Weniger Todesfälle bei Behandlungen nur in Spezialkliniken |
Die Berechnungen beruhen den Angaben zufolge auf Daten der gesetzlichen Krankenkassen, Qualitätsberichten der Krankenhäuser, medizinischen Registern und Fachgesellschaften. Auch Analysen der Kassen zeigten schon Vorteile von Spezialisierungen. Der Leiter der Expertenkommission, Tom Bschor, erläuterte, dass im jetzigen System Patienten mit Schlaganfall und Krebs «früher sterben als nötig, weil zu viele Krankenhäuser diese Behandlungen durchführen». Deutschland habe mit seiner «einzigartig hohe Dichte an Krankenhäusern» ideale Voraussetzungen, auch mit einer Konzentration auf erfahrene Kliniken engmaschig exzellente Versorgung anzubieten.
Lauterbach strebt über den Sommer konkretere Vorschläge für die Reform an. Die auch auf Empfehlungen der Kommission zurückgehenden Gesetzespläne sehen bundeseinheitliche Qualitätskriterien und genauer definierte Leistungsbereiche der Krankenhäuser mit entsprechender Finanzierung vor. Zudem soll das Vergütungssystem mit Pauschalen für Behandlungsfälle geändert werden, um den Finanzdruck zu verringern.
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen erklärte: «Schlechte Gelegenheitsversorgung hilft niemandem, sondern kann das Leben kranker Menschen noch gefährden.» Daher seien bundesweite Qualitätsvorgaben der richtige Weg, um mehr spezialisierte Kliniken in die Versorgung zu bekommen.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft kritisierte die Berechnungen scharf. Die «bestellte» und «wissenschaftlich zweifelhafte» Analyse auf Basis von Kassen-Abrechnungsdaten verunsichere die Bevölkerung. Bei älteren Patienten würden Schlaganfälle oft nicht früh als solche erkannt. Leider hätten gerade diese Patienten dann eine schlechtere Prognose und eine höhere Sterblichkeit. Daraus einen Zusammenhang zur Behandlungsqualität der Krankenhäuser zu ziehen, sei «völlig absurd».
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) nannte die Studie einseitig. Er fürchte, dass sie als Vorwand genutzt werde, kleinere Krankenhäuser über einen Kamm zu scheren, um sie im Leistungsspektrum zu beschneiden oder zur Schließung zu veranlassen.
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte, hinter der Statistik versteckten sich viele Einzelschicksale. Die Zahlen ließen Menschen zweifeln, ob Ort und Behandlung für den Verlauf einer Krankheit und einer Lebenskrise ursächlich gewesen seien. Es müsse schon heute gesichert sein, dass leitliniengerecht behandelt werde.
Der Sozialverband VdK teilte mit, für Notfälle, Geburten und einfache Operationen müsse es weiter ein schnell erreichbares Krankenhaus geben. Für planbare und komplizierte Eingriffe sei ein spezialisiertes Krankenhaus aber besser. «Die nächst gelegene Klinik sollte dann nur die zweite Wahl sein.»