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Kundgebung in Hannover

Wenn Philippi Gesundheitsminister von Deutschland wär’

Dann würde der niedersächsische Gesundheitsminister es anders mit den Apotheken handhaben als sein Parteikollege Karl Lauterbach. Zumindest hat er diesen gerade per Brief aufgefordert, die Arzneimittel-Preisverordnung  (AMPreisV) schnellstmöglich anzupassen.
Daniela Hüttemann
06.11.2024  16:04 Uhr

Zu einer guten Kundgebung gehört auch gute Musik. Neben AC/DC und David Bowie schallte heute Nachmittag auch Rio Reisers »Wenn ich König von Deutschland wär’« über den Hannoveraner Bahnhofsvorplatz. Dort hatten sich wie vor einem Jahr Apothekenteams aus ganz Niedersachsen und teils aus angrenzenden Bundesländern mit »Apotheken stärken. Jetzt!«-Westen und Plakaten versammelt, um auf die schwierige Lage der Apotheken und die Gefahren für die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung aufmerksam zu machen.

Leider hat sich für die Apothekenteams nichts zum Positiven geändert, seit sie vor einem Jahr protestiert hatten. Trotzdem oder gerade deshalb waren nach Schätzungen der Polizei rund 500 Leute zur heutigen Kundgebung gekommen – und auch die Medien und Landespolitik waren prominent vertreten.

»Das alles und noch viel mehr würd’ ich machen, wenn ich Gesundheitsminister von Deutschland wär’«, eröffnete Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD) spontan seinen Auftritt. Denn im Gegensatz zu seinem ärztlichen und Parteikollegen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sieht der Niedersachse die Apotheken als »Rückgrat des Gesundheitswesens«.

Als erste Anlaufstelle und Ort des Vertrauens leisteten die Apotheken mehr als Arzneimittelversorgung, nämlich schnelle und niedrigschwellige Hilfe rund um die Uhr, jeden Tag im Jahr. »Das kann der Versandhandel nicht leisten«, betonte Philippi. »Es ist essenziell, dass wir dieses (noch) tragfähige Netz erhalten.«

Philippi: Honorarreform längst überfällig

»Ich verstehe Sie«, sagte er zu den Sorgen und der Unzufriedenheit der Apothekenteams. Die Herausforderungen seien leider nicht kleiner geworden, die dringende Honorarreform sei längst überfällig. Die Apothekenschließungen, das Skonto-Urteil und der zuletzt abgeschlossene Tarifvertrag zeigten, dass die wirtschaftlichen Kapazitäten der Apotheken ausgeschöpft seien.

»Vor allem brauchen wir jetzt keine ›Apotheken light‹, sondern eine schnelle und nachhaltige Anpassung des Apothekenhonorars«, so Philippi unter Applaus und verkündete, er habe an Lauterbach geschrieben, um schnellstmöglich eine Änderung der Arzneimittel-Preisverordnung herbeizuführen. Dafür wolle er sich weiter einsetzen, versprach er.

LAV fordert Soforthilfen für die Apotheken

Berend Groeneveld, Vorstandsvorsitzender des ausrichtenden Landesapothekerverbands Niedersachsen, freute sich über die Unterstützung und betonte die gute Zusammenarbeit auf Landesebene. Zugleich fand er deutliche Worte für die bedrohliche Lage und den Stillstand in Sachen Honorar und Wertschätzung seitens der Bundesregierung. »Stand April schrieben 10 Prozent der Apotheken rote Zahlen – mittlerweile dürften es allein durch das Skonto-Urteil noch mehr sein.«

Groeneveld schätzt, dass bis 2027, wenn die derzeit geplanten Regelung des Apotheken-Reformgesetzes greifen würden, die Apothekenzahl um 40 Prozent sinken könnte. Der Bundesgesundheitsminister nehme das offenbar in Kauf. Er habe kürzlich bei einer Veranstaltung in Walsrode zu Groeneveld gesagt, die, die es bis dahin schafften, hätten dann doch gute Chancen, mehr zu verdienen.

