Weniger Frauen in Top-Positionen |
Frauen in Führungspositionen – in der Gesundheitswirtschaft noch viel zu selten. / Foto: Adobe Stock/NDABCREATIVITY
In einer am gestrigen Montag veröffentlichten Studie der Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) wird klar: Frauen in Führungspositionen in der Gesundheitswirtschaft sind stark unterrepräsentiert. Im Vergleich zu einer ersten PwC-Studie aus dem Jahr 2015 sank der Anteil der Frauen, die in leitender Funktion im Gesundheitswesen arbeiten, sogar noch. Vor fünf Jahren waren demnach 33 Prozent der Führungskräfte in der Gesundheitswirtschaft weiblich, 2020 sind es noch 29 Prozent.
PwC analysierte für die Analyse »Frauen in der Gesundheitswirtschaft 2020« Daten aus rund 8000 Institutionen, Unternehmen, Krankenhäuser, Verbänden sowie Krankenversicherungen. Die Studie bezieht damit Freiberufler nicht mit ein: Die personelle Situation in den öffentlichen Apotheken in Deutschland kann mit dieser Studie demnach nicht erklärt werden.
Der geringe Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Gesundheitsbranche ist insbesondere erschreckend, da Frauen im Gesundheitswesen laut PwC insgesamt mehr als drei Viertel der Belegschaft ausmachen. In die Führungsetage schaffen es jedoch nur noch wenige. Im Hinblick auf die regionale Verteilung wird klar, dass in den ostdeutschen Bundesländern die Führungsquote von Frauen mit 28 Prozent etwas höher liegt als in den westdeutschen Bundesländern, dort liegt der Anteil bei 23 bis 24 Prozent.
In deutschen Krankenhäusern besetzen Frauen vor allem Topfunktionen in der Pflegedirektion (53 Prozent). Wenn es aber um die Verwaltungsleitung geht, stoßen mehr Frauen an die gläserne Decke (33 Prozent), bei der Geschäftsführung oder bei der ärztlichen Leitung schafft es jedoch nur noch rund jede sechste Frau an die Spitze (17 beziehungsweise 14 Prozent). Betrachtet man die mittlere Führungsebene, sind dort mehr Frauen in Leitungspositionen zu finden. Vor allem beim Belegungsmanagement und in der Öffentlichkeitsarbeit, aber auch beim Qualitätsmanagement stellen Frauen den größeren Anteil der Führungskräfte in Krankenhäusern. Bei technischen und informationswissenschaftlichen Positionen sind die leitenden Jobs aber fest in Männerhand. Auch bei medizintechnischen Berufen liegt der Frauenanteil in leitenden Positionen bei durchschnittlich 24 Prozent und demnach unter dem Gesamtdurchschnitt der gesamten Branche.
Eine positive Entwicklung ist bei den Pharma-Konzernen zu beobachten: Hier ist jede fünfte Topführungskraft weiblich. Und in diesem Bereich hat sich der Anteil von Frauen in Top-Positionen um fünf Prozent im Vergleich zu 2015 (15 Prozent) verbessert. Auch bei den Verbänden ist der Anteil von Frauen in den Vorstands-, Geschäftsführungs- oder Aufsichtsratsebenen von 22 auf 29 Prozent gestiegen.
Anders sieht es jedoch im Bereich von Politik und Behörden aus. Dort liegt der aktuelle Anteil von Frauen in der mittleren und oberen Führungsetage bei 28 Prozent und ist damit um neun Prozent gegenüber 2015 gesunken. Auch hier zeigt sich das Phänomen, dass in den Bereichen PR und Öffentlichkeitsarbeit mehrheitlich Frauen arbeiten, diese allerdings nur zu 28 Prozent von Frauen geleitet werden. 2015 war dieses Sparte noch mit 46 Prozent weiblichem Führungspersonal besetzt. Daniela Behrens, Leiterin der Abteilung Gleichstellung im Bundesfamilienministerium, sieht diese Entwicklung als inakzeptabel an: »Männliche Monokulturen spiegeln nicht die Gesellschaft wider und sind nicht zeitgemäß. Studien zeigen, dass gemischte Führungsteams erfolgreicher sind als reine Männerclubs.« Im Gesundheitssektor bestehe demnach dringender Handlungsbedarf.
Die Bundesregierung hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2018 dazu verpflichtet, bis 2025 Leitungsfunktionen im Öffentlichen Dienst gleichberechtigt zu besetzen. Allerdings gehen die Vorstellungen, wie dies erreicht werden könne, innerhalb der Regierung auseinander. Insbesondere über verbindliche Quoten kann sich die Bundesregierung aktuell nicht einigen. Im Juli verabschiedete das Bundeskabinett jedoch eine erste, ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie.
Die Analyse von PwC beruht auf Daten von rund 3000 Krankenhäusern und Rehakliniken, 3800 Unternehmen im Bereich der Kassen und privaten Krankenversicherungen sowie der Pharmaindustrie und Medizintechnik. Rund 1200 Verbände wurden ebenfalls in der Analyse berücksichtigt. Für den Politikbereich analysierte PwC 190 Bundes- und Landesministerien mit zugehörigen Ausschüssen, Fraktionen oder Behörden, die sich mit Gesundheitsthemen beschäftigen.