stark von China abhängig. Das kann im Fall von politischen Krisen oder Kriegen schnell zum Problem werden. Die Volksrepublik könnte die Lieferung lebenswichtiger Arzneimittel stoppen und die europäischen Regierungen so erpressen.
Die Bundesregierung ist sich des Risikos bewusst. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag ist von einer »systemischen Rivalität« mit China die Rede. »Vor diesem Hintergrund werden wir
einseitige Abhängigkeiten abbauen und eine Politik des De-Riskings verfolgen, um unsere Resilienz zu
stärken«, heißt es in dem Vertrag.
Doch jetzt verkündet der dänische Konzern Xellia Pharmaceuticals, der als einzige europäische Firma eine Reihe an Antibiotika-Wirkstoffen herstellt, dass er seine Produktionsanlagen in Kopenhagen schließen und Teile der Herstellung nach China verlagern wird. Bereits jetzt stellt das Unternehmen Arzneimittel in der Volksrepublik her. Mit einer Fabrik in Ungarn soll allerdings ein letzter Standort in Europa erhalten bleiben.
In einer in der vergangenen Woche veröffentlichten Pressemitteilung bedauert das Unternehmen den Schritt und erklärt, dass man so gut es geht versuche, Lieferketten zukunftssicher zu machen. »Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass unser derzeitiges Umfeld trotz aller Bemühungen, Einschränkungen zu umgehen und die lokale Produktion aufrechtzuerhalten, auf lange Sicht leider nicht nachhaltig ist«, so Michael Kocher, CEO von Xellia Pharmaceuticals.
In der Pressemitteilung klagt das Unternehmen über den starken Preisdruck und die steigenden Betriebskosten in Europa. In einem Interview mit der britischen Tageszeitung »Financial Times« legte Michael Kocher in der vergangenen Woche nach: »Wir diskutieren so viel über Reshoring. Ich denke, es ist genauso wichtig, dafür zu sorgen, dass das, was wir in Europa haben, in Europa bleibt«, erklärte der CEO. Die Gesundheitssysteme der europäischen Staaten müssten bereit sein, mehr für Medikamente zu bezahlen.
Kocher warnte, dass die EU die Kontrolle über die Antibiotikaproduktion vollständig verlieren könne, wenn sich die Bedingungen nicht schnell verbessern. Die Produktionskosten in Europa würden immer weiter steigen, gleichzeitig sei es kaum möglich, diese Kosten an die Kunden weiterzugeben.
Im März legte die EU Kommission einen Entwurf für den »Critical Medicines Act« vor. Das Gesetz soll unter anderem Anreize für die Diversifizierung der Lieferketten schaffen und die Arzneimittelproduktion in der EU fördern. Die EU möchte so unter anderem strategische Projekte für die Schaffung von neuen Produktionskapazitäten in Europa finanziell fördern.