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Weniger Risiko bei Hochpreisern 

Hochpreiser können ruinös sein, für große wie für kleine Apotheken. Um das Risiko für Apotheken zu mindern, müsse mit Krankenkassen eine schnellere Zahlungsabwicklung vereinbart werden. Dafür plädierte Jörn Graue bei der Mitgliederversammlung des Norddeutschen Apothekenrechenzentrums (NARZ) in Hamburg.
Cornelia Dölger
16.10.2023  15:00 Uhr

Die teuren Präparate stellten große wie kleine Apotheken zunehmend vor Finanzierungsprobleme, betonte NARZ-Chef Graue am 7. Oktober in Hamburg.  Die Rede des NARZ-Chefs liegt der PZ vor. Als Folge sei »eine erhebliche Verlagerung der finanziellen Last in die Rechenzentren« festzustellen. Denn diese müssten eine vorfristige Auszahlung an die Apotheken vornehmen und bei Banken Konsortialkredite in Anspruch nehmen, die eine hohe Zinsbelastung darstellten, so Graue, der auch Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins ist. 

Dies mache die bisherigen Gebührenmodelle obsolet. Obendrein würde das Problem noch verschärft, wenn sich die »mancherorts diskutierte« Idee durchsetzen würde, den prozentualen Zuschlag im oberen Bereich zu Gunsten niederer Preisstufen zu kürzen, warnte Graue. Deshalb sei eine Kürzung strikt abzulehnen; diese sogar ohne jede Kompensation vornehmen zu wollen, sei »hanebüchen«. Graue unterstrich: »Die Bankenkonsortien haben bereits signalisiert, dass sie diesen Weg bei der Finanzierung im Rechnungswesen nicht mitgehen werden. Wirecard und AVP lassen da grüßen.«

Das NARZ habe seinerseits einen anderen Weg beschritten und biete seinen Abrechnern Sicherheit – »ein Pfund, mit dem wir wuchern können«. Die Bank habe dem NARZ bei der Zessionsprüfung »die Bestnote« bezeugt, betonte Graue. Es herrsche inzwischen ein »existenzvernichtender Wettkampf« um immer günstigere Abrechnungsgebühren. Diesen belegten die Anstrengungen, die die Anbieter unternehmen müssten, um ihre Kosten wieder decken zu können oder, schlimmer noch, um sich überhaupt wieder zu konsolidieren, betonte Graue wohl mit Blick auf die jüngste Noventi-Bilanz. Der norddeutsche Rechenzentrumverband habe hingegen auch im vergangenen Jahr wieder ein gutes Ergebnis vorgelegt. »Unsere Eigenkapitalquote spricht wie immer für sich«, so Graue.

Schnellere Zahlung: Rechenzentren müssten nur Software anpassen

Um das altbekannte Problem mit dem Hochpreisern zu entschärfen, sei »unumgänglich«, mit den Krankenkassen eine schnellere Zahlungsabwicklung zu vereinbaren. Andernfalls drohe vielen Apotheken wegen des Kontrahierungszwangs die Zahlungsunfähigkeit, warnte der NARZ-Chef. Hier stünden die Rechenzentren bereit: Sobald die Lieferverträge eine vorzeitige Zahlung zuließen, könnten die Rechenzentren die Liquidität der Apotheken ohne teure Zwischenfinanzierung sicherstellen, dazu wäre allein eine Softwareanpassung nötig.

Allerdings: »Unter welchen Umständen die Krankenkassen bereit wären, einer früheren Abschlagszahlung zuzustimmen, steht noch in den Sternen.« Deren Interesse sei verständlicherweise überschaubar. Als Anreiz könnte womöglich eine schnellere Datenübermittlung dienen, schlug Graue vor. Gespräche der Spitzenverbände stünden aber noch aus; hier müsse der Gesetzgeber einspringen, »so er denn überhaupt will«. Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHs) neben Offenen Handelsgesellschaften (OHGs) zuzulassen, um das Haftungsrisiko für Apotheken zu reduzieren, sei allerdings keine Lösung, da dies Kapitalgesellschaften Tür und Tor öffnen würde.