Groeneveld: »Wir kämpfen um unser letztes Hemd«

Abgesehen von diesem Zynismus hält Groeneveld es aus seinen Erfahrungen als DAV-Verhandlungsführer mit den Krankenkassen nicht für realistisch, faire Abschlüsse ohne jahrelange Schiedsverfahren zu erreichen. »Wir brauchen jetzt eine Erhöhung und Dynamisierung unseres Fixums, eine Kompensation für das Skonti-Urteil und Soforthilfen«, forderte der LAV-Chef. Groeneveld appellierte an die Politik, ein echtes Apotheken-Finanz-Stabilisierungsgesetz aufzulegen.

Jahrelang hätten die Apotheken Gesundheitsreform für Gesundheitsreform kompensiert. »Alles was jetzt kommt, wird spürbare Auswirkungen für die Patienten haben. Wir kämpfen um unser letztes Hemd.«

Gesundheitspolitik sei Vertrauenspolitik. Und mit einer Verschlechterung der Gesundheitsversorgung gehe Vertrauen zusehends verloren. Das gefährde auch die demokratischen Verhältnisse. »Die Patienten brauchen uns – das muss auch die Politik zur Kenntnis nehmen.«

Das Problem der »Apotheken ohne Apotheker«

Konstantin Kuhle, Landesvorsitzender der FDP Niedersachsen und stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, lobte, dass die Apotheken ihrem Ärger und ihrem Anliegen in dieser Form Luft machten. »Wir müssen uns nicht in allem einig sein«, sagte er und betonte zugleich, die Politik können die Apotheken nicht vor der Digitalisierung schützen, womit wohl der Versandhandel gemeint war.

Zugleich sprach er sich für eine flächendeckende hochqualifizierte Versorgung und Beratung aus. Dafür müsse in einem hoch regulierten Bereich wie dem Apothekenmarkt mit den Inhabern als Freien Berufen die Politik die Vergütung anpassen. »Bei steigenden Kosten können die Honorare nicht gleich bleiben«, sagte Kuhle, der selbst Rechtsanwalt und damit Angehöriger der Freien Berufe ist. Vor allem mit der »Apotheke ohne Apotheker« hätten er und seine Partei daher ein Problem.  Die Apothekenreform sei in der jetzigen Form nicht zustimmungsfähig, versicherte er.

Warnung vor »Karlschlag«

Und auch die CDU kam bei der Kundgebung zu Wort. Eike Holsten, Mitglied des Niedersächsischen Landtages, rechnet mit baldigen Bundestagsneuwahlen und riet den Apothekenteams, weiterhin so viele (potenzielle) Bundestagsabgeordnete wie möglich vor Ort einzuladen, um die Dramatik zu zeigen. »Es geht schließlich nicht nur um eine anständige Bezahlung für Sie, sondern auch eine anständige Gesundheitsversorgung für die Menschen.« 

Lauterbach werde bei seiner Linie und seinen Vorhaben bleiben, so Holstens Einschätzung. Es drohe ein »Karlschlag« in der Apothekenlandschaft. Das Verständnis auf Landesebene sei da, allein zweifele er an der Durchsetzungskraft der Länder in dieser Sache. »Sie müssen selbst weiterkämpfen.«

Holsten und Philippi sprachen beide auch die Nachwuchsproblematik an. Auch für die jungen Menschen müssten die Arbeitsplätze in der Apotheke attraktiv bleiben. Zudem wolle sich die CDU dafür stark machen, einen zusätzlichen Studienstandort in Niedersachsen zu etablieren, und zwar in Oldenburg, wo es seit 2012 in Kooperation mit der Universität Groningen auch einen Medizinstudiengang gibt.

LAV-Chef Groeneveld zeigte sich mit der Kundgebung sehr zufrieden. »Ich freue mich über die vielen teilnehmenden Kolleginnen und Kollegen und weiß das Land Niedersachsen hinter uns«, so das Fazit Groenevelds gegenüber der Pharmazeutischen Zeitung. »Man sieht eine parteiübergreifende Einigkeit für die bestehende Struktur – keine Apotheke ohne Apotheker. Ich wünsche mir, dass die Politik endlich einen Weg findet, unser System schnell zu unterstützen.« Er versicherte, dass der Verband weiter dafür kämpfen werde.

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