Weniger Kilos, weniger Pillen |
Laura Rudolph |
28.05.2024 16:24 Uhr |
Dr. Isabel Waltering brach beim Pharmacon eine Lanze für nicht medikamentöse Maßnahmen gegen Bluthochdruck. / Foto: PZ/Alois Müller
»Alle stehen unter Druck«, sagte Waltering – und bezog sich dabei auf die Gefäße von 20 bis 30 Millionen Menschen in Deutschland, die an Bluthochdruck leiden. Bei den Über-70-Jährigen sind sogar drei von vier betroffen. »Das Problem ist, dass Hypertonie immer noch ein ›silent killer‹ ist«, so die Fachapothekerin für Arzneimittelinformation, geriatrische Pharmazie und Infektiologie. Nur etwa jeder zweite Hypertoniker erreiche durch eine Therapie gute Blutdruckwerte. Etwa jede fünfte Person mit Bluthochdruck wisse gar nichts von ihrer Erkrankung und bleibe demnach unbehandelt.
Dabei lohne sich die Therapie so sehr, wie die Referentin verdeutlichte: »Mit einer Reduktion von 20 zu 10 mmHg verringert man das Risiko für einen kardiovaskulären Vorfall um 50 Prozent.« Zudem steige bei unbehandeltem Bluthochdruck einer aktuellen Metaanalyse zufolge das Demenzrisiko nicht unwesentlich an (»JAMA Network Open«, DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2023.33353). Demnach haben Personen mit unbehandeltem Bluthochdruck ein um 42 Prozent erhöhtes Risiko, an Demenz zu erkranken – verglichen mit gesunden Kontrollpersonen –, und ein um 26 Prozent höheres Demenzrisiko als Personen mit behandeltem Bluthochdruck. Hypertoniker, die ihren Bluthochdruck behandeln, haben dagegen kein höheres Risiko als Gesunde.
Die Lösung des Problems liegt für die allermeisten Patienten mit Hypertonie bekanntlich darin, eine oder mehrere Tabletten zu schlucken. Oft unterschätzt blieben die nicht medikamentösen Interventionen. »Dabei sind das mit Abstand die effektivsten Maßnahmen«, betonte Waltering. Der Klassiker sei das Abnehmen: »Bereits eine Gewichtsabnahme von 1 kg kann den systolischen Blutdruck um etwa 1 bis 2 mmHg senken.« Wer 5 kg abnehme, erreiche eine Blutdrucksenkung von bis zu 10 mmHg. »Das entspricht dem Effekt eines Antihypertensivums«, verdeutlichte die Apothekerin. Der Effekt sei bei einem höheren Ausgangsgewicht stärker, deshalb profitierten von einer Gewichtsreduktion vor allem Adipöse.
Auch durch Diät oder regelmäßige Bewegung könnten Effektgrößen erzielt werden, die denen eines antihypertensiven Wirkstoffs nahekommen. Moderates Ausdauertraining für etwa 30 Minuten an fünf Tagen pro Woche könne den systolischen Blutdruck um 4 bis 9 mmHg senken. Über eine gesunde Ernährung mit viel Obst und Gemüse sowie wenig gesättigten Fettsäuren und Cholesterol lasse sich der obere Wert um etwa 8 bis 14 mmHg senken.
Beim Konsum von Salz und Alkohol gibt es Besonderheiten. Neueren Studien zufolge seien nur etwa 20 Prozent der Menschen in Deutschland salzsensitiv und profitierten von einer reduzierten Aufnahme von maximal 5 bis 6 g Salz pro Tag. Über diese Salzrestriktion ließen sich 2 bis 8 mmHg einsparen.
Beim Thema Alkohol gebe es geschlechtsspezifische Unterschiede. Frauen sollten maximal acht, Männer maximal 14 Einheiten pro Woche konsumieren. Eine Einheit entspricht dabei etwa 25 ml Wein oder 250 ml Bier. Eine Reduktion des Alkoholkonsums kann den systolischen Blutdruck um etwa 2 bis 4 mmHg senken.
Ein Rauchstopp lohnt sich ebenfalls – schon allein um das Krebsrisiko zu senken. Bezüglich des Blutdrucks habe er laut Waltering aber nur geringe Effekte, sofern es sich nicht um einen sehr starken Raucher handele.