Die wirtschaftliche Lage vieler Apotheken sei besorgniserregend. Sich bei der Analyse der wirtschaftlichen Lage der Apotheken auf Durchschnittszahlen zu verlassen, verzerre die tatsächliche Lage, so Graue. »Ernüchternd« sei vor diesem Hintergrund die Schätzung der Treuhand Hannover, laut der etwa jede zehnte Apotheke rote Zahlen schreibe und insgesamt ein Drittel betriebswirtschaftlich gefährdet sei. Die Zahlen hatte die Treuhand Anfang September beim »Zwischenahner Dialog« des Landesapothekerverbands Niedersachsen vorgestellt. »Über einem Drittel der verbliebenen Apotheken kreist der Geier, bei zehn Prozent klebt demnächst der Kuckuck an der Tür«, gab der NARZ-Vorsitzende die Lage in eindringlichen Bildern wieder. »Diesmal haben wir es jedenfalls schwarz auf weiß.«

Einkommensverbesserungen »in weiter Ferne«

Die Apotheken seien inzwischen »so hoch verschuldet wie selten in ihrer nach Jahrtausenden zählenden Geschichte«, etwa beim Großhandel, den Rechenzentren oder den Banken. »Lange schien das niemanden zu stören. Doch allmählich schieben die tektonischen Kräfte des Marktes die Einkünfte ins Bodenlose.« Mit dem Aktionstag, den vier Apothekerverbände am 19. Oktober 2022 gestartet hatten, habe der »schwerfällige Tanker eine kleine Richtungsänderung nach Luv« bekommen, richtete Graue eine Spitze in Richtung ABDA. »Bei uns auf dem Deich nennt man das auch ‚Schafe schubsen‘.« Damit habe der Gegenwind »zumindest teilweise positiv kanalisiert werden« können. Und dennoch: »Die ersehnten überlebenswichtigen Einkommensverbesserungen jedenfalls bleiben für uns weiter in unerreichbarer Ferne.«

Der »nicht kaputtbare Unglaube« von »den Apothekerpreisen und den hohen Gewinnen« bedinge einen »Teufelskreis«, der unter anderem auf den ausbaufähigen mathematischen und ökonomischen Fähigkeiten des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) basiere, so Graue. »Wenn einmal eine Legende, ein Gerücht, eine Mär im Umlauf ist, lassen sich die Menschen gern darauf ein.«

Auch das angegriffene Verhältnis der Apothekerschaft zur Politik von Gesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) kam auf den Tisch. Seinen jüngsten Tiefpunkt erreichte es Ende September, als der Minister es vorzog, zuerst der  FAZ über seine Pläne zur Apothekenneustrukturierung zu berichten, bevor er die Branche selbst darüber informierte. Das geschah dann, als die Nachricht bereits in der Welt war, beim Apothekertag in Düsseldorf. Dies sei »der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt«, so Graue. Er setzte Hoffnung in das Gespräch zwischen dem Minister und ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. »Es muss doch möglich sein, den Kerl vom Ross zu kriegen.« Das Treffen hatte am 13. Oktober stattgefunden, die PZ hat berichtet.

Umverteilungspläne bloße »Gedankenspiele« ohne brauchbare Resultate

Solange die Apotheke »nur virtueller und nicht integraler Bestandteil des Gesundheitswesens bleibt«, werde es keine Verbesserung für einen Großteil der Apotheken geben, so Graue weiter. Die Selbstverwaltung könne sich kaum noch gegen »monopolartige Strukturen« wehren oder sich dagegen durchsetzen. Über die diskutierten Umverteilungspläne meinte Graue, sie seien als »Gedankenspiele« zwar erlaubt, allerdings führten sie in der Regel nicht zu brauchbaren Resultaten. Denn anders als bei den Planungen vorausgesetzt, erzielten größere Apotheken nur selten besser Ergebnisse, an denen kleinere dann partizipieren könnten.

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