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Gutartige Prostatavergrößerung

Wenn die Drüse Druck macht

Die gutartige Vergrößerung der Vorsteherdrüse durch Zellproliferation wird als benignes Prostatasyndrom (BPS) bezeichnet. Durch die anatomische Nähe zur Harnröhre kommt es häufig zu lästigen Blasenentleerungsstörungen. Für Betroffene, bei denen noch keine Indikation für eine OP vorliegt, stehen zahlreiche Arzneistoffe und Phytopharmaka zur Verfügung.
Kerstin A. Gräfe
29.05.2019  14:00 Uhr

Ein BPS geht nicht zwangsläufig mit behandlungsbedürftigen Beschwerden einher. Ob eine beziehungsweise welche Therapie indiziert ist, hängt von der variablen Trias Symptomatik, Prostatavolumen und Blasenauslassobstruktion ab. »Bei Patienten mit einer schwach ausgeprägten Symptomatik und einem geringen Leidensdruck kann die Behandlungsstrategie des kontrollierten Zuwartens – watchful Waiting – gewählt werden«, informierte Professor Dr. Theo Dingermann von der Goethe-Universiät in Frankfurt am Main auf dem Fortbildungskongress Pharmacon in Meran. Zusätzlich sollten allerdings eine Lebensstiländerung und regelmäßige Kontrolluntersuchungen erfolgen. Watchful Waiting eigne sich nicht für Patienten mit erhöhtem Progressionsrisiko, betonte der pharmazeutische Biologe.

Für Patienten mit erhöhtem Leidensdruck, aber ohne Indikation für eine OP, stehen mehrere chemisch-synthetische Arzneistoffe zur Verfügung. »Die beiden wichtigsten Gruppen sind die α1-Blocker und die 5α-Reduktase-Inhibitoren«, sagte der Frankfurter Kollege Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz. Die älteren Vertreter der α1-Blocker, Doxazosin und Terazosin, hemmen alle drei α1-Rezeptorsubtypen (α1A, α1B und α1D) und werden daher sowohl zur Therapie der Hypertonie als auch des BPS verwendet. Sowohl Tamsulosin als auch Alfuzosin sind selektiver für den in der Prostata vorherrschenden α1A-Rezeptorsubtyp. »Sie beeinflussen daher den Blutdruck nicht mehr so ausgeprägt«, informierte Schubert-Zsilavecz. Der neueste Vertreter der selektiven α1A-Blocker, Silodosin, sei zwar nicht besser wirksam als Tamsulosin, berge aber ein größeres Risiko für Ejakulationsstörungen. Alle α1-Blocker seien in adäquater Dosierung gleich gut wirksam. Allerdings habe diese Wirkstoffklasse keinerlei Einfluss auf die Prostatagröße und die Notwendigkeit einer Operation werde langfristig nicht verändert.

Anders sieht das bei den beiden 5α-Reduktase-Inhibitoren (5-ARI) Finasterid und Dutasterid aus. Sie hemmen das Enzym 5α-Reduktase, das Testosteron in Dihydrotestosteron (DHT) umwandelt. Da DHT das Hauptproliferationssignal der Prostata ist, führen 5-ARI zu einer Abnahme des Prostatavolumens. Von der Anwendung profitieren demzufolge besonders Betroffene mit einem erhöhten Progressionsrisiko. »Der Therapieeffekt zeigt sich allerdings aufgrund des Wirkmechanismus erst nach sechs bis zwölf Monaten«, so der pharmazeutische Chemiker. Als unerwünschte Wirkungen treten erektile Dysfunktion, reduzierte Libido und Gynäkomastie auf.

Von den PDE-5-Hemmern ist in der Indikation BPS lediglich Tadalafil zugelassen. Der Wirkstoff verbessert signifikant die Beschwerden und die Symptomatik, hat aber keinen Einfluss auf das Prostatavolumen oder die Restharnmenge. Insgesamt spiele er eher eine untergeordnete Rolle, so der Referent. Beachtet werden müssten vor allem die Kontraindikationen dieser Substanzklasse wie die gleichzeitige Gabe von Nitraten, Riociguat, Doxazosin oder Terazosin.

Von den Muskarinrezeptor-Antagonisten (MRA) kommen unter anderem Trospiumchlorid, Solifenacin und Propiverin zum Einsatz. Sie bewirken eine Abnahme des Tonus der glatten Blasenmuskulatur über eine Hemmung der M3-Rezeptoren. Vor allem für BPS-Patienten mit Symptomen wie Dranginkontinenz, häufiges Wasserlassen und verstärkter Harndrang sind MRA daher besonders geeignet. »Sie haben allerdings keine Zulassung in der Indikation BPS«, schränkte Schubert-Szilavecz ein.

Neben den MRA ist seit 2012 auch der β3-Rezeptor-Agonist Mirabegron beim Symptom der überaktiven Blase zugelassen. β-Rezeptoren vom Subtyp 3 sind vor allem auf den glatten Muskelzellen des Detrusors zu finden. Ihre Stimulation bewirkt eine Relaxation. Aufgrund der bisher geringen Datenlage gebe die Leitlinie nur eine schwache Empfehlung für Mirabegron, so der Referent. Nebenwirkungen der Substanz sind Hypertonie, Kopfschmerzen und eine verstopfte Nase; eine schwere, unkontrollierte Hypertonie stellt die wichtigste Kontraindikation dar.

Stellenwert von Phytopharmaka

»Da das BPS typischerweise langsam chronisch-progredient verläuft, spielen Phytopharmaka hier eine große Rolle«, sagte Dingermann. Eine gute Evidenz sei aber lediglich für zwei Extraktkombinationen aus Sägepalmenfrüchten und Brennnesselwurzeln belegt. Dabei handle es sich um eine Kombination aus Sägepalmenfrüchte-Ethanol-Extrakt und Brennnesselwurzel-Extrakt (Prostagutt® forte) sowie um einen Sägepalmenfrüchte-Hexan-Extrakt. Letzterer sei in Deutschland aber nicht verfügbar, so Dingermann. Für die reinen Brennnesselwurzel- beziehungsweise Sägepalmenfrüchten-Extrakte sei die Evidenz eher als gering einzustufen. Gleiches gelte für Phytosterole, Kürbissamen- und Gräserpollen-Extrakte.

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