Wer sollte sich gegen FSME impfen lassen? |
In Deutschland stehen im Prinzip zwei Impfstoffe gegen FSME in je zwei Dosierungen zur Verfügung. / Foto: Imago Images/Becker&Bredel
Nach den jüngsten Rekordwerten könnte das Risiko für eine FSME-Erkrankung nach Ansicht von Experten auch 2021 deutlich höher sein als in normalen Jahren. «Ich erwarte das zweithöchste FSME-Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2001», sagte Franz Rubel vom Wiener Institut für Öffentliches Veterinärwesen am Mittwoch.
Unter anderem werde es im laufenden Jahr in Deutschland überdurchschnittlich viele Zecken geben, durch deren Stiche die Erreger für Borreliose und die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen werden können. Das geht aus einer Prognose Rubels und anderer Wissenschaftler der Vetmeduni Wien hervor, die auf Grundlage eines mathematischen Modells die Zeckendichte voraussagt. Die Forschenden rechnen mit bundesweit 540 FSME-Fällen im laufenden Jahr. Diese Prognose beinhaltet aber noch nicht den Einfluss der Pandemie auf das Freizeitverhalten der Menschen. «Wir brauchen da noch etwa 10 Prozent Corona-Aufschlag», sagte Rubel.
Nach 704 FSME-Erkrankungen im vergangenen Jahr, dem höchsten Wert seit Beginn der Meldepflicht vor 20 Jahren, erwartet Rubel daher insgesamt rund 600 Fälle im Jahr 2021. Gegen FSME gibt es eine Impfung, nicht jedoch gegen die ebenfalls von Zecken übertragene und in ganz Deutschland verbreitete Borreliose.
Die meisten FSME-Infizierten bleiben zwar beschwerdefrei. Aber in schweren Fällen kann diese Viruserkrankung zu einer Gehirnentzündung führen und das Rückenmark schädigen. Das Ansteckungsrisiko in Risikogebieten ist von Region zu Region unterschiedlich. Insgesamt, so Experten, liegt die Wahrscheinlichkeit einer FSME-Infektion nach einem Zeckenstich in einem Risikogebiet bei 1:50 bis 1:100. Experten warnen zudem davor, dass bestimmte Zeckenarten als Folge der klimatischen Veränderungen nun auch bereits früher nach Wirten suchen, die sie stechen können. Damit steige das Risiko für Menschen, früher im Jahr an Erregern zu erkranken, die durch Zecken übertragen würden.
FSME ist von wenigen Landkreisen abgesehen vor allem in Süddeutschland bis hinein nach Hessen, Thüringen und Sachsen verbreitet. Insgesamt sind derzeit 169 Kreise als FSME-Risikogebiete definiert. Für dessen Bewohner erfolgt die FSME-Impfung zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung. Aber auch allen Menschen, die in ein ausgewiesenes FSME-Risikogebiet reisen wollen und sich dort in der Natur aufhalten, egal ob In- oder Ausland, wird die Impfung empfohlen.
Zur Grundimmunisierung sind drei Impfdosen nötig. Nach der ersten Spritze folgen zwei Booster, einmal nach zwei Wochen bis drei Monaten und dann noch einmal fünf bis zwölf Monate nach der zweiten. Danach sollte die Impfung alle drei Jahre aufgefrischt werden. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) besteht nach den drei Impfdosen bei 99 Prozent der Geimpften ein vollständiger Schutz. Nach zwei Impfungen sei der Wert zwar schon bei 98 Prozent – dieser Schutz hält ohne dritte Impfung allerdings nur etwa ein Jahr an.
Das Paul-Ehrlich-Institut listet derzeit 27 Präparate, zwei Originale und deren Reimporte. Encepur von Bavarian Nordic (ehemals GSK) und FSME-Immun von Pfizer sind Adsorbat-Impfstoffe, die es jeweils in zwei verschiedenen Dosierungen gibt: Einmal für Jugendliche und Erwachsene sowie mit der halben Dosierung für Kinder ab einem Alter von einem Jahr. Dabei unterscheidet sich die Alterszulassung: Das höher dosierte Encepur ist für Kinder ab zwölf Jahren zugelassen, FSME-Immun für Erwachsene erst ab 16 Jahren. Jüngere Impflinge erhalten die »Junior«-Version.
Nützt es etwas, sich nach einem Zeckenstich noch zu impfen? Mit größter Wahrscheinlichkeit nicht, so das RKI. Was unter anderem daran liegt, dass sich schützende Antikörper erst 7 bis 14 Tage nach der Impfung bilden